Eineinhalb Tage

Eigentlich möchte Artan (Alexej Manvelov) nur seine Tochter Cassandra sehen. Doch seit der Trennung von seiner Ex-Frau Louise (Alma Pöysti) stehen die Chancen schlecht, hat sie doch das alleinige Sorgenrecht. Hinzu kommt die Familie von Louise, die von Anfang an gegen die Beziehung zwischen den beiden war und deshalb alles dafür tut, damit er nicht an das Kind herankommt. In seiner Verzweiflung sieht Artan deshalb keine andere Möglichkeit, als sich mit Gewalt Zugang zu Cassandra zu verschaffen. Mit einer Pistole bewaffnet, nimmt er Louise als Geisel und will sie zwingen, ihn zu dem Mädchen zu bringen. Dabei schließt sich bald auch der Polizist Lukas (Fares Fares) dem Trip an, in der Hoffnung, die gefährliche Situation zu entschärfen …

Regie- und Drehbuchdebüt von Fares Fares

Als Schauspieler hat es Fares Fares natürlich zu einem Ruhm gebracht, in zahlreichen Filmen hat der libanesisch-schwedische Darsteller mitgewirkt. Zuletzt war er beispielsweise vor einigen Monaten in dem Thriller Die Kairo-Verschwörung über mörderische Vorgänge an einer ägyptischen Universität zu sehen. Aber wie das so ist, wenn man in diesem Beruf viel erreicht hat: Vielen reicht das irgendwann nicht mehr, weswegen sie versuchen, sich auch einmal hinter der Kamera zu betätigen. Und so feiert er mit dem Netflix-Beitrag Eineinhalb Tage sein Debüt als Regisseur und Drehbuchautor, wobei er nicht ganz darauf verzichten wollte, auch selbst zu spielen. Also übernahm er die dritte Hauptrolle gleich selbst und schrieb sich die Aufgabe des Helden quasi auf den Leib.

Wobei es eine Weile dauert, bis Lukas tatsächlich für die Handlung relevant wird. Dafür wird später noch eine Passage eingebaut, die etwas über die Hintergründe des Polizisten verrät. Für die Geschichte ist das nicht so wahnsinnig relevant, als Motivation für sein Handeln hätte es das nicht gebraucht. Es dient lediglich, um zu veranschaulichen, wie er und der Geiselnehmer sich näherkommen. Überhaupt geht es in Eineinhalb Tage maßgeblich um die Beziehungen zwischen den Figuren. Eine Schlüsselszene bei den Eltern von Louise verrät sowohl einiges über die gescheiterte Ehe der beiden, aber auch, aus welchem Umfeld Louise selbst stammt. Man kann sogar darüber spekulieren, inwieweit das Scheitern der Beziehung auf sie selbst oder die Familie zurückzuführen ist, die von beiden nicht viel hielt.

Mehr Drama als Thriller

An diesen Stellen wird aber auch klar, dass der Film nicht das ist, wofür er verkauft wird. Obwohl hier Waffen zum Einsatz kommen und die Handlung zu einem Großteil aus einer Geiselnahme bzw. der sich daran anschließenden Flucht besteht, ist das hier nur sehr bedingt als Thriller anzusehen. Anfangs wird Eineinhalb Tage den Erwartungen zwar noch einigermaßen gerecht, im weiteren Verlauf wandelt sich das aber zunehmend in ein Drama. Gibt es zu Beginn zumindest noch die Möglichkeit, dass die Aktion von Artan zu Blutvergießen führt, ist das dann nahezu ausgeschlossen. Dafür passiert einfach zu wenig, wenn wir mit den drei im Auto durch die Gegend fahren, ohne dass die Geschichte dabei nennenswert vorankommen würde.

Dass der Film die Erwartungen nicht erfüllt, ist das eine. Auch als Drama hätte das durchaus funktionieren können. Leider ist Eineinhalb Tage in der Hinsicht aber nicht wirklich spannender geworden. Beispielsweise ist die Figurenzeichnung der besagten Eltern zu grob, als dass das wirklich als Milieustudie durchgehen würde. Überhaupt lassen die Dialoge einiges zu wünschen übrig, was bei einem Film, der derart stark auf die Figuren ausgelegt ist, einfach nicht ausreicht. Zum Teil wird das durch das Ensemble wieder aufgefangen, vor allem Alexej Manvelov (Hidden Agenda) hat als verzweifelter Vater einige starke Auftritte. Dennoch, so richtig überzeugend ist das Debüt von Fares nicht. Tragisch ist die Geschichte schon, sonderlich nahe geht sie einem dabei aber nur manchmal.