Als die Menschen begannen, sesshaft zu werden und die eigene Nahrung anzubauen, produzierte man das, was man selbst brauchte. Im weiteren Verlauf der Menschheitsgeschichte wandelte sich das: Die einen produzierten Nahrung, andere gaben ihnen dafür andere Güter. Man teilte sich die Arbeit einfach auf. Das war irgendwie clever, machte für alle das Leben besser. Doch was ursprünglich eine Notwendigkeit war, verwandelte sich in ein Geschäft, das von unterschiedlichen Zielen geprägt war. Inzwischen ist das Prinzip der Landwirtschaft völlig kaputt. Der traditionelle Anbau rentiert sich nicht mehr, zu groß ist die Konkurrenz geworden durch Unternehmen, die auf Profitmaximierung aus sind. Das bedeutet oft die Ausbeute von Menschen, von Tieren oder der Natur. Dass es so nicht weitergehen kann, ist klar. Aber was ist die Alternative?
Das Ideal der solidarischen Landwirtschaft
Das Kombinat zeichnet den Versuch nach, eine solche Alternative aufzubauen. Genauer erzählt der Dokumentarfilm von Daniel Überall und Simon Scholl, die gemeinsam bei München das Kartoffelkombinat gründeten. Damit wollten sie gewissermaßen zu den Anfängen der Landwirtschaft zurück. Genauer schwebte ihnen eine solidarische Landwirtschaft vor, bei denen Produzenten und Konsumenten eng miteinander verbunden sind. Faire Löhne und ein nachhaltiger Anbau sind Teil des Konzepts. Anstatt auf einen Profit hin zu arbeiten, steht die Idee einer Gemeinschaftlichkeit im Mittelpunkt. Man hilft einander und holt damit für alle Beteiligten das Beste heraus, anstatt wie im kapitalistischen System meist üblich verschiedene Seiten gegeneinander auszuspielen.
Das klingt erst einmal alles super. Und zumindest am Anfang funktioniert das auch, der Idealismus der beiden Männer ist ansteckend, beim Publikum wie auch anderswo. Immer mehr Leute schließen sich dieser Bewegung an. Doch nach einiger Zeit treten Risse auf. Neun Jahre hat Regisseur Moritz Springer die beiden Männer begleitet, von den euphorischen Anfangstagen bis zu den Krisen, in die sie geraten. Denn das Konzept funktioniert zwar im Kleinen, stößt aber irgendwann an Grenzen. Wie groß kann und muss eine solche Solidargemeinschaft sein, damit sie noch als solche funktioniert? In Das Kombinat wird dies irgendwann zu einem Streitfall. Auch wenn man sich über das Prinzip einig ist und gemeinsame Ziele vorm Auge hat, wird das große Ganze auf den Alltag angewendet, kommen Unterschiede zum Vorschein.
Die Suche nach einer Antwort
Springer verschweigt diese Konflikte nicht, die irgendwann auch zum Bruch führen. Wo andere Dokumentarfilme über Neuausrichtungen in der Landwirtschaft oft etwas Missionarisches an sich haben und man das Gefühl hat, dass dabei neue Mitglieder gewonnen werden sollen, da ist Das Kombinat deutlich ambivalenter. Tatsächlich ist man sich hier nach anderthalb Stunden nicht sicher, ob die Konzepte überhaupt überlebensfähig sind. Geht es da nur um kleine Kinderkrankheiten, die ausgemerzt werden können, oder ist das mit der solidarischen Landwirtschaft nur ein Traum, der an der Realität scheitern muss? Am Ende gibt es keine definitive Antwort, auch weil sich aus der anfänglichen Harmonie mehrere Antworten und Lösungsansätze herauskristallisieren.
Das macht den Dokumentarfilm, der auf dem Filmfest München 2023 Premiere feierte, aber umso spannender. Das Kombinat bietet keine mundgerechte Lösung, sondern bezieht das Publikum in die Suche nach einer Lösung ein. Nach dem Anschauen darf diskutiert werden, soll diskutiert werden. Welchen Preis sollte Nahrung haben? Gibt es Alternativen zum kapitalistischen System, mit dem wir alle aufgewachsen sind? Wie lassen sich andere Menschen von der Notwendigkeit eines Umdenkens überzeugen? Auch wenn die Reise der beiden Männer lang war und sich über Jahre hinweg zog, ist sie doch nur der Anfang.
OT: „Das Kombinat“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Moritz Springer
Drehbuch: Moritz Springer
Musik: Florian Burgmayr
Kamera: Marcus Winterbauer, Moritz Springer, Marcel Seehuber
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