Seit einer Weile schon geht es Linda (Sandra Andreis) nicht gut, die psychisch labile Frau ist mit allem überfordert. Ihr Mann Richard (Nicholas Tucci) hatte davon genug, verließ sie, um sich in Zukunft allein um die gemeinsamen Kinder Donna (Page Ruth) und Michael (Keaton Tetlow) zu kümmern. Wenn es nach ihm ginge, gäbe es auch keinen Kontakt mehr zwischen seiner Ex und den Kindern. Er selbst hat die Geschichte abgeschlossen, Coral (Camilla Rutherford) ist die neue Frau an seiner Seite. Seine Kinder sind wenig davon begeistert. Während Coral jedoch offen dagegen rebelliert und sich in Partys stürzt, wächst in Michael die Angst vor der Frau, die sich in ihrem Leben breit macht …
Der Schrecken der Familie
Natürlich gibt es unzählige Horrorfilme, bei denen die Bedrohung übernatürlichen Ursprungs sind, seien es Vampire, Dämonen oder andere Monster. Oft wird das Genre aber auch genutzt, um das Zwischenmenschliche zu betonen und das Verhältnis zwischen mehreren Leuten zu beleuchten. Gerade familiäre Beziehungen bieten sich für so etwas an. Relic – Dunkles Vermächtnis etwa kombinierte klassischen Haunted House Horror mit einem Familienporträt, genauer drei Generationen von Frauen einer Familie. Ganz so komplex wird es in Mother – Jede Familie hat ihre Dämonen zwar nicht. Aber auch hier steht eine Familie im Mittelpunkt und es werden die unheimlichen Elemente genutzt, um etwas über die Menschen und ihre Gefühle zu sagen, anstatt „nur“ irgendwelche Kreaturen von der Leine zu lassen.
Das Szenario um Kinder, die mit einem neuen Stiefelternteil hadern, ist natürlich ein Klassiker. Das Motiv der bösen Schwiegermutter ist nicht zuletzt durch die bekannten Märchen bestens etabliert. Bei Mother – Jede Familie hat ihre Dämonen hat man das Gefühl, dass sich Regisseur und Co-Autor Ben Charles Edwards auch sehr genau umgeschaut hat, was andere bereits erzählt haben. Tatsächlich wirkt sein Film wie eine Mischung aus zwei Werken des österreichischen Regie-Duos Veronika Franz und Severin Fiala. Wie in The Lodge gibt es zwei Kinder, die mit der neuen Frau an der Seite ihres Vaters hadern. Die eigenartige Schönheitsmaske, die Coral immer wieder trägt, erinnert hingegen sehr an Ich seh, ich seh, der Durchbruch des Duos.
Atmosphärisch, aber wenig spannend
Prinzipiell gelingt es Edwards auch gut, das Gefühl der Entfremdung spürbar zu machen, welches gerade Michael empfindet. Wenn die eigene Mutter nicht mehr Teil des Lebens ist, sondern eine andere Frau, dann ist das nicht nur für junge Menschen eine schwierige Erfahrung. Wenn Coral die Maske tragend durch die Wohnung tanzt und dazu Lullaby von The Cure im Hintergrund läuft, beweist der britische Filmemacher, dass es gar nicht viel braucht, um eine unheimliche bis verstörende Atmosphäre zu erschaffen. Und dann wäre da noch die seltsame Nachbarin (Colleen Heidemann), die in Mother – Jede Familie hat ihre Dämonen immer wieder auftaucht und wie eine Hexe aus den Märchen wirkt. Nur dass sie nichts Böses anstellt.
Tatsächlich wird bei der Figur nie klar, welche Funktion sie in der Geschichte eigentlich haben soll. Das ist dann auch insgesamt das Problem des Films: Edwards, der bislang überwiegend Kurzfilme und Musikvideos gedreht hat, hat seine Probleme, ein wirkliches narratives Werk auf Spielfilmlänge zu schaffen. Vieles wird in Mother – Jede Familie hat ihre Dämonen nicht auserzählt oder hat keinen richtigen Zweck, ist einfach nur irgendwie da. Zudem wird das Horrorwerk nie so richtig spannend. Man verließ sich hier zu sehr darauf, einzelne Elemente zusammenzuführen und dass sich daraus etwas ergibt. Das ist schade, weil der familiäre Alptraum durchaus atmosphärisch ist und die Grundlage für einen sehenswerten Genrevertreter hätte sein können. So bleibt ein nur mäßiger Film zurück, bei dem alles nicht so richtig zusammenkommt.
OT: „Father of Flies“
Land: UK, USA
Jahr: 2021
Regie: Ben Charles Edwards
Drehbuch: Ben Charles Edwards, Nadia Doherty
Musik: Will Berger, Gus Collins, Benjamin Markham
Kamera: John Bretherton
Besetzung: Nicholas Tucci, Camilla Rutherford, Davi Santos, Sandra Andreis, Page Ruth, Keaton Tetlow, Colleen Heidemann
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