1944 nähert sich der Zweite Weltkrieg zwar langsam seinem Ende. Doch noch immer kontrollieren die Nationalsozialisten weite Teile der Niederlande. Und so bleibt der früher gefeierten Sängerin Rachel Stein (Carice van Houten) wegen ihrer jüdischen Herkunft nichts anderes übrig, als sich weiterhin zu verstecken. Als dieses Versteck in Flammen aufgeht und auch ein Fluchtversuch mit ihrer Familie in einer Katastrophe endet, fasst sie den Beschluss, sich dem Widerstand anzuschließen. Unter dem Namen Ellis de Vries schleust sie sich bei dem SS-Offizier Hauptsturmführer Ludwig Müntze (Sebastian Koch) ein. Ihr Ziel ist es, durch ihn herauszufinden, was mit einer Reihe von Widerstandskämpfern geschehen ist, die gefangen wurden. Doch die Lage wird zunehmend kompliziert, als sich die beiden wirklich näherkommen …
Europa-Comeback eines Erfolgsregisseurs
Die Karriere von Paul Verhoeven in Hollywood war schon beeindruckend. Mit Titeln wie RoboCop (1987), Total Recall – Die totale Erinnerung (1990) und Basic Instinct (1992) hatte er einen richtigen Lauf. Doch irgendwann war auch dieser vorbei und der niederländische Regisseur kehrte in seine Heimat zurück. Einige Jahre dauerte es noch, die er mit Vorbereitungen verbrachte. Doch 2006 war es dann endlich soweit und mit Black Book kam sein erster europäischer Film seit mehr als zwei Jahrzehnten heraus. Mit dem kommerziellen Erfolg seiner Hollywood-Produktionen konnte es dieser natürlich nicht aufnehmen. Es spielten auch keine Stars mit, die es mit den Kollegen und Kolleginnen der oben genannten Werke aufnehmen konnte. Zumindest die Resonanz war aber sehr positiv. Der Spionagethriller kam bei heimischen wie internationalen Kritiken gut weg.
Tatsächlich ist der Film auch bis heute sehenswert. Natürlich hat es Geschichten um irgendwelche geheimen Aktivitäten während des Zweiten Weltkriegs immer gegeben, das Setting ist ein sehr dankbares. Eine jüdische Sängerin, die sich in die Höhle des Löwen wagt und große Gefahren auf sich nimmt, ist aber eine spannende Variante des Themas. Jeden Tag geht Rachel als Ellis große Risiken ein. Immer wieder droht eine Enttarnung, jede Aktion könnte die letzte sein. Daraus zieht Black Book einen beträchtlichen Teil des Nervenkitzels, zumal der Film zu Beginn bereits zeigt, wie viele Leute sterben, auch aus ihrem direkten Umfeld. Klar, die Wahrscheinlichkeit, dass Rachel überführt wird, ist zunächst gering. Dann gäbe es schließlich keine Geschichte mehr zu erzählen. Grundsätzlich funktioniert das aber gut.
Viele Wendungen und Ambivalenzen
Tatsächlich fesselnd ist der Film aber wegen der diversen Wendungen: Im Laufe der Geschichte stellt sich heraus, dass irgendjemand ein doppeltes Spiel spielt. Nur wer? Da geht es also nicht nur darum, die Gefangenen zu befreien, sondern auch den Verräter ausfindig zu machen. Damit einher geht eine größere Ambivalenz, als man sie aus solchen Kriegsfilmen kennt. Wo sich viele Werke aus diesem Bereich patriotisch selbst auf die Schulter klopfen und mit sehr einseitigen gut-böse-Kontrasten arbeiten, gibt es in Black Book viele Abstufungen – sowohl bei den Nationalsozialisten wie auch der Widerstandsgruppe. Bei Rachel ist klar, dass sie die Heldin ist. Aber selbst bei ihr wird es chaotisch, als sie Gefühle für Müntze entwickelt. Darf sie das? Hat das eine Zukunft?
Im Gegensatz zum nuancierten Inhalt ist die Musik schon arg plakativ. Da wird oft richtig aufgetrumpft, der Film erstickt einen geradezu. Verhoeven, der auch am Drehbuch gearbeitet hat, ist allgemein bei der Inszenierung nicht gerade für die leisen Töne bekannt. Hier wird es aber schon nervig. Davon einmal abgesehen ist Black Book aber ein spannendes Comeback gewesen. Trotz der ausufernden Laufzeit von 140 Minuten wird es auch nicht langweilig, weil ständig irgendetwas geschieht. Da zudem die Ausstattung einiges zu bieten hat, lohnt sich noch immer ein Blick auf den Film, der heute eher etwas in Vergessenheit geraten ist.
OT: „Zwartboek“
Land: Niederlande, Deutschland, UK
Jahr: 2006
Regie: Paul Verhoeven
Drehbuch: Paul Verhoeven, Gerard Soeteman
Musik: Anne Dudley
Kamera: Karl Walter Lindenlaub
Besetzung: Carice van Houten, Sebastian Koch, Thom Hoffman, Halina Reijn, Waldemar Kobus, Derek de Lint, Ronald Armbrust, Christian Berkel
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
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BAFTA | 2007 | Bester fremdsprachiger Film | Nominiert | |
Deutscher Filmpreis | 2008 | Beste Hauptdarstellerin | Carice van Houten | Nominiert |
Beste Kostüme | Yan Tax | Nominiert | ||
Europäischer Filmpreis | 2007 | Bester Film | Nominiert | |
Beste Darstellerin | Carice van Houten | Nominiert | ||
Venedig | 2006 | Goldener Löwe | Nominiert |
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