Auch wenn Brynn (Kaitlyn Dever) inmitten von anderen Menschen lebt, sie Tür an Tür mit diesen wohnt: Kontakt hat sie keinen. Die übrigen Leute begegnen ihr mit Gleichgültigkeit, aber auch Feindseligkeit, weswegen es sie Überwindung kostet, überhaupt das Haus zu verlassen. Unfreundliche Menschen sind aber bald schon das geringste Problem im Leben der jungen Frau. So hört sie eines Nachts eigenartige Geräusche und muss zu ihrem Entsetzen feststellen, dass jemand Fremdes im Haus ist. Dabei handelt es sich aber nicht um Einbrecher. Vielmehr ist ein unheimliches Alien eingedrungen. Während Brynn durch ihr Haus schleicht, bei dem Versuch nicht entdeckt zu werden, sucht sie fieberhaft nach einem Ausweg. Leicht ist das nicht, denn der Terror hat damit erst begonnen …
Ein wortloser Horror
Das Horror-Genre ist natürlich keins, das man unbedingt mit Disney in Verbindung bringen würde. Und doch erscheinen erstaunlich oft auf dem hauseigenen Streamingdienst Disney+ Filme aus dem Bereich. Man muss nur zum Teil nach diesen suchen. So wurden zwar beispielsweise Barbarian oder Fresh größer beworben, auch wegen der prominenten Besetzung. Es werden aber auch immer mal wieder Beiträge sehr versteckt ins Programm aufgenommen, siehe etwa Jagged Mind, Matriarch oder Clock. Bei No One Will Save You, dem neuesten Werk, welches das Publikum das Fürchten lehren möchte, liegt das irgendwo dazwischen. So tat man hier schon mehr dafür, damit Presse und Abonnenten von dem Film erfahren. Aber man verlässt sich offensichtlich mehr darauf, dass die Geschichte um eine junge Frau, die vor Außerirdischen flieht, durch Mundpropaganda sein Publikum findet und viele Leute darüber sprechen.
Das ist insofern bemerkenswert, weil im Film selbst praktisch gar nicht gesprochen wird. Anfangs fällt das noch nicht weiter auf, da es neben der Protagonistin eben nur die Aliens gibt. Mit wem soll da schon groß gesprochen werden? Später wird jedoch deutlich, dass das keine bloß punktuelle Stille ist, sondern eine konzeptionelle. Selbst die Momente, in denen Brynn anderen Menschen begegnet, enthalten keine Dialoge. Während aber A Quiet Place, das fast obligatorisch zum Vergleich herangezogen werden muss, eine inhaltliche Erklärung für das Stummsein liefert, fehlt dies in No One Will Save You. Nur an einer Stelle meldet sich die junge Frau tatsächlich zu Wort, in einer emotionalen Nachricht, die an die Vergangenheit gerichtet ist. Denn das gehört zu dem Film dazu, bei dem es nicht allein um einen Überlebenskampf geht, sondern auch die Aufarbeitung eines Traumas.
Der Alptraum der Isolation
Dass dieses nie verbalisiert wird, macht den Film natürlich zu einer Herausforderung. Zwar kommen später Hinweise dazu. Gleichzeitig wird No One Will Save You gegen Ende hin aber so abgefahren und surreal, dass man hier seine Hoffnung auf eine schlüssige Erklärung lieber gleich begraben sollte. Regisseur und Drehbuchautor Brian Duffield, der zuvor Zerplatzt gedreht hat, eine wundersame Mischung aus Coming of Age, Horror, Komödie, Science-Fiction und Romanze, zeigt auch hier wieder, dass er nicht daran denkt, sich in bestimmte Schubladen stecken zu lassen. So verwendet er zwar bekannte Elemente des Genres, auch das Design der Aliens ist sehr klassisch. Er macht daraus aber etwas so Eigenartiges, dass man sich fragen darf, wie er andere davon überzeugen konnte, ihm mehr als 20 Millionen US-Dollar für die Produktion zu geben.
Das heißt dann nicht, dass man hier nicht auch auf traditionelle Weise unterhalten werden kann. Im ersten Drittel funktioniert das sogar sehr gut. Duffield verbindet ein Home-Invasion-Szenario mit Science-Fiction-Elementen zu einem sehr spannenden Genrebeitrag. Geradezu herausragend ist es, wie sich der Filmemacher mangels Sprache des Sound Designs bedient und auch das Setting zu inszenieren weiß. Stärker noch als bei Hunt Her, Kill Her ist das Katz-und-Maus-Spiel in den Schauplatz integriert, der gleichzeitig Rückzugsort und Gefängnis ist. Eine solche Rolle ist natürlich auch eine schauspielerische Herausforderung, welche die sonst eher im Komödienfach bekannte Kaitlyn Dever (Rosalinde, Booksmart) dankend annimmt. Man schleicht mit ihr durchs Haus, taumelt durch den Alptraum, durchleidet das Gefühl der Isolation, wenn sie von allem abgeschnitten ist. Das wird nicht allen gefallen, die Reaktionen fallen sehr unterschiedlich aus. Aber wer sich darauf einlassen kann, wird mit einem Film belohnt, der im oftmals austauschbaren Horrorgenre tatsächlich hervorsticht.
OT: „No One Will Save You“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Brian Duffield
Drehbuch: Brian Duffield
Musik: Joseph Trapanese
Kamera: Aaron Morton
Besetzung: Kaitlyn Dever
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