Nachdem KI eine Atombombe auf Los Angeles wirft, verkünden die Nordamerikanischen Staaten, jegliche Form von KI zu verbieten und vernichten zu wollen. Der ehemalige Special-Forces-Agent Joshua (John David Washington) wird unter dem Versprechen, seine todgeglaubte Frau wiedersehen zu können, für einen Auftrag in New Asia rekrutiert. Dort, wo Mensch und KI friedlich zusammenleben, soll er eine Waffe zerstören, die den Untergang der Menschheit bedeuten könnte. Doch zu Joshuas Überraschen scheint die Waffe ein Kind zu sein.
Menschlichkeit und Imperfektion
The Creator zeichnet eine große Welt voller technologischer und politischer Eigenheiten. Im Fokus dabei steht wenig überraschend die Beziehung zwischen Mensch und Künstlicher Intelligenz. Was zeichnet das Menschsein aus? Kann etwas Programmiertes menschlich sein? Das sind natürlich die ersten Fragen, die sich bei dieser Thematik aufdrängen und auch The Creator befasst sich mit ihnen. Wer hier allerdings ein melancholisch-philosophisches Drama à la Blade Runner erwartet, wird schwer enttäuscht sein. Denn wenn diese Fragen im Unterton immer mitklingen, befasst sich The Creator eher beiläufig mit ihnen.
Denn nennenswerte Ambivalenz bietet der Film nicht. Zwar hört man von nordamerikanischer Seite immer wieder Aussagen wie „Die spüren nichts, das ist nicht echt.“, das Gezeigte vermittelt aber zu jeder Zeit das klare Gegenteil. Quasi von Anfang an kommuniziert der Film, dass es im Verhalten und Empfinden bei Mensch und KI keinen Unterschied gibt. Familie, Emotionen, Religionsausübung. All das, und gerade letzteres, ist genauso Mensch, wie auch KI. Die KI in The Creator wird immer wieder als genauso irrational handelnd gezeigt wie Menschen. Spannend ist, dass die Darstellung von Irrationalität dabei zwischen Mensch und KI stark unterschiedlich ist. Während Irrationalität bei der KI als durchweg positiv belegt ist, beispielsweise durch Güte, Vergebung, etc., stehen bei den Menschen die negativen Seiten im Vordergrund: Hass, Gier, Neid. Tatsächlich klingt das nicht nur etwas eindimensional, sondern raubt dem Film einiges an möglichem Material. Entsprechend ist es auch keine überraschende Entscheidung, dass vieles davon nur im Hintergrund stattfindet. Denn durch die Eindimensionalität stößt der Film auch schnell an seine moralischen Grenzen. Wenn Menschen so eindeutig schlecht sind, sollte es nicht erstrebenswert sein, dass KI eben nicht menschlich ist?
Der Film kommt bei dieser und vielen vergleichbaren Fragen auf kein sinnvolles Ergebnis und wirkt stets etwas durcheinander und zu überladen. Es hilft sicher auch nicht, dass viele der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ebenfalls nicht kommuniziert werden. Auch hier wirkt es so, als würde der Film die komplexen thematischen Implikationen bewusst ein wenig ignorieren, um sich mehr auf das zu konzentrieren, was er sein will: emotionales Unterhaltungskino. Das ist zwar irgendwo schade, da das gezeigte Szenario so viel mehr Potenzial bietet, aber ironischerweise auch sehr menschlich. Und bei all der Kritik, die man dafür anbringen kann, muss man dem Film zusprechen, dass er dieses Ziel problemlos erreicht.
Kurzweilig oder doch zu kurz?
Denn trotz all der Fehler, die The Creator thematisch macht, schafft er es, zu fesseln. Die Tatsache, dass man sich so viel von der Welt verspricht, dass man mehr von ihr sehen will und dass man am Ende der 132 Minuten das Gefühl hat, noch eine halbe Stunde länger gucken zu wollen, ist das beste Zeichen dafür. Denn auch wenn viele der Plotelemente nicht sonderlich innovativ sind, ist The Creator ein wahnsinnig empathischer Film, der sich für seine Welt und deren Population interessiert, sich um sie sorgt. Und dieses Gefühl überträgt sich beim Schauen.
Zwar ist The Creator bei weitem kein Anti-Kriegsfilm, zu sehr zelebriert er sein eigenes Actionspektakel dafür. Aber er schafft es, zu vermitteln, wie wichtig Frieden und ein harmonisches Miteinander, auch über vermeintliche Unterschiede hinaus, ist. Selten war es weniger egal, wenn eine fiktive unbenannte Stadt zerstört wird, deren Zerstörung lediglich durch ein Aufleuchten auf einer Karte zu sehen ist. Und das ist schlichtweg eine große Errungenschaft des Worldbuildings. Die Welt fühlt sich echt und lebendig an. Die Dimensionen und Kosten bestimmter Handlungen werden klar.
Gerade deshalb ist es auch so schade, dass der Film nicht mehr aus sich herausholt, als er tut. Das gilt, wie bereits erwähnt, thematisch, aber auch charakterlich. Denn auch wenn die Hauptfiguren durchaus interessant sind und gerade ihre Beziehung zueinander wirklich liebenswert ist, fühlt es sich immer wieder so an, als würde einiges zu schnell abgearbeitet werden. Natürlich gilt auch hier wieder eine gewisse Ambivalenz, da es einerseits positiv zu sehen ist, dass man sich überhaupt in der Position befindet, mehr zwischenmenschliches bzw. zwischenmensch- und -KIliches Drama sehen zu wollen, andererseits aber auch enorm frustrierend, wenn sich vieles unerfüllt anfühlt. Immer wieder gibt es Momente, die ihrer Wucht beraubt werden, weil sie zu schnell erzählt sind. Das gilt für charakterliche Entwicklungen, aber auch die Entwicklungen in den Beziehungen von Figuren. Die sind in Teilen so schnell erzählt, dass sich einige Dinge ziemlich schablonenhaft anfühlen. Teilweise wirkt es fast so, als wäre der Film vielleicht als Serie konzeptionell besser angelegt, so viel länger könnten einige Dinge auserzählt werden.
Audiovisuell herausragend
Natürlich ist der Film durch diese Erzählweise extrem kurzweilig, es wirkt aber trotzdem fast wie ein Wunder, dass das Gezeigte überhaupt so sehr fesselt, wie es nun mal tut. Wieso genau das klappt, ist auch gar nicht so einfach zu begreifen, weil das Drehbuch eben einige eklatante Lücken hat. Sicherlich hat es auch einen Anteil, dass die Hauptfiguren grundsätzlich sympathisch und toll gespielt sind, aber das erklärt nicht, wieso man so sehr an der Welt hängt. Der Grund dafür ist schlichtweg die Optik und das immersive Gefühl, das sie vermittelt. Wie schon erwähnt, wirkt die Welt einfach echt. Überall passiert etwas, noch so kleine Details im Hintergrund können faszinieren. Und anders als beispielsweise bei einem Akira Kurosawa liegt das in The Creator nicht an einer grandiosen Inszenierung, Gareth Edwards (Rogue One: A Star Wars Story) macht einen guten Job, aber auch nichts Revolutionäres. Nein, in erster Reihe müssen hier das fantastische visuelle Konzept, das weder zu clean noch zu dystopisch ist, sowie die großartigen Sets und Requisiten genannt werden.
Denn auch wenn das sehr gelungene CGI hier noch erwähnt gehört, sind es die sensationellen Landschaften und Städte, eingefangen in tollen Bildern und Farben, die wirklich überzeugen. Gerade die Totalen von den Reisfeldern und Felsformationen Südostasiens gepaart mit vollen Marktplätzen und futuristischen Gebäuden beeindrucken sehr und werfen mehr als nur einmal die Frage auf, wieso manch anderer Film dreimal so viel kostet und nicht so wertig aussieht. Dazu kommen die heimlichen Stars des Films, die sich auf der akustischen Ebene abspielen. Sowohl die Abmischung als auch das Sounddesign und der Score schaffen es, das futuristische Setting mit vielen der geerdeten Elemente zu kombinieren und das Visuelle somit wunderbar zu akzentuieren. Insgesamt bildet sich dadurch eine audiovisuelle Wucht, die es schafft, einige Probleme im Drehbuch zu kompensieren.
OT: „The Creator“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Gareth Edwards
Drehbuch: Gareth Edwards, Chris Weitz
Musik: Hans Zimmer
Kamera: Greig Fraser, Oren Soffer
Besetzung: John David Washington, Madaleine Yuna Voyles, Gemma Chan, Alison Channey, Ken Watanabe, Sturgill Simpson
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