Eigentlich versuchen Fortsetzungen beliebter Titel, sich nicht zu sehr von dem Original wegzubewegen. Schließlich sollen ja die Fans des Hits angesprochen werden, damit sie auch ein zweites Mal mit dabei sind. Und doch fanden sich in den 1980ern in kurzer Zeit gleich mehrere Fortsetzungen von populären Videospielen, die in ganz andere Richtungen gingen. Im Fall von Super Mario Bros. 2 (1988) ist das noch recht leicht zu erklären. Eigentlich ist es gar kein Nachfolger des Plattform-Phänomens. Stattdessen wurde ein anderes Spiel genommen und für den Westen umprogrammiert, das tatsächliche Super Mario Bros. 2 blieb über Jahre japanischen Spielern und Spielerinnen vorbehalten. Legendär ist auch Zelda II: The Adventure of Link (1987), welches das ein Jahr zuvor veröffentlichte The Legend of Zelda als seitlich scrollendes Action-RPG neu interpretierte. Der dritte gewöhnungsbedürfte zwei Teil ist Castlevania II: Simon’s Quest, auch dieser erschien 1987.
Auf der Suche nach den Gegnern
Im Vergleich zu den beiden obigen Beispielen sind die Unterschiede zum 1986 veröffentlichten Castlevania zunächst überschaubar. Bemerkenswert ist es dennoch, wie hier trotz des Erfolgs des ersten Teiles neue Wege beschritten werden sollten. Der erste große Unterschied ist, dass die Geschichte nicht im Schloss von Dracula spielt. Dieses wird später zwar auch besucht, der Abschnitt ist aber recht kurz. Stattdessen sind wir überwiegend außerhalb von Gebäuden unterwegs, seien es Wälder, Höhlen oder Flüsse. Dann und wann statten wir aber schon schlossähnlichen Settings einen Besuch ab. Genauer sind wir in fünf großen Villen unterwegs, um dort die einzelnen Bestandteile Draculas einzusammeln, die wir brauchen, um ihm endgültig den Garaus zu machen. Das klingt eigentlich ziemlich gut und ist doch ernüchternd. Trotz der größeren Anzahl an Schauplätzen ist die visuelle Abwechslung bei Castlevania II: Simon’s Quest geringer als beim ersten Teil.
Und noch in einer anderen Hinsicht stellt der Film einen großen Rückschritt dar. Es gibt praktisch keine Bosskämpfe. In Castlevania konnten einen diese in den Wahnsinn treiben, das war teilweise schon ziemlich happig. Sie deswegen aber ganz rauszunehmen, ist auch keine besonders gute Lösung. Bei den regulären Gegnern sieht es nicht besser aus. Aus diesem Grund ist das Gefühl, wirklich rauszugehen und eine Welt zu erkunden, nicht sonderlich ausgeprägt. Besonders schlimm sind die Städte, die reine Copy-and-Paste-Kulissen sind, bei denen noch nicht einmal versucht wurde, mehr draus zu machen. Die Bewohner und Bewohnerinnen der Städte sehen ebenfalls alle gleich aus, unterscheiden sich nur durch die Texte, die sie stur aufsagen. Natürlich darf man bei einem Spiel von 1987 keine heutigen Maßstäbe nehmen. Aber selbst für die damalige Zeit ist Castlevania II: Simon’s Quest da an mehreren Stellen enttäuschend spartanisch.
Verkorkste Ambitionen
Dafür ist das Spiel an anderen Stellen erstaunlich ambitioniert. So gibt es beispielsweise einen Tag-Nacht-Rhythmus, der Einfluss auf das Geschehen hat. So trauen sich nachts die Stadtmenschen nicht mehr aus ihren Häusern, die Straßen werden von Monstern überrannt. In den Wäldern usw. verändert sich in der Hinsicht nichts, die Kreaturen der Nacht sind nur stärker. Bemerkenswert sind zudem die Rollenspielelemente wie Erfahrungspunkte sowie Objekte, die man braucht, um an manchen Stellen voranzukommen. Das lineare Design des Vorgängers wird da aufgegeben, Castlevania II: Simon’s Quest ist ein früher Vorläufer von den Metroidvania-Teilen, die seit Symphony of the Night das Franchise dominieren.
Allein schon aus diesem Grund ist das Spiel einen Blick wert. Zumindest anfangs macht es auch tatsächlich Spaß, sich von der anfänglichen schützenden Stadt immer weiter in die Wildnis vorzukämpfen, auf der Suche nach unsterblichen Überresten des Vampir-Grafen. Mit der Zeit wird der Eindruck jedoch zunehmend negativer. Das liegt einerseits an den oben genannten Kritikpunkten rund um Schauplätze und Gegner. Es liegt aber auch an den Rätseln: Castlevania II: Simon’s Quest ist geradezu legendär für die kryptischen Hinweise, die oftmals nicht wirklich welche sind. Da häufen sich im Spielverlauf die Situationen, in denen man keine Ahnung, was zu tun ist und entweder eine Komplettlösung oder sehr sehr viel Geduld braucht, um willkürlich alles mal auszuprobieren. Das ist schade, da das Konzept sehr interessant war und als Blaupause für neue Spiele dienen könnte.
OT: „Castlevania II: Simon’s Quest“
Land: Japan
Jahr: 1987
Director: Hitoshi Akamatsu
Artist: Noriyasu Togakushi
Musik: Kenichi Matsubara, Satoe Terashima, Kouji Murata
Publisher: Konami
Entwickler: Konami
Plattformen: NES, Nintendo 3DS, Nintendo Switch, PC, PlayStation 4, Wii, Wii U, Xbox One
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