Frankreich im Jahr 1780: Der junge Landadlige Baron Grégoire Ponceludon de Malavoy (Charles Berling) hat sich auf den Weg zum Hof von Ludwig XVI. (Urbain Cancelier) gemacht, da er sich von diesem finanzielle Hilfe erhofft. Schließlich möchte er ein Sumpfgebiet trockenlegen, was er alleine aber nicht bewerkstelligen kann. Dafür heißt es jedoch, sich den Gepflogenheiten Versailles zu unterwerfen. Nur wer es schafft, sich innerhalb dieser die Gunst des Königs zu erarbeiten, kann auf Unterstützung hoffen. Erfahrung hat Malavoy dabei keine. Gerade zu Beginn hat er auch große Probleme, sich an das ungewohnte Leben am Hof zu gewöhnen. Erst als er Marquis de Bellegarde (Jean Rochefort) begegnet, der ihm den Weg zum inneren Kreis ebnet, scheint sich sein Schicksal zum Besseren zu wenden. Doch auch dessen Tochter Mathilde (Judith Godrèche) und die einflussreiche Madame de Blayac (Fanny Ardant) werden seinen Weg maßgeblich mitbestimmen …
Verbale Wettkämpfe am Hof
Die Faszination für Königshäuser und das Leben Adliger ist bis heute ungebrochen, wie sich auch de vielen Filmen und Serien sehen lässt, die zu diesem Thema produziert werden. Netflix lockte dieses Jahr etwa mit Royalteen: Prinzessin Margrethe und Queen Charlotte: Eine Bridgerton-Geschichte. Im Kino lief vor einigen Wochen Jeanne du Barry – Die Favoritin des Königs über eine Konkubine von Ludwig XV., das zuvor das Festival von Cannes eröffnet hatte. Mehr als ein Vierteljahrhundert zuvor nahm uns Ridicule – Von der Lächerlichkeit des Scheins ebenfalls mit an den französischen Hof. Auch dieser hatte das traditionsreiche Festival eröffnet und erzählte davon, wie sich jemand die Gunst des gerade regierenden Königs von Frankreich erhofft. Wobei es bei den Details natürlich schon einige Unterschiede gibt.
So führt der Weg an die Spitze hier nur zum Teil durch die Betten. Wo die titelgebende Konkubine Jeanne du Barry letztendlich nur ihren Körper hatte, kann Malavoy mit seinem nur indirekt punkten. Er beginnt zwar eine Karriere mit der vermögenden Madame de Blayac. Aber sie ist nur einer von mehreren Wegen, die ihn ans Ziel bringen sollen. Stattdessen sind in Ridicule – Von der Lächerlichkeit des Scheins verbale Fertigkeiten gefragt. Genauer wird am Hof darum gewetteifert, wer am witzigsten und schlagfertigsten ist. Da soll gezielt gestichelt werden, sie alle wollen sich hervortun, müssen aber aufpassen, sich nicht zu sehr hervorzutun. Schließlich will sich selbst niemand lächerlich machen, das wäre das Todesurteil. Wer es schafft, sich auf diese Weise durchzusetzen, steigt in der Hierarchie nach oben, darf auch Zuwendungen vom König hoffen.
Adlige als Witzfiguren
Das hat auch Auswirkungen auf das Genre. Während die obigen Titel alle aus dem Drama-Bereich sind und vor allem die Tragik der einzelnen Schicksale betonen, ist Ridicule – Von der Lächerlichkeit des Scheins sehr viel stärker im Komödienfach angesiedelt. Genauer setzen sich Regisseur Patrice Leconte (Maigret) und Drehbuchautor Rémi Waterhouse satirisch mit den damaligen Verhältnissen auseinander. Dabei wird niemand geschont, in dem Film wimmelt es von Leuten, die darauf aus sind, andere lächerlich zu machen, dabei selbst jedoch nicht besser sind. Selbst Malavoy macht nicht die beste Figur. Zwar entscheidet er sich irgendwann für die Liebe. Außerdem dient das mit der Trockenlegung des Sumpfes nicht allein sich selbst, vielmehr will er der einfachen Bevölkerung helfen.
Und doch lässt er sich auf dem Weg zum hehren Ziel korrumpieren. Das ist ebenso deprimierend wie das Finale: Wenn jemand ausgerechnet dafür bestraft wird, das Richtige tun zu wollen, dann macht das nicht eben Lust, es ihnen nachzutun. Aber zum Glück ist da noch die Französische Revolution, als späte Gerechtigkeit und Genugtuung. Ob dadurch wirklich alles besser geworden ist, darüber lässt sich natürlich streiten. Ganz so groß waren die inhaltlichen Ambitionen in Ridicule – Von der Lächerlichkeit des Scheins aber gar nicht. Auch wenn hier natürlich die Oberen der Gesellschaft angeprangert werden, dient der Film in erster Linie der Unterhaltung, weniger einer tatsächlichen Auseinandersetzung mit dem Thema. Als solche funktioniert das ganz gut, man kann hiermit schon seinen Spaß haben. Das liegt nicht nur an den immer mal wieder süffisant-spöttischen Dialogen. Auch die bei den Césars ausgezeichnete Ausstattung trägt dazu bei, dass der Film bis heute sehenswert ist, obwohl – oder weil – er kaum mit den üblichen Adelsfilmen zu vergleichen ist.
OT: „Ridicule“
Land: Frankreich
Jahr: 1996
Regie: Patrice Leconte
Drehbuch: Rémi Waterhouse
Musik: Antoine Duhamel
Kamera: Thierry Arbogast
Besetzung: Charles Berling, Jean Rochefort, Fanny Ardant, Judith Godrèche, Bernard Giraudeau, Albert Delpy, Bernard Dhéran, Jacques Mathou
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
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Academy Awards | 1997 | Bester fremdsprachiger Film | Nominiert | |
BAFTA | 1997 | Bester fremdsprachiger Film | Sieg | |
César | 1997 | Bester Film | Sieg | |
Beste Regie | Patrice Leconte | Sieg | ||
Bester Hauptdarsteller | Charles Berling | Nominiert | ||
Bester Nebendarsteller | Jean Rochefort | Nominiert | ||
Bester Nebendarsteller | Bernard Giraudeau | Nominiert | ||
Bestes Drehbuch | Rémi Waterhouse | Nominiert | ||
Beste Musik | Antoine Duhamel | Nominiert | ||
Beste Kamera | Thierry Arbogast | Nominiert | ||
Bestes Szenenbild | Ivan Maussion | Sieg | ||
Bester Ron | Paul Lainé, Jean Goudier | Nominiert | ||
Bester Schnitt | Joëlle Hache | Nominiert | ||
Beste Kostüme | Christian Gasc | Sieg | ||
Golden Globes | 1997 | Bester fremdsprachiger Film | Nominiert | |
Prix Lumières | 1997 | Bester Film | Sieg | |
Bester Hauptdarsteller | Charles Berling | Sieg | ||
Beste Hauptdarstellerin | Fanny Ardant | Sieg |
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