Als die schwarze Frau (Mwajemi Hussein) von maskierten Weißen in einen Käfig gesperrt mitten in der Wüste eingesperrt wird, sieht es so aus, als sei ihr Leben bereits vorbei. So viel sie auch rüttelt und schreit, es gibt keinen Weg mehr aus hinaus. Doch ihre Hartnäckigkeit zahlt sich aus, mit einiger Mühe gelingt es ihr tatsächlich, die Tür zu öffnen. Einfach wird das Überleben im Anschluss aber nicht. Schließlich muss sie aus der Wüste erst einmal heraus und sich irgendwo mit Nahrung versorgen. Eine Rückkehr in die Zivilisation ist dabei keine realistische Option, machen dort doch noch immer die Weißen Jagd auf alle anderen. Dabei trifft sie unterwegs Leute, die sich in derselben Situation wie sie befinden …
Der Rassismus von morgen
In einer Welt, in der Rassismus überall wieder auf dem Vormarsch zu sein scheint und die Hetze gegen alle Fremden wieder salonfähig geworden ist, verwundert es nicht wirklich, wenn sich zahlreiche Filmschaffende dieses Themas annehmen. Das kann im historischen Kontext geschehen, etwa beim Verweis auf Sklaverei oder beim biografischen Drama Chevalier – The Untold Story über einen dunkelhäutigen Komponisten im 18. Jahrhundert. Andere werfen ein Schlaglicht auf aktuelle Missstände, beispielsweise die diversen Filme über rassistisch motivierte Polizeigewalt. Es gibt aber auch Regisseure und Regisseurinnen, die aktuelle Entwicklungen nehmen und auf ungewöhnliche Weise weiterspinnen. Zu denen zählt auch The Survival Of Kindness.
Irritationen gibt es hier zuhauf. Das fängt schon damit an, dass in dem Film praktisch nicht gesprochen wird. Und wenn doch, dann in keiner verständlichen Sprache. Namen wurden ebenfalls abgeschafft. So wird die Protagonistin im Abspann nur als BlackWoman geführt, andere Rollennamen sind BrownBoy, Cake Cutting Family Member oder TorsoMan 1. Das ist dann eher weniger geeignet, um Identifikationsfläche zu schaffen. Kontexte gibt es keine, Hintergrundgeschichte, Zeit und Ort werden gar nicht erst angesprochen. Und doch geht es Regisseur und Drehbuchautor Rolf de Heer darum, etwas über unsere Welt zu sagen. Gerade die Entmenschlichung der Figuren und die damit einhergehende Distanz verdeutlichen eine Entwicklung, die ohnehin schon da ist. Die Welt zerfällt in Fraktionen, die Zusammengehörigkeit wird mit Gewalt und Vehemenz betrieben, das Individuum verschwindet hinter dem Kampf.
Plakativ und enigmatisch
Das Überleben der Freundlichkeit, wie der Film auch bei der Premiere auf der Berlinale 2023 hieß, spendet zwischendurch zwar Hoffnung. So begegnet die Protagonistin mehreren Menschen, auch sie sind Verfolgte, und findet ein neues Zuhause. Doch das Glück ist brüchig, die Bedrohung hält an. Das tut sie selbst in den Szenen, in denen keine Menschen zu sehen sind. So zeigt de Heer zwischendurch, wie sich zwei verschiedene Ameisenarten bekämpfen. Ob er damit klarmachen will, dass solche Kämpfe zwischen Menschen natürlich sind oder nicht, darüber lässt sich streiten. Allgemein ist der Film eine eigenwillige Mischung aus plakativ und enigmatisch, wirft alles zusammen und lässt das Publikum damit am Ende allein.
Für manche ist das ein Fest, wenn hier viel interpretiert werden darf. Andere dürften frustriert sein. Oder auch gelangweilt: Obwohl The Survival Of Kindness von einem Überlebenskampf erzählt, geschieht über weite Strecken nichts. Zwar gibt es eine reizvolle Endzeitstimmung, dazu diverse Momente, in denen die Gewalt gegenüber den Minderheiten ausgeübt wird. Aber es bleibt zu fremd, teils surreal, auch wegen der nie näher erklärten Gasmasken, weswegen da keine richtige Spannung aufkommt. Und doch ist dieser sonderbare Beitrag aus Australien sehenswert. Wortwörtlich sogar: Was de Heer und Kameramann Maxx Corkindale da auf die Leinwand holen, ist ein wundersamer Anblick, der auch über die Credits hinaus im Kopf herumspukt, selbst wenn der Film einen nicht unbedingt so sehr packt, wie man das im Vorfeld erhofft hat.
OT: „The Survival Of Kindness“
AT: „Das Überleben der Freundlichkeit“
Land: Australien
Jahr: 2022
Regie: Rolf de Heer
Drehbuch: Rolf de Heer
Musik: Anna Liebzeit
Kamera: Maxx Corkindale
Besetzung: Mwajemi Hussein, Darsan Sharma, Deepthi Sharma
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