Es ist ein ganz normaler Sommertag im Leben der Jugendlichen. Die Sonne scheint, die Stimmung ist ausgelassen, man will den Tag nutzen, um gemeinsam Spaß zu haben. Dafür ziehen sie durch die Stadt oder gehen an den See, wo sich an der Natur und dem Bier erfreuen. Dann und wann gibt es Diskussionen, aber nichts, was nicht schnell wieder aus der Welt geschafft würde. An Gesprächsthemen mangelt es ihnen dabei nicht, sie finden immer etwas, worüber sie sich austauschen können: Musik, die Zukunft – und natürlich die Liebe …
Aus dem Leben von Jugendlichen
Filme und Serien über Jugendliche gibt es natürlich nicht zu knapp. Eigentlich erscheinen ständig irgendwelche neuen Titel, bei denen versucht wird, das Leben junger Menschen möglichst authentisch festzuhalten. Meistens geht es dabei um typische Coming-of-Age-Themen. Sprich: Wer bin ich? Was will ich? Wohin soll mein Weg gehen? Diese Punkte der Selbstfindung werden oft mit Abnabelungsprozessen verbunden und auch einer ersten Liebe, die gern mal etwas komplizierter ausfallen darf. Schließlich müssen die Figuren erst noch lernen sich zurechtzufinden. Das Ergebnis ist mal mehr, mal weniger überzeugend, nicht allen gelingt es, sich wirklich noch einmal in diesen Lebensabschnitt hineinzuversetzen.
Einem, dem das mehr als gelungen ist, ist Michael Karrer. Dieser studierte in Zürich Film, drehte zwei Kurzfilme und schrieb an dem Drehbuch für Réduit mit. Mit Burning Fire arbeitete er parallel an seinem ersten Langfilm. Wobei man das „lang“ eher in Anführungszeichen setzen sollte, denn mit einer Laufzeit von 74 Minuten ist das schon hart an der Grenze. Und noch in einer anderen Hinsicht ist das mit der Einteilung grenzwertig: die Einteilung als Spielfilm. Offiziell handelt es hierbei zwar um ein Drama. Aber wenn im Abspann keine Rollennamen aufgezählt werden bei den rund 30 Leuten, die vor der Kamera standen, dann sieht das doch mehr nach einem Dokumentarfilm aus.
Dynamisch und beiläufig
Der Film selbst ist ebenfalls mit dokumentarischen Mitteln erzählt. Es gibt hier keine Geschichte in dem Sinn, auch keine Hauptfigur. Stattdessen folgen wir den Film lang insgesamt drei Gruppen junger Menschen, die irgendwo zusammensitzen und sich unterhalten. Das kann mal am Wasser sein, mal am Lagerfeuer. Erlaubt ist alles, was irgendwie gemütlich ist. Das ist Burning Fire selbst auch. Ganz unaufgeregt gehen die Kinder und Jugendlichen ihrem Alltag nach, während Karrer mit der Kamera draufhält. Er greift nicht ein oder kommentiert, wie man es bei einem Dokumentarfilm manchmal hat. Auch Interviewszenen fehlen. Geredet wird trotzdem eine Menge, nur eben miteinander in betont unspektakulären Gesprächen. Viele Tiefgang haben diese nicht, sollen sie auch gar nicht haben. Vielmehr ist das alles aus dem Leben genommen.
Das kann man dann langweilig und banal finden. Oder auch spannend, wie hier komplexe Gruppendynamiken aufgezeigt werden. Der Film, der auf dem International Film Festival Rotterdam 2023 Premiere hatte, lässt uns an die Zeit der Jugend zurückerinnern und vermittelt sehr schön die besondere Atmosphäre eines gemeinsam verbrachten Sommertags. Am Ende von Burning Fire hat man dann nicht unbedingt etwas dazugelernt. Auch die Jungs und Mädchen sind niemand anderes geworden im Laufe des dargestellten Tages. Aber sie haben gelebt, auf ihre Weise, sind diffus, verschwimmen in einer Gemeinschaft und sind doch als einzelne Stimmen in dem Gelächter und Gerede herauszuhören.
OT: „Füür Brännt“
Land: Schweiz
Jahr: 2023
Regie: Michael Karrer
Drehbuch: Michael Karrer
Kamera: Ramón Königshausen
Besetzung: Nadim Ben Saïd, Matia Frei, Nadège Kanku, Mina Wehrli, Philipp Hüssy, Gabriela Vieria, Jonas Junker, Francesca Galeazzi, Helen Bangerter, Nino Meier, Marco Lüssi, Nico Frei, Xenia Walser, Umberto Norelli, Daris Sefic, Sani Iqbal, Enez Baraz
International Film Festival Rotterdam 2023
Fünf Seen Filmfestival 2023
Transit Filmfest 2023
Max Ophüls Preis 2024
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