Die 13-jährige Kim (Purnima Grätz) hört lieber den Polizeifunk ab und klärt Verbrechen auf, statt sich mit anderen Menschen abzugeben. Das gefällt ihrer Mutter Brigitte (Katharina Marie Schubert) gar nicht. Während sie davon ausgeht, dass ihre Tochter sich nun endlich Freundinnen sucht, gründet diese lieber einen Detektivclub. In Marie (Lilith Johna) und Franzi (Bella Bading) findet sie bald zwei Verbündete. Auch wenn die Mädchen unterschiedlicher kaum sein könnten, wachsen sie im Laufe ihrer Ermittlungen zusammen. Kim muss dabei jedoch darauf achten, dass ihre Mutter nichts von ihrer Tätigkeit erfährt. Und dann kommen ihr ja auch immer noch das Leben und der Alltag eines Teenagers in die Quere …
Serienfassung der beliebten Bücher
Lange war es eine Art Faustregel, dass erfolgreiche Bücher, aber auch Videospiele, früher oder später wohl als Film adaptiert werden. Heutzutage reicht es gefühlt bereits, wenn irgendetwas irgendwann einmal existiert hat, um irgendwie filmisch verwurstet zu werden. Dass ein und dieselbe Vorlage für mehrere verschiedene Umsetzungen ist in der Filmgeschichte keineswegs ohne Beispiel, findet sich generell aber eher in den Anfängen und dann wieder in letzter Zeit. Zwei Umsetzungen derselben Vorlage innerhalb weniger Jahre sind aber auch heute eher ungewöhnlich, und generell ein Warnzeichen, wenn auch ein schwaches. Stärkere Bedenken ergeben sich da, wenn beide Adaptionen vom selben Autoren geschrieben wurde. Das gab es etwa 2015 mit Hitman: Agent 47, der acht Jahre nach Hitman – Jeder stirbt alleine erschien. Treten beide Sachverhalte in Kombination miteinander auf, ist es durchaus nicht ungewöhnlich, davon auszugehen, dass der neuere Beitrag wohl kaum überzeugen wird.
Die Buchreihe Die drei !!! – Detektivgeschichten für clevere Mädchen gibt es seit 2006. 2019 traten die drei Detektivinnen zum ersten Mal in Die drei !!! auf der großen Leinwand in Erscheinung. Das von Doris Laske und Sina Flammang geschriebene Drehbuch hatte viele Probleme, zusätzlich litt der Film darunter, dass die Hauptdarstellerinnen schlicht nicht gegen das Skript ankämpfen konnten. 2023 nun legt dasselbe Autorenduo mit Die drei !!! eine neue Adaption vor, wenn auch dieses Mal als Serie. Das behebt zumindest schon einmal eines der Kernprobleme, die der Film hatte: Es ist viel mehr Zeit vorhanden, das Trio vernünftig zu etablieren. Überhaupt, das soll schon einmal vorweggenommen werden, ist die Serie in so gut wie jeder Hinsicht besser als der Film.
Schwacher Einstieg
Der Anfang ist dabei eher nicht so vielversprechend. Da die erste der zehn rund vierzigminütigen Folgen mit gelungenen Einstellungen eröffnet wird, wirkt es ein bisschen so, als hätten die Verantwortlichen bei Disney+ im Vorfeld deutlich gemacht, dass das Ganze wenigstens nach etwas aussehen muss, wenn es schon eine deutsche Serie ins Programm des Streamingdienstes schafft. Bald jedoch drängt sich der Eindruck auf, dass diese Vorgabe nicht auch im übertragenen Sinne gemeint war, sondern sich tatsächlich nur aufs Optische bezieht. Vor allem wer den Film gesehen hat, kommt vielleicht zu dem Schluss, dass Laske und Flammang seither nicht viel dazu gelernt haben.
Kommissar Peters (Peter Jordan) scheint als Figur recht überflüssig zu sein. Der zu lösende Fall ist furchtbar simpel gestrickt, der Täter für jeden sofort offensichtlich, der nicht Kim, Marie oder Franzi heißt. Die Serie ist natürlich für ein junges weibliches Publikum gedacht, weshalb hier keine zu komplexen Rätsel erwartet werden dürfen. Allerdings ist auch nicht so ganz klar, für welche Altersgruppe genau Die drei !!! denn nun konzipiert ist. Freigeben ist sie ab sechs Jahren, was bei der Schwierigkeit der Fälle angemessen erscheint. Inhalt und Identifikationspotenzial suggerieren aber eher Zehn- bis Vierzehnjährige als ideales Publikum.
Raum für Entfaltung
Es gibt in der ersten Folge aber zum Glück auch genügend Gründe, nicht gleich zu anderen Quellen der Unterhaltung zu greifen. Da das Serienformat wie bereits angedeutet mehr Raum zur Entfaltung gewährt, lernen wir diesmal zunächst Kim kennen, und werden im weiteren Verlauf Zeuge davon, wie der Detektivclub gegründet wird. So können wir uns besser auf die Charaktere (sowohl individuell als auch im Zusammenspiel) einlassen. Wie die Mädchen sich zusammenraufen oder manche Situation meistern ist zwar nicht frei von Plotconveniences, es schlägt hier aber auch nie etwas aus dem solcherlei Werken in dieser Hinsicht zugestandenen Spielraum. Die zweite Episode ist ebenfalls durchwachsen. Sie wirkt die meiste Zeit über belanglos, aber immerhin bekommt Peters nun endlich die nötige Charakterentwicklung. Im Laufe der Serie wandelt er sich vom vermeintlichen Antagonisten zum Verbündeten des Trios.
Wer den holprigen Einstieg übersteht, wird mit der dritten Folge belohnt. Die drei !!! ist über die Anfangsphase hinaus, und kann nun auf etabliertem Grund aufbauen. In der Sendung Aktenzeichen XY … ungelöst gab es einmal eine Folge, in der Kinder davor gewarnt wurden, zu Fremden ins Auto zu steigen (siehe Diese Sendung ist kein Spiel – Die unheimliche Welt des Eduard Zimmermann). So eine Warnung hat heute wenig von ihrer Relevanz verloren, allerdings müssen Täter mittlerweile nicht einmal mehr das Haus verlassen, um unbedarfte Kinder in ihre Fänge zu bekommen. Gefährlicher Chat behandelt das so genannte Catfishing (siehe Untold: The Girlfriend Who Didn’t Exist) und zeigt, wie sich Mädchen mit einem Unbekannten treffen, den sie in einem Onlinegame getroffen haben, und der sehr nett zu ihnen war. Die Episode macht vielleicht nicht genau genug auf die Gefahren aufmerksam und zeigt vielleicht nicht ausreichend auf, dass Kinder auch in der virtuellen Welt niemals den Kontakt mit Fremden pflegen sollten. Aber sie greift immerhin ein wichtiges Thema auf und kann vielleicht den mitschauenden Eltern einen Anreiz bieten, mit ihren Kindern über Sicherheit zu sprechen.
Nicht immer verantwortungsvoll
Fluch der Hexe ist dann wieder eher belanglos. Kussalarm! ist eine etwas heikle Folge. Kim soll in einem Musikvideo die weibliche Hauptrolle übernehmen. Während den Dreharbeiten wird sie ungefragt von einem Jungen geküsst. In der ersten Episode gab es ein paar Indizien, dass die Serie sich in eine ganz bestimmte Richtung entwickeln könnte. Davon war dann aber nichts weiter zu sehen. Nun wirkt es zunächst jedoch so, dass Die drei !!! doch noch diesen Weg einschlägt. Es wäre ein Leichtes gewesen, den Jungen als übergriffig darzustellen und Kim als das arme Opfer. Das geschieht zum Glück aber nicht. Der Darsteller hat sich einfach nur an das Skript gehalten – welches Kim überhaupt nicht gelesen hat. Die Serie verfehlt es hier leider, die Verantwortung bei Kim oder eher ihrer Mutter zu suchen. Nachdem in Gefährlicher Chat doch ganz gut auf einen verantwortungsvollen Umgang hingewiesen wurde, ist es nun grob fahrlässig, ein 13-jähriges Mädchen unbeaufsichtigt bei einem Musikvideodreh mitwirken zu lassen, ohne zu wissen worum es überhaupt geht. Der Kuss muss ungewollt stattfinden, da die Autorinnen es so für einen romantischen Konflikt benötigen, aber sie haben es leider verpasst, die Situation für etwas mehr zu nutzen.
Wie bereits angedeutet ist Die drei !!! kameratechnisch gelungen. Manche der Einstellungen sind wirklich gut und hätten auch aus einer amerikanischen Serie sein können. Was optisch jedoch leider nicht so viel hermacht, sind die Requisiten. Ein Controller ist beim Zocken eindeutig nicht eingeschaltet, was für Werbeclips und dergleichen wohl Standard ist, in einem fiktionalen Werk aber so nicht vorkommen sollte. Das ist aber noch gar nichts im Vergleich zum Kakao Spezial, dem von den Mädchen bei ihren Treffen im Café Lomo bevorzugten Getränk. Das gefüllte Glas sieht aus wie ein Plastikpokal.
Twists für eine junge Zielgruppe
Die erste Hälfte der Staffel besteht aus Episoden, die abgesehen von einer generellen Progression der Charaktere und einer übergeordneten Rahmenhandlung dem klassischen „Fall der Woche“-Konzept folgen. In der zweiten Hälfte lockert sich das allmählich, während sich gleichzeitig der Plot verdichtet. Das zeigt sich vor allem im Finale, auf das wir gleich noch zu sprechen kommen werden. Zunächst muss hier jedoch die siebte Folge gesondert hervorgehoben und gelobt werden. Es ist vielleicht das beste Skript, das Laske und Flammang je geschrieben haben. Nicht nur gibt es diesmal zwei größere Handlungsstränge, die sich jeweils durch die Folge ziehen, beide haben auch einen Twist. Nun soll das natürlich auch nicht zu hohe Erwartungen wecken, die älteren Zuschauer kann hier gar nichts überraschen. Die vermutlich anvisierte Zielgruppe jedoch wird wohl schon ganz gut von den falschen Fährten in den Bann gezogen.
Der Subplot um die vermeintliche Scheidung von Kims Eltern komplementiert die eigentliche Haupthandlung, die sich um eine populäre Clique und Mobbing dreht. Ihre Auflösung ist im Kontext der Show betrachtet wunderbar geschrieben, wird lediglich ein wenig vom Schauspiel zurückgehalten. Die jungen Darsteller sind eben noch nicht so gefestigt, dass sie diese Heist-artigen Wendungen völlig überzeugend rüberbringen könnten, aber schön anzuschauen (diesmal auch im übertragenen Sinne) ist die Sache allemal.
Spannendes Ende
Das Staffelfinale besteht aus einer Doppelfolge. Laske und Flammang offenbaren hier, dass sie die ganze Zeit über auf etwas hingearbeitet haben. Es ist leicht vorstellbar, wie sie im Writers‘ Room saßen und sich nach getaner Arbeit gegenseitig gratuliert haben – schon nicht ganz zu Unrecht. Während die Folgen zu Beginn eher für sich standen, hat sich von Anfang an ein Fall um die drei Mädchen herum entfaltet, den sie gar nicht wahrgenommen haben. In Rückblenden sehen wir Szenen aus den bisherigen Episoden mit allen Hinweisen, die im jeweiligen Moment idealerweise unentdeckt blieben. Geübte Zuschauer werden mindestens zwei davon direkt bei der ersten Sichtung erspäht und die richtige Schlussfolgerung gezogen haben, dass da noch etwas kommen wird. Für das jüngere Publikum wird die Enthüllung aber sicher aufregend sein.
OT: „Die drei !!!“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Barbara Kronenberg, Kim Strobl
Drehbuch: Doris Laske, Sina Flammang
Musik: Heiko Maile, Torsten Kamps
Kamera: Jan-Marcello Kahl
Besetzung: Purnima Grätz, Bella Bading, Lilith Johna, Katharina Marie Schubert, Peter Jordan, Sebastian Schwarz, Oliver Korittke, Laurena Marisol Lehrich, Martina Eitner-Acheampong, Apollonia Bascoul, Axel Stein
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