Frontiers

Seit dem Tod ihres geliebten Vaters, der bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, hat Diane Messier (Pascale Bussières) schwer zu kämpfen. So leidet sie an Panikattacken, fühlt sich ständig verfolgt und hat an der Eingangstür ein halbes Dutzend Schlösser angebracht. Damit irritiert sie nicht nur ihre heranwachsende Tochter Sarah (Mégane Proulx), mit der sie gemeinsam die Farm an der kanadisch-amerikanischen Grenze betreibt. Auch ihre Schwestern Carmen (Christine Beaulieu) und Julie (Marilyne Castonguay) ist der Verfolgungswahn der zunehmend labile Diane unheimlich. Und so alarmieren sie ihre gemeinsame Mutter Angèle (Micheline Lanctôt), die vor Jahren schon die Familie verlassen hat. Doch das Wiedersehen gestaltet sich schwierig …

Von realen und unsichtbaren Grenzen

Der Titel Frontiers ist hier sicherlich gut gewählt. So handelt der kanadische Film von einer ganzen Reihe von Grenzen, die auf die eine oder andere Weise eine Rolle spielen. Manche davon werden direkt benannt, allen voran die zwischen den USA und Kanada. Die Familie lebt nahe dieser Landesgrenze, was immer mal wieder thematisiert wird. So ist die Mutter in die USA ausgewandert. Umgekehrt treiben US-amerikanische Verbrecher ihr Unwesen, die auf der Flucht sind. Da geht es immer wieder um Grenzüberschreitungen, um Flucht, aber auch das Motiv der Heimat. Beispielsweise wird die Familie darüber diskutieren, ob sie das Land behalten oder verkaufen sollen. Doch was dann? In die Stadt ziehen und alles hinter sich lassen? Können sie das überhaupt?

Während der obige Punkt mit dem starken Drama-Teil des Films verbunden ist, stehen andere Grenzen im Zusammenhang mit dem, was Frontiers zu einem Thriller macht. Oder zumindest machen könnte. Anfangs meint man noch, es hier mit einem Home Invasion Thriller zu tun zu haben. Da sind die bewaffneten Fremden, die unerlaubt auf dem Besitz der Familie jagen. Als Diane sie mit ihrer eigenen Waffe vertreibt und die Beute abnimmt, scheint der Fall klar zu sein: Die werden noch einmal zurückkehren und es wird auf ein Duell zwischen der Protagonistin und den Invasoren hinauslaufen. Es geht hier also um die Grenze zwischen dem Zuhause und der Außenwelt. Doch diese Erwartungen werden nie erfüllt. Zwar ist da das permanente Gefühl der Bedrohung, Regisseur und Drehbuchautor Guy Édoin lässt diesem aber keine Taten folgen.

Zwischen verschiedenen Genres

Damit einher geht eine dritte Grenze, die diffuser ist. So kristallisiert sich bald heraus, dass Diane paranoid ist, womit vieles von dem, was zunächst wie reale Ereignisse aussehen, mit der Zeit in Frage gestellt werden. Was geschieht wirklich, was ist eingebildet? Frontiers gewinnt später sogar eine fantastische Note, wenn die Grenze zwischen der realen Welt und einer jenseitigen durchlässig erscheint. Wobei natürlich auch da zunächst nicht klar ist, ob das wirklich geschieht oder nicht vielleicht doch ebenfalls nur eingebildet ist. Der Film, der hierzulande beim Fantasy Filmfest 2023 Premiere feiert, wechselt auf diese Weise zwischen Drama, Mystery und Thriller umher, ohne sich ganz festlegen zu wollen, was er ist.

Das wird nicht alle glücklich machen. Tatsächlich dürften manche sogar regelrecht frustriert sein, wenn Frontiers immer mal wieder Richtungen einzuschlagen scheint, die dann doch nicht verfolgt werden. Wer hier Action erwartet, geht leer aus. Auch das mit der Spannung ist so eine Sache. Neugierig ist man durchaus angesichts der diversen mysteriösen Vorkommnisse. Es kommt auch zu mehreren brenzligen Situationen, bei denen unklar ist, wie sie ausgehen werden. Aber das ist eben nur ein Teil der Wahrheit, wird nie so sehr der Fokus, wie sich das manche vermutlich erhoffen werden. Vielmehr ist das kanadische Werk das Porträt einer dysfunktionalen Familie, die aus verschiedenen Gründen immer mehr auseinanderbricht. Das ist tragisch, ohne manipulativ zu werden, dabei gut gespielt. Auch wenn manche Grenze vielleicht etwas mutiger überschritten hätte werden dürfen, sehenswert ist das Ergebnis