Da Bibi Blocksberg (Sidonie von Krosigk) zwei Kindern das Leben gerettet hat, soll sie gleich doppelt belohnt werden. Von der Stadt gibt es die Ehrennadel, was sie aber eher beiläufig zur Kenntnis nimmt. Viel verlockender ist da die Aussicht auf die vom Hexenrat verliehene Hexenkugel. Wie ihre Mutter Barbara (Katja Riemann) ist Bibi nämlich eine Hexe. Allerdings ist sie erst zwölf Jahre alt, und die begehrte Kugel gibt es blöderweise erst mit fünfzehn – normalerweise. Anders als ihrem Freund Florian (Max Befort) ist ihrem Vater Bernhard (Ulrich Noethen) das Ganze nicht geheuer, auch weil er bei der Arbeit schon genügend Probleme aufgrund der magischen Damen hat. Er ist jedoch nicht der einzige, dem die geplante Auszeichnung missfällt. Die Hexe Rabia (Corinna Harfouch) zerstört bei der Verleihungszeremonie mutwillig die für Bibi gedachte Kugel. Leider muss sie der Junghexe daraufhin ihre eigene Kugel überlassen. Die braucht sie aber dringend zurück, schließlich verbirgt sich darin ein Geheimnis …
Erster Kinoauftritt der Junghexe
Bei wem der Großteil der Kindheit in den 1990er-Jahren stattfand, der wird in Deutschland wohl kaum um die Bibi Blocksberg-Hörspiele herumgekommen sein. Bereits 1980 erschien die erste Folge, bis heute sind es 149. Mittlerweile ist die erste Filmadaption, Bibi Blocksberg von 2002 also, schon über zwanzig Jahre her. Seither kamen einige dazu, seien es nun Fortsetzungen, Reboots, Serien-Spinoffs und was nicht noch alles. Im Folgenden wollen wir uns Bibis erstes Kinoabenteuer näher anschauen.
2002 ist ein interessantes Erscheinungsjahr für diesen Film. Es ist gut möglich, dass hier eine deutsche Antwort auf die Harry Potter-Filmreihe gegeben werden sollte, welche im Jahr zuvor mit Harry Potter und der Stein der Weisen gestartet wurde. Neben der chronologischen Auffälligkeit und der offensichtlichen Gemeinsamkeit einer magiebegabten Kinderfigur, lassen sich auch innerhalb des Films Indizien für die aufgestellte These finden. So spüren Barbara und gleichsam der Zuschauer schon bei der ersten Begegnung mit Rabia am Blocksberg deren Abneigung gegen Bibi, da diese ja nur „eine halbe Hexe“ sei. Das wirkt wie eine Allusion auf diejenigen Hexen und Zauberer aus Harry Potter, welche all jene als Schlammblüter bezeichnen, die nicht auf eine rein magische Ahnenreihe zurückblicken können.
Der Vergleich drängt sich jedoch nicht deshalb auf, schließlich handelt es sich dabei lediglich um eine handelsübliche Allegorie auf Rassismus. Was ihn plausibel erscheinen lässt, ist dass ein Herabschauen auf halbe Hexen im ursprünglichen Bibi Blocksberg-Universum gar nicht möglich ist und somit keinen Sinn ergibt. Der Film adressiert es nicht weiter, aber zumindest in den Hörspielen können nur Frauen Hexen sein – mit einer Ausnahme in einer Folge, aber wir können hier auch nicht noch die Vorlage im Detail auseinander nehmen. Wo sollte eine „reinrassige“ Hexe also herkommen, wenn die Verbindung zwischen einer Hexe und einem inhärent nichtmagischen Mann „unrein“ ist?
Willkürliche Regeln
Bei der Hexenversammlung im Film treten zumindest nur Frauen auf. Am Ende von Bibi Blocksberg kann auch Florian hexen. Diese Information kann kaum als Spoiler klassifiziert werden, da es eher als eine Art Gag für eine einzige Szene daherkommt. Das ist kein überraschender Twist und der Film macht auch überhaupt nichts weiter damit. Es kann sich dabei theorethisch um einen kleinen Querverweis auf den der Hexerei mächtigen Jungen aus dem entsprechenden Hörspiel handeln, aber es wirkt dennoch deplatziert und unverdient. Es verkompliziert die ganze Angelegenheit auch unnötig, wie genau sich das mit den Hexenkräften denn nun in dem hier etablierten Film-Universum verhält.
Die Regeln bezüglich der Hexenkugel sind ebenfalls reichlich konfus. Mit ihrer Hilfe lässt sich etwa jeder beliebige Mensch auf der Welt beobachten – außer er befindet sich gerade unter einem Blätterdach, also etwa im Wald. Was für eine kuriose und spezifische Ausnahme, die aber nicht weiter erläutert wird. Sie existiert nur, weil ein bestimmter Subplot das so verlangt. Die Kugel selbst kann eingefroren werden, um sie vor Suchenden zu verbergen – allerdings ist sie danach für 48 Stunden nicht mehr zu benutzen. Dem kann jedoch mit einem dreißigsekündigen Aufenthalt in der Mikrowelle entgegen gewirkt werden. Es ist alles recht seltsam.
Kinder sind Kinder
Die vor dem Einsetzen der Handlung absolvierte Rettung der Kinder findet sich in ähnlicher Form in der ersten Folge der Hörspielreihe. So gesehen wirkt der Film zunächst wie eine direkte Fortsetzung, allerdings eher in einem Paralleluniversum. Die Blocksbergs wohnen nicht in einem Hochhaus, sondern in einem filmfreundlicheren Eigenheim. Florian teilt sich zwar den Namen mit einem der Freunde von Bibi aus der Vorlage, hat ansonsten aber nicht viel mit ihm gemein. Der ganze Subplot mit Florians Eltern ist völlig überflüssig und wirft nur noch mehr Logikfragen auf. Auch mit Bernhard meinte es die Adaption nicht allzu gut. Der Hörspiel-Bernhard hatte so seine Problemchen mit den hexenden Damen in seinem Zuhause, aber er war ihnen doch auch immer auf liebevolle Weise zugetan. Der Film-Bernhard hingegen scheint ein absoluter Hexenhasser und ignoranter Egoist zu sein.
Was aber selbst die etwas schlechter geschriebenen Charaktere rettet, ist das Schauspiel. Vor allem natürlich von den erwachsenen Darstellern. Die Kinder sind eben Kinder, aber interessanterweise dürfen sie in Bibi Blocksberg auch tatsächlich Kinder sein. Serien wie Die drei !!! legen oft Wert darauf, die Kinder wie deutlich reifere Menschen agieren zu lassen. Hier jedoch haftet ihnen eine gewisse Authentizität an. Schon in der Eröffnungsszene etwa benutzt Bibi die ihr verliehene Ehrennadel dazu, eine Wurst aufzuspießen. Das ist doch genau das, was ein Kind tun würde. Irgendwo dreckig gemacht hat sie sich davor auch noch. Limitiert wird das alles natürlich durch die schauspielerischen Fähigkeiten der jüngeren Darsteller, aber es ist doch überaus anschaubar. Mittlerweile wurde die Figur der Bibi von verschiedenen Personen dargestellt, Sidonie von Krosigk zeigt uns aber als Gesamtpaket betrachtet immer noch die beste Verkörperung.
Gut gespielt, mäßig gesungen
Dank Riemann, Noethen und Harfouch überzeugt der Cast aber vor allem mit den Erwachsenen. Bernhard ist vielleicht unsympathisch, aber Noethen ist für diese Art Film geschaffen, und es dürfte ihm gelingen, den ein oder anderen darüber hinwegzutäuschen, wie der Charakter geschrieben ist. Harfouch portraitiert ihre Rabia sehr theatralisch, was in einem Film schnell schiefgehen kann, hier aber hervorragend funktioniert.
Nach etwas über sieben Minuten fängt Bibi plötzlich an zu singen. Abgesehen vom Intro waren Lieder kein Bestandteil der Hörspielreihe, und was so ein Song hier soll, weiß der Film eventuell selbst nicht so genau. Schließlich dauert es ungefähr eine Stunde, bis wieder jemand singt. Diese Lieder sind weder sonderlich nötig noch bereichernd noch einprägsam, aber der kurz darauf folgende Hexenrap ist leider ein gottverdammter Ohrwurm, wenn auch keiner der freiwilligen Art.
Womit Bibi Blocksberg jedoch ebenfalls punktet, ist seine Ausstattung und die Liebe zum Detail. Die Kostüme der Darsteller, die Sets (entweder gebaute Kulissen oder echte Drehorte), alles hier wirkt schon wie mit den Augen eines Kindes ausgesucht, das versucht hat, sich die gehörte Serie vorzustellen. Erwachsene werden dabei aber nicht außen vor gelassen. So sind die roten Schuhe, welche Rabia in ihrem Schloss hortet, wahrscheinlich eine Anspielung auf Der Zauberer von Oz und symbolisieren ihre Boshaftigkeit.
OT: „Bibi Blocksberg“
Land: Deutschland
Jahr: 2002
Regie: Hermine Huntgeburth
Drehbuch: Elfie Donnelly
Vorlage: Elfie Donnelly
Musik: Moritz Freise, Biber Gullatz
Kamera: Martin Langer
Besetzung: Sidonie von Krosigk, Katja Riemann, Ulrich Noethen, Max Befort, Corinna Harfouch, Mareike Lindenmeyer, Inga Busch, Christian Nickel, Monica Bleibtreu, Jeanette Hain, Anja Sommavilla, Billie Zöckler, Rufus Beck
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