16 Jahre ist Jonas (Julias Gause) mittlerweile. Doch niemand weiß, wie viele Jahre es noch werden, leidet der Jugendliche schließlich an Duchenne-Muskeldystrophie. Schon jetzt ist er auf den Rollstuhl angewiesen, eine Heilung für die fortschreitende Krankheit ist nicht bekannt. Also ist er wütend. Wütend auf seine Mutter Alma (Anneke Kim Sarnau), die alles für ihn tun würde und ihn bei Dr. Marianne Wildenhahn (Sophie von Kessel) untergebracht hat. Wütend auf die Leute an seiner neuen Schule. Und auf die ganze Welt gleich mit. Außer Mariannes Tochter Emily (Lina Hüesker) vielleicht, die er an der besagten Schule kennenlernt und die eigene Probleme mit sich herumschleppt. So sind ihre Noten im Keller, was sie ihrer Mutter bislang erfolgreich verheimlicht hat. Sie hat einfach keine Lust mehr. Doch auch für sie wird sich durch diese Begegnung das Leben verändern …
Zwei junge Menschen in der Krise
Eine Zeit lang war es geradezu Mode, dass sich in Filmen schwerkranke junge Menschen ineinander verlieben. Die Art und Weise, wie Leid zum Zwecke der emotionalen Manipulation genutzt wurde, war zwar ein wenig fragwürdig. Aber der Erfolg gab ihnen recht. Dramen wie Das Schicksal ist ein mieser Verräter und Drei Schritte zu dir erfreuten sich größerer Beliebtheit. Mit Nach uns der Rest der Welt kommt nun einige Jahre später auch mal wieder eine deutsche Variante heraus, bei der es um die Gefühle eines schwer kranken Jugendlichen geht. Es wäre aber nicht ganz fair, die ARD-Produktion allein auf diesen Aspekt zu reduzieren, da sie doch auch andere Themen damit zu verbinden versucht.
Genauer erzählt Regisseurin und Drehbuchautorin Franziska Buch (Das Wunder von Kapstadt) von zwei jungen Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen in eine Sinnkrise gerutscht sind. Während das bei Jonas allein auf seine Krankheit zurückzuführen ist, die ihm ein Teilhaben am normalen Leben erschwert, ist die Situation von Emily stärker erklärungsbedürftig. Nach uns der Rest der Welt gibt keine explizite Begründung dafür, warum ihr auf einmal alles entgleitet. Aber das muss nicht zwangsläufig ein Manko sein. In der Welt da draußen ist es auch nicht so, dass für alles feinsäuberlich eine Erklärung da ist. Manchmal will das einfach alles nicht so klappen, wie man es gern hätte. Krisen können schon mal aus dem Nichts kommen.
Viel Stoff für einen Film
Und noch ein anderer Punkt unterscheidet den Film von den vielen anderen thematisch ähnlich gelagerten. So bezieht Buch stärker die jeweiligen Familien mit ein. Genauer sind es die jeweiligen Mütter der beiden Hauptfiguren, die in Nach uns der Rest der Welt stärker beleuchtet werden. Wie geht Alma damit um, einen kranken Sohn zu haben, der früher oder später sterben wird? Was macht es mit Marianne, wenn sie sich so viel um andere kümmern muss, dass sie ihr eigenes Familienleben nicht mehr im Blick hat? Und als wäre das nicht schon Stoff genug, behandelt ein Nebenaspekt die Frage, wie Menschen mit besonderen Anforderungen in den Alltag integriert werden können. So sind Jonas, aber auch andere, in der Schule unterwegs, wo eine Integrationsbeauftragte für ein besseres Miteinander sorgen soll.
Aber wie das so ist, wenn ganz viele Themen auf einmal bearbeitet werden sollen: Die Zeit reicht nicht aus, zumindest wenn man sich an das anderthalb-Stunden-Format von Fernsehfilmen halten muss. Grundsätzlich gelingt es Buch zwar schon, das alles so zusammenzuführen, dass es nicht allzu konstruiert wirkt. Notgedrungen bleibt einiges aber an der Oberfläche oder hangelt sich an stark an wiedererkennbaren Konventionen entlang. Überraschungen? Die gibt es hier nicht, man hat überwiegend das Gefühl, den Film schon einmal gesehen zu haben. Aber die Umsetzung passt größtenteils. Nach uns der Rest der Welt, das auf dem Filmfest München 2023 Premiere feierte, ist ein solides Drama irgendwo zwischen Coming of Age, Romanze und Familienporträt, das einen mal nicht auf Schritt und Tritt plump manipulieren möchte.
OT: „Nach uns der Rest der Welt“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Franziska Buch
Drehbuch: Franziska Buch
Musik: Martina Eisenreich
Kamera: Konstantin Kröning
Besetzung: Julius Gause, Lina Hüesker, Anneke Kim Sarnau, Sophie von Kessel, Luna Jordan, Anton Petzold, Juls Serger, Henriette Schmidt, Robert Dölle, Florian Stetter
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