Animalia The Animal Kingdom Le Règne animal
© Studiocanal
„Animalia“ // Deutschland-Start: 11. Januar 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Seit einiger Zeit schon hat die Menschheit mit einem seltsamen Phänomen zu kämpfen: Immer mehr Leute verwandeln sich in Tiere und verlieren dabei auch ihre Persönlichkeit. Niemand weiß, was diese Verwandlungen verursacht, es gibt auch kein Heilmittel. Während noch fieberhaft nach Lösungen gesucht wird, bleibt nichts anderes übrig, als die Tiermenschen zusammenzutreiben und in Einrichtungen unterzubringen, wo sie niemanden verletzten können. Auch die Frau von François (Romain Duris) ist von dem Phänomen betroffen. Während sein 16-jähriger Sohn Émile (Paul Kircher) seine Mutter aufgegeben hat, hält François daran fest, dass verborgen in diesem fremden Körper noch immer der Mensch von früher ist. Und so ziehen die beiden sogar in den Süden Frankreichs, wo eine neue Einrichtung gebaut wurde. Doch dabei kommt es zu einem Zwischenfall …

Der Horror des neuen Körpers

In den letzten Jahren hat es eine ganze Reihe von Filmen gegeben, in denen sich junge Menschen in fremdartige Wesen verwandeln. Das können Werwölfe sein (When Animals Dream) oder Meerjungfrauen (Blue My Mind). Auch in Tiger Stripes entdeckt eine Heranwachsende das Tier in sich, als Symbol für die Veränderungen, die der menschliche Körper auf dem Weg ins Erwachsenenalter macht. Body Horror und Coming of Age gehen da Hand in Hand. Grundsätzlich geht auch Animalia in eine solche Richtung. Wobei es eine Weile dauert, bis der Film diesen Aspekt wirklich aufgreift. Er ist auch nur einer von zwei Hauptthemen, die sich durch die Geschichte ziehen und bei denen immer mal wieder die Gewichtung geändert wird.

Das andere Hauptthema betrifft den Umgang der Menschen mit diesen Tiermenschen. Denn während François und einige andere sich für einen würdigen Umgang mit den rätselhaften Wesen einsetzen und darauf bestehen, dass diese in Frieden leben können, reagieren andere sehr ablehnend. Schon Émile sieht die Geschichte anders, erzählt an der Schule, seine Mutter sei tot. Regisseur und Co-Autor Thomas Cailley (Liebe auf den ersten Schlag) nutzt dieses Motiv, um sich für Akzeptanz einzusetzen. Vergleichbar zu den vielen Filmen über Mutanten in den letzten Jahren wird die Begegnung mit den Tieren zu einer Metapher über den Umgang mit Andersartigen. Animalia mag ein Fantasy-Drama sein, behandelt aber deutlich alltäglichere Themen wie Fremdenfeindlichkeit. Der Film  ist ein nur wenig verstecktes Plädoyer für Offenheit, Respekt und ein friedliches Miteinander, verbunden mit einer ökologischen Botschaft.

Poetisch und stark gespielt

Das mag alles nicht originell sein oder übermäßig subtil. Wer darauf hofft, dass das große Rätsel irgendwann gelüftet wird, geht sowieso leer aus. Darum geht es hier überhaupt nicht. Und doch ist Animalia, alternativ als The Animal Kingdom bekannt, ein wunderbarer Film geworden, der immer wieder sehr schöne Szenen zu bieten hat. Das betrifft sowohl die zwischen Vater und Sohn, deren Beziehung sich im Laufe des Films wandelt, als auch die, wenn Émile andere Tierwesen kennenlernt. Das Drama, welches 2023 Weltpremiere in der Cannes Nebensektion Un Certain Regard feierte, beschreibt, wie jemand zwischen zwei Welten steht und nicht weiß, wohin er gehört. Die Suche nach den Tieren geht hier mit einer Selbstsuche einher, wo dann eben auch der besagte Coming-of-Age-Teil ins Spiel kommt.

Das ist schön, ohne kitschig zu werden. Anstatt das Publikum durch die Mangel zu nehmen, setzt Cailley auf Poesie. Und er setzt auf sein starkes Ensemble. Gerade Paul Kircher empfiehlt sich für weitere Filme. Der Schauspieler zeigt nach seinem Auftritt in Der Gymnasiast, dass er zu den besten aktuellen Nachwuchstalenten Frankreichs zählt. Vor allem seine Bandbreite beeindruckt, wenn er mal den linkischen Außenseiter gibt, mal animalische Stärke beweist, seine Figur sich in einem ständigen Wandel befindet. Aber auch Romain Duris (Warten auf Bojangles) darf als Mann, der um das Glück seiner Familie kämpft, immer mal wieder seine schauspielerische Klasse demonstrieren. Abgerundet wird Animalia durch die Aufnahmen der südfranzösischen Wälder, die etwas Archaisch-Ursprüngliches an sich haben und uns eine Welt zeigen, die gleichermaßen fantastisch wie bekannt ist.

Credits

OT: „Le Règne animal“
AT: „The Animal Kingdom“
Land: Frankreich
Jahr: 2023
Regie: Thomas Cailley
Drehbuch: Thomas Cailley, Pauline Munier
Musik: Andrea Laszlo De Simone
Kamera: David Cailley
Besetzung: Romain Duris, Paul Kircher, Adèle Exarchopoulos, Tom Mercier, Nathalie Richard, Nicolas Avinée

Bilder

Trailer

Interview

Ihr wollt mehr über den Film erfahren? Wir hatten die Gelegenheit, uns mit Regisseur und Drehbuchautor Thomas Cailley zu unterhalten. Im Interview sprechen wir über die Arbeit an Animalia, unser Verhältnis zu Tieren und das Leben in einer sich verändernden Welt.

Thomas Cailley [Interview]

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Animalia
fazit
„Animalia“ erzählt, wie sich immer mehr Menschen in Tiere verwandeln. Das Ergebnis ist ein Fantasy-Drama, das Coming of Age mit einem Plädoyer für Respekt vor Andersartigen und einer ökologischen Botschaft verbindet. Das ist nicht unbedingt subtil, dafür aber wunderschön umgesetzt – und fantastisch gespielt.
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