Es läuft nicht gut im Leben von Erin Brockovich (Julia Roberts). Schlimm genug, dass sie sich allein um ihre drei Kinder kümmern muss und das Geld hinten und vorne nicht reicht. Sie wird auch noch in einen Autounfall verwickelt und verletzt, geht am Ende vor Gericht jedoch leer aus – was sie ihrem Anwalt Ed Masry (Albert Finney) zur Last legt, von dem sie sich nicht gut vertreten fühlte. Also fordert sie ihn auf, ihr wenigsten eine Stelle in seinem Büro zu geben, damit sie endlich wieder Arbeit hat. Der lässt sich darauf ein und stellt fest, wie sehr sich die nicht auf den Mund gefallene Erin in eine Geschichte verbeißen kann. Denn als sie erfährt, dass sich in einer kleinen Gemeinde ungewöhnlich viele Krebsfälle häufen, nimmt sie den Kampf mit einem mächtigen Unternehmen auf, das sie verdächtigt, die Ursache zu sein …
Wir gegen die da oben
Auch wenn jeder Mensch natürlich eigene Vorlieben hat und damit nicht für alle Geschichten empfänglich ist, so gibt es doch ein paar Sachen, die irgendwo bei den meisten funktionieren. Dazu zählt auch das David-gegen-Goliath-Prinzip. Ob es nun Sportkomödien sind, wo sich Außenseiter durchsetzen, oder irgendwelche Enthüllungsgeschichten à la She Said, bei denen die Medien Missstände aufdecken, es tut schon gut, es denen da oben mal richtig zu zeigen. Ein besonders erfolgreiches Beispiel hierfür ist Erin Brockovich aus dem Jahr 2000. Nicht nur, dass das Drama um eine Anwaltsgehilfin, die es mit einem 28 Milliarden US-Dollar starken Unternehmen aufnimmt, zu einem Blockbuster wurde, der das Fünffache des Budgets wieder einspielte. Er brachte Hauptdarstellerin Julia Roberts nach zuvor zwei erfolglosen Anläufen zudem doch noch einen Oscar ein.
Nun kann man sich über die Aussagekraft des Filmpreises immer streiten. Bei so mancher Auszeichnung ist es klar, dass es sich um einen versteckten Preis fürs Lebenswerk handelte. Und auch wenn das seinerzeit über Roberts ebenfalls gesagt wurde, ist doch unstrittig, dass sie hier eine mitreißende Leistung zeigt, die zu den besten in ihrer Karriere zählt. So ist Brockovich zwar ohne Zweifel die Heldin der Geschichte, die vielen Menschen zu ihrem Recht verholfen hat. Sie ist aber nicht die blütenreine Heldin, die eigentlich zu gut für diese Welt ist. Stattdessen ist sie aufbrausend, wenig kompromissbereit und nicht unbedingt für ihre diplomatischen Fähigkeiten berühmt. Immer wieder wird sie beispielsweise eine Kollegin als „Schwabbelbacke“ beschimpfen, was schon vor mehr als zwanzig Jahren völlig daneben war. Gleichzeitig zeigt sie ein Einfühlungsvermögen und eine Bodenständigkeit, die im Anwaltsberuf selten sind.
Humorvoll, aber wenig ambitioniert
Regisseur Steven Soderbergh (Contagion) setzt dann auch massiv auf den Kontrast zwischen der aufbrausenden Protagonistin und dem steifen Umfeld. Das kann zuweilen recht komisch sein, Erin Brockovich verwendet da schon immer mal wieder einen Fish-out-of-Water-Humor. An den Stellen macht sich die Verpflichtung von Roberts auch bezahlt, die wie ein Wirbelwind alles um sich herum niederreißt – was nicht immer positiv ist. Eine wirkliche Entwicklung gibt es bei der Figur aber nicht. Allenfalls das sich verändernde Verhältnis zu Masry, der seine neue Mitarbeiterin zunehmend zu schätzen weiß, zeugt davon, dass sich da wirklich etwas tut. Masry ist dann auch einer der wenigen, der in der One-Woman-Show noch tatsächliche Ausrufzeichen setzen darf. Der Rest verkommt überwiegend zu einem Mittel zum Zweck.
Die Gegenseite wird ohnehin nur schematisch dargestellt. PG&E, kurz für Pacific Gas and Electric Company, ist ein bösartiges, gieriges Unternehmen, das für Profit über Leichen geht. Während beispielsweise Les algues vertes versuchte, bei der ebenfalls unsauber arbeitenden Landwirtschaft zumindest noch Ambivalenzen zu finden, wird hier einseitig draufgeschlagen. Das funktioniert, unterstützt das besagte David-gegen-Goliath-Prinzip. Sonderlich interessant ist es aber nicht. Wer sich nicht daran stört und lieber eine unterhaltsame Wohlfühlvariante eines solchen Skandals sehen will, nach der man sich besser fühlt, der ist hier richtig. Erin Brockovich liefert quasi die Blaupause für diese Art Film und ist bis heute sehenswert.
OT: „Erin Brockovich“
Land: USA
Jahr: 2000
Regie: Steven Soderbergh
Drehbuch: Susannah Grant
Musik: Thomas Newman
Kamera: Ed Lachman
Besetzung: Julia Roberts, Albert Finney, Aaron Eckhart, Peter Coyote
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Academy Awards | 2001 | Bester Film | Nominiert | |
Beste Regie | Steven Soderbergh | Nominiert | ||
Beste Hauptdarstellerin | Julia Roberts | Sieg | ||
Bester Nebendarsteller | Albert Finney | Nominiert | ||
Bestes Original-Drehbuch | Susannah Grant | Nominiert | ||
BAFTA | 2001 | Bester Film | Nominiert | |
Beste Regie | Steven Soderbergh | Nominiert | ||
Beste Hauptdarstellerin | Julia Roberts | Nominiert | ||
Bester Nebendarsteller | Albert Finney | Nominiert | ||
Bestes Original-Drehbuch | Susannah Grant | Sieg | ||
Bester Schnitt | Anne V. Coates | Nominiert | ||
Golden Globes | 2001 | Bester Film (Drama) | Nominiert | |
Beste Regie | Steven Soderbergh | Nominiert | ||
Beste Hauptdarstellerin (Drama) | Julia Roberts | Sieg | ||
Bester Nebendarsteller | Albert Finney | Nominiert |
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