Eigentlich wollte die Schellengeister Narrenzunft nur ihren Vorstand feucht-fröhlich begraben. Doch dabei kommt es zu einem unschönen Zwischenfall mit der Transfrau Kaja Johansen (Ilonka Petruschka). Als diese am nächsten Morgen ermordet im Brunnen in der Altstadt aufgefunden wird, liegt der Verdacht nahe, dass dies im Zusammenhang mit dem Vorfall am Vorabend geschehen ist. Schließlich hat der Brunnen eine große Bedeutung für den traditionellen Männerverein. Oder war es doch ganz anders? Annika Wagner (Nurit Hirschfeld) und Martin Keller (Dominik Maringer) nehmen daraufhin die Ermittlungen auf. Aber auch der pensionierte frühere Kommissar Robert Anders (Walter Sittler) nimmt sich der Geschichte an und sticht dabei gleich in ein Wespennest …
Zweiter Teil des Nachfolgereihe
So ganz geht man dann doch nie. Zumindest bei den öffentlich-rechtlichen Sendern tut man sich offensichtlich schwer damit, beliebte Filmreihen zu einem Abschluss zu bringen. Ein Beispiel hierfür ist Der Kommissar und das Meer. Insgesamt 29 Teile wurden von der ZDF-Krimireihe zwischen 2007 und 2021 produziert. Als diese aufgrund der zu hohen Kosten nicht mehr fortgesetzt werden konnte, stellte man sie aber nicht einfach ein, wie es naheliegend gewesen wäre. Stattdessen zieht der titelgebende Robert Anders in der Folgereihe Der Kommissar und der See einfach von Schweden in seine Heimat am Bodensee zurück und löst dort nun als Pensionär neue Fälle. Zum Auftakt gab es letztes Jahr Liebeswahn. Rund zwölf Monate später steht mit Narrenfreiheit ein zweiter Film an.
Nun ist natürlich immer die Frage: Warum sollte jemand, der nicht mehr bei der Polizei ist, bei einem Fall ermitteln dürfen und wollen? Letztes Mal wurde da auf mehrere Weisen etwas zurechtgebogen, damit das irgendwie zu rechtfertigen ist. Überzeugend war das nicht, die Geschichte war konstruiert ohne Ende. Zumindest war aber nachvollziehbar, warum Anders weitermacht. Bei Der Kommissar und der See: Narrenfreiheit ist das nicht wirklich klar. Das hat dann zwar den Vorteil, dass man nicht pausenlos denkt, was für ein Blödsinn das ist. Allerding fehlt eine überzeugende Begründung für die Ermittlung an sich. Was da jetzt die bessere, was die schlechtere Variante ist, darüber lässt sich streiten. Ein Meisterwerk deutscher Drehbuchkunst ist das so oder so nicht.
Zwischen atmosphärisch und plump
Konzentriert man sich auf den Fall, wird es etwas besser. Zumindest ist das Szenario um einen alten Narrenverein recht dankbar. Wenn die Männer mit ihren traditionellen Masken umherlaufen, trägt das ebenso zur Atmosphäre bei wie das stimmungsvolle Altstadt-Setting. Da darf das Publikum besonders gern miträtseln, was in der Vergangenheit geschehen ist. Rätselstoff gibt es auch mehr als genug: Der Kommissar und der See: Narrenfreiheit schlägt eine ganze Reihe von Richtungen ein und präsentiert die unterschiedlichsten Möglichkeiten, wer und aus welchem Grund Kaja ermordet hat. Damit verbunden sind erneut moralistische Tendenzen, die sich nicht nur gegen Transphobie, sondern auch Frauenfeindlichkeit richten. Der Verein ist ein typischer Vertreter chauvinistischer Rückständigkeit, der nur wenig Raum für Nuancen und Zwischentöne lässt.
Lässt man die plumpe Herangehensweise an ein diffiziles Thema einmal außen vor, bleibt ein solider Krimi übrig, den man sich durchaus anschauen kann. Begeisterungsstürme wird das hier kaum entfachen. Allenfalls der transphobe Teil des Publikums dürfte überhaupt nennenswerte Gefühlsregungen zeigen bei dem Genrevertreter. Der Rest nimmt den Film zur Kenntnis und hat ihn im Anschluss schnell wieder vergessen. Der Kommissar und der See: Narrenfreiheit reiht sich damit in die aktuelle Liste von Titeln wie Wolfsjagd ein, die ihren Zweck erfüllen und einen anderthalb Stunden lang grübeln lassen, aber mehr Gebrauchsgegenstände sind als Ausdruck kreativen Arbeitens. Wer Letzteres nicht braucht, schaut rein, zumal das hier zumindest besser ist als der verkorkste Einstieg letztes Jahr. Man verpasst aber auch nicht wirklich etwas.
OT: „Der Kommissar und der See: Narrenfreiheit“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Felix Karolus
Drehbuch: Myriam Utz, Andreas Karlström
Musik: Mario Grigorov
Kamera: Wolfgang Aichholzer
Besetzung: Walter Sittler, Nurit Hirschfeld, Gerhard Wittmann, Nicole Marischka, Dominik Maringer, Murali Perumal, Ilonka Petruschka, Hedi Kriegeskotte, Paul Herwig, Robert Schupp, Josef Heynert, Katharina Friedl
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