Kurs Südwest
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Kurs Südwest

Kurs Südwest
„Kurs Südwest“ // Deutschland-Start: 14. September 2023 (Kino)

Inhalt/Kritik

Wenn jemand eine Reise tut, so kann er … sie auch genauso gut dokumentieren. Vor allem in den letzten Jahren scheinen die jungen Leute nichts mehr tun zu können, ohne es ins Internet zu stellen. Frei nach dem Motto: Wenn ich etwas tue, aber niemand da ist, um es sich anzuschauen, habe ich es dann wirklich getan? Das trifft natürlich eher auf Leute zu, die ihr Leben auf Instagram, TikTok oder sonstigen einschlägigen Plattformen offen legen, und in deren leeren Augen schon zu lesen ist, dass sie nicht sonderlich glücklich sind. Natürlich lassen sich solche Beobachtungen nicht pauschalisieren, gerade Reiseberichte können ja einen Mehrwert liefern, der nicht aus reiner Selbstdarstellung besteht.

Brauchte es vor zwanzig Jahren ein mehrköpfiges Team und sündhaft teures Equipment, welches noch dazu oft nur mit entsprechender Ausbildung zu bedienen war, um die Erlebnisse eines Reisenden auf vorzeigbare Weise festzuhalten, ist so ein Unterfangen heute denkbar einfacher. Im Prinzip kann jeder losziehen und mit einem relativ überschaubaren Budget dafür sorgen, hinterher etwas Präsentables vorweisen zu können. Da reichen beispielsweise schon zwei Helmkameras, eine Spiegelreflexkamera und eine Drohne. Diese sind Teil des Equipments, das Lukas Borchers für seine Kajaktour eingepackt hat. Der Plan sieht vor, am 2. September 2019 in Genf zu starten, die 2000 Kilometer bis Gibraltar zu paddeln, und pünktlich zu Weihnachten wieder zuhause zu sein.

Eine Reise mit Hindernissen

Schon auf der ersten Etappe zeigt sich jedoch, dass die Reise nicht unbedingt so einfach wird wie sie auf dem Papier noch aussah. Auch wenn die Rhone ein Fluss ist, kommt Borchers hier doch nur stockend voran. Immer wieder erschweren Staudämme das Fortkommen, zwingen ihn zuweilen, das 80 Kilogramm schwere Kajak auf dem Landwege außen herum zu transportieren. Ein bis zwei Stunden pro Tag gehen ihm dadurch verloren. Da sich das auf Dauer nicht rechnet, entschließt er sich bald zu einer Kursänderung – auch wenn das Ziel dasselbe bleibt. Die letzte Abweichung des ursprünglichen Plans bleibt es allerdings nicht.

Bei Filmen wie Facing Down Under – Die Doku eines Backpackers oder jetzt Kurs Südwest muss die Frage gestattet sein, wo genau der Mehrwert für die Allgemeinheit liegt, der eine Kinoauswertung rechtfertigt. Im Grunde handelt es sich bei den Werken um eine glorifizierte Version dessen, was neudeutsch Travel-Vlog genannt wird. Sie haben zwar rein dem Wortsinne nach dokumentarischen Charakter, aber in irgendeiner Weise lehrreich oder bildend sind sie nicht unbedingt. Stattdessen vermitteln sie eher den Eindruck einer filmischen Introspektion, wobei die damit normalerweise einhergehende Selbsterkenntnis sich auf Platitüden wie ‚das Leben ist kurz‘, ‚einfach machen‘ oder ‚kämpfe für deinen Traum‘ herunterbrechen lässt.

Mehr Infos, bitte

Das soll nun nicht heißen, dass Borchers‘ Reise nicht interessant verlaufen wäre. Auch wenn für das Positionieren der Kameras im Vorfeld anscheinend mehr Zeit bei der Planung draufging als für die eigentliche Bewältigung der Reiseroute, ist letztere narrativ nachvollziehbar aufbereitet worden. Wie bei Facing Down Under oder Die toten Vögel sind oben übernimmt hier der Filmemacher aufgrund der Nähe zum Thema selbst das Voiceover. Wie in den anderen Dokus handelt es sich aber nicht um einen professionellen Sprecher, was sich auf Dauer eben bemerkbar macht.

Kurs Südwest hätte aber mehr als nur ein Reisebericht und eine altkluge Motivationshilfe sein können. Ansatzweise scheint das auch immer einmal wieder durch. Es gibt zum Beispiel einen Moment, in dem Borchers‘ Kajak ein Leck bekommt. Dieses flickt er (für die Augen eines unbedarften Laiens) auch fachgerecht, aber hier hätte es sich angeboten, die einzelnen Schritte zusätzlich zu kommentieren, statt sie nur mit der Kamera festzuhalten. Aus dem Gezeigten lässt sich zwar durchaus ableiten, was zu tun ist, aber mehr Informationen wären hier hilfreich gewesen. Immer wieder gibt es solche Stellen, bei denen eine ausführliche Erklärung aus dem Off anderen etwas an die Hand gegeben hätte, die – vielleicht auch inspiriert durch den Film – selbst einmal durch die Welt paddeln möchten. Auch am Ende hätte sich eine Art ‚Was würde ich anders machen, wenn ich vor Tourstart das jetzige Wissen hätte“-Segment angeboten.

Credits

OT: „Kurs Südwest“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Lukas Borchers
Drehbuch: Lukas Borchers
Musik: Adrian Berenguer, Assaf Ayalon, Marshall Usinger, Daniel Bordovsky, Dor Friedman, Ian Post, Josh Leake, Kevin Graham, Michael Ellery, Simone De Venuto, Shahead Mostafafar, Stanley Gurvich
Kamera: Lukas Borchers, Dave Perdew, Franziska Brozio, Hannah Lammers, Johanna Streubel
Mitwirkende: Lukas Borchers

Bilder

Trailer

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Kurs Südwest
Fazit
In "Kurs Südwest" begleitet sich ein Kajakfahrer bei der Reise von Genf nach Gibraltar selbst mit Kameras. Das weist interessante Ansätze und gute Bilder auf, unterscheidet sich letzten Endes aber nicht groß von einem längeren YouTube-Vlog.
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