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Nackt über Berlin

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„Nackt über Berlin“ // Deutschland-Start: 12. Oktober 2023 (arte) // 13. Oktober (Das Erste)

Inhalt / Kritik

Richtig viel haben Jannik Schade (Lorenzo Germeno) und Tai Nguyen (Anh Khoa Tran) nicht gemeinsam. Eines aber schon: An der Schule sind sie absolute Außenseiter. Während Jannik wegen seiner erhöhten Körperfülle und der geringen Männlichkeit verspottet wird, ist Tai aufgrund seiner vietnamesischen Herkunft eine beliebte Zielscheibe. Ihr Leben verändert sich vom einen Tag zum nächsten, als sie ihren Schul-Direktor Jens Lamprecht (Thorsten Merten) sturzbetrunken auf einer Parkbank finden. Einer spontanen Eingebung folgend bringen sie ihn seine Wohnung und sperren ihn dort ein, während sie ihn von der leerstehenden Nachbarwohnung aus überwachen. Dabei ahnen sie nicht, was sie mit ihrer Kurzschlusshandlung alles anrichten werden …

Jenseits aller Grenzen

Es ist schon beeindruckend, auf wie vielen künstlerischen Hochzeiten Axel Ranisch so tanzt. Dann und wann steht er vor der Kamera, oft dahinter – zuletzt etwa bei der originellen Kino-Oper Orphea in Love. Aber auch im Theater ist er tätig oder macht Radio. Insofern verwunderte es nicht wirklich, als er 2018 auch noch seinen Roman Nackt über Berlin veröffentlichte. Während die Welt noch grübelte, welches Metier sich das Multitalent wohl als nächstes aussuchen würde, machte das Buch seine Runden. So wurde es zunächst für die Bühne adaptiert. Jetzt folgt die Fernsehserie: Einige Monate nach der Premiere auf dem Filmfest München 2023 steht die Ausstrahlung auf arte und in der ARD an. Denn irgendwie sind Grenzen nicht so das Ding von Ranisch, bei ihm ist alles möglich.

Das zeigt sich auch bei dem Genre der Serie. So ganz lässt sich das hier nämlich nicht einordnen. Einen Mann zu entführen, einzusperren, mit dem vagen Ziel einer Folter klingt eigentlich nach Thriller, wenn nicht gar Horror. Gleichzeitig ist von Anfang an der Ton humorvoll. Ranisch, der hier auch Regie führte und mit Sönke Andresen die Drehbücher schrieb, hat eine Vorliebe für skurrile Figuren. Genauso spricht er aber auch reihenweise ernster Themen an, wenn Nackt über Berlin von kaputten Familien, Mobbing und einem Todesfall erzählt. Und dann wäre da ja noch die Liebe: Jannik muss sich mit seinen homosexuellen Gefühlen auseinandersetzen, während er erste romantische Trippelschritte hinter sich bringt. Musik gibt es natürlich auch, ein typischer Ranisch also.

Zwischen schräg und alltäglich

Das klingt überfrachtet. Auf gewisse Weise ist es das auch, wenn hier wirklich alles Mögliche geschehen kann. Aber das Chaos ist kein reiner Selbstzweck. Vielmehr wird bald klar, wie viel Ranisch tatsächlich zu erzählen hat. Das zeigt sich gerade auch bei Lamprecht. Während dieser in seiner hochtechnologischen Wohnung sitzt, denkt der fieberhaft darüber nach, wer ihm das angetan haben könnte. Und so erfahren wir in einer Reihe von Flashbacks mehr über sein privates wie berufliches Leben. Auch wenn die Geschichte um die Entführung des Direktors durch die beiden Jungs den Rahmen bildet, ist Nackt über Berlin vielmehr eine Art multiperspektivische Kurzgeschichtensammlung. Klar ist man auch neugierig, wie diese Ausnahmesituation wohl aufgelöst wird. Wem es jedoch allein darauf ankommt, wie dieser Teil weitergeht, könnte durch die ständigen Sprünge und Rückblicke verblüfft bis genervt sein. Es dauert schon immer mal wieder eine Weile, bis es weitergeht.

Und doch sind die vielen Nebengeschichten kein reines Füllmaterial. Vielmehr versteht es Ranisch, ein ganzes Füllhorn spannender Geschichten und Figuren mit dem Publikum zu teilen. Positiv fällt dabei auch auf, dass die Charaktere deutlich vielschichtiger sind, als man es aus deutschen Serien gewohnt ist. Zusammen mit einigen inszenatorischen Auffälligkeiten ist Nackt über Berlin daher ein schöner und zutiefst menschlicher Einblick in den Mikrokosmos der beiden Hauptfiguren, getragen von einem spielfreudigen Ensemble. Die Mischung aus ungewöhnlichen und alltäglichen Elementen funktioniert: Obwohl vieles hier richtig schräg ist, gibt es doch genügend Möglichkeiten, sich selbst in dem Chaos wiederzufinden.

Credits

OT: „Nackt über Berlin“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Axel Ranisch
Drehbuch: Axel Ranisch, Sönke Andresen
Vorlage: Axel Ranisch
Musik: Martina Eisenreich
Kamera: Dennis Pauls
Besetzung: Lorenzo Germeno, Anh Khoa Tran, Thorsten Merten, Christina Große, Devid Striesow, Alwara Höfels

Bilder

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Nackt über Berlin
fazit
Basierend auf seinem gleichnamigen Roman erzählt Axel Ranisch in „Nackt über Berlin“ von zwei Schülern, die den Direktor in seiner Wohnung einsperren und überwachen. Das klingt nach Thriller, ist aber vielmehr ein tragikomischer Mix mit zahlreichen kleineren Geschichten, die gleichermaßen schräg wie alltäglich sind.
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