Rapunzels Fluch
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Rapunzels Fluch – Sie will Rache

Rapunzels Fluch
„Rapunzels Fluch“ // Deutschland-Start: 7. August 2020 (DVD / Blu-ray)

Inhalt/Kritik

Drehbuchautorin Alina Grimm (Tabea Georgiamo) und Regisseur Thomas Eilert (Michael von der Brelie) möchten ihren Abschlussfilm Schloss des Schreckens drehen. Als Location haben sie sich ein Schloss ausgesucht, zu dem Alina eine gewisse Beziehung hat: Vor Jahrhunderten hat einer ihrer Vorfahren, Pater Petrosinus (Urs Remond), hier einen vom Vatikan nicht genehmigten Exorzismus an Rapunzel (Olivia Dean) durchgeführt. Dabei sind allerdings seine beiden Helfer sowie das Opfer selbst verstorben. Als die jungen Filmemacher eines Nachts mit Kameramann David (Regisseur David Brückner) eine Ortsbesichtigung machen, scheint der Dämon von damals auf sie aufmerksam zu werden …

Eine wenig märchenhafte Mogelpackung

Der Titel Rapunzels Fluch gibt ein Versprechen, welches mit dem Nachnamen der Protagonistin noch bekräftigt wird. Der Film hat aber weder etwas mit Rapunzel noch mit sonstigen Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm zu tun. Der Name beziehungsweise die damit einhergehenden Assoziationen sind wohl einfach nur aus Marketinggründen auf den Film geklatscht worden. Ob Die Wunderwelt der Gebrüder Grimm von 1962, Kohlrabenschwarz oder The Changeling jeweils von 2023, die Mitbegründer der Germanistik sowie ihre gesammelten KHM bieten reichlich Stoff für Filmemacher. Da muss man sich nicht einfach so ranwanzen (und im Abspann noch das entsprechende Märchen als Vorlage nennen), ohne dann dementsprechend abzuliefern.

Der Einstieg von Rapunzels Fluch vermittelt immerhin den Eindruck, dass der Film diese Blenderei nicht nötig hätte. Die ersten neun Minuten spielen in der fernen Vergangenheit und wir werden Zeuge eines Exorzismusses. Daran lässt sich zwar auch einiges kritisieren, aber es ist insgesamt doch recht solide. Dass hier nicht nur Der Exorzist Pate stand, ist evident. Das ist an sich kein Problem, erst vor wenigen Monaten zeigte The Pope’s Exorcist wieder auf, dass der Exorzismus-Horror ein valides Subgenre darstellt. Während die Farbkorrektur etwas zu indiemäßig ist, offenbaren sich bereits hier erste Drehbuchschwächen. So schärft beispielsweise der Pater seinen Helfern vor dem Exorzismus wiederholt ein, genau das zu tun, was er ihnen sagt – nur um ihnen während des Exorzismusses dann überhaupt nichts zu sagen.

Langweilige Gegenwart

Danach springt Rapunzels Fluch in die Gegenwart und verabschiedet sich eine ganze Weile lang vom Horrorgenre. Stattdessen wird dem Zuschauer langweilige Kost kredenzt. Der bemühte Versuch, die Schwierigkeiten der (intradiegetischen) Independentfilmproduktion zu zeigen, scheitert kläglich dank liederlichem Humor, basaler Kameraführung, unsauberem Ton und unzureichendem Schauspiel. Statt einen natürlichen Fluss im Dialog zu haben, wirkt beinahe jeder Umschnitt wie der Beginn einer neuen Szene. Stellenweise scheinen sogar einfach Outtakes verwendet worden zu sein, die aber auch missglückte Improvisationsmomente sein könnten.

Die meisten dieser Probleme hat Rapunzels Fluch bei Außenaufnahmen. Sobald die Handlung sich innen abspielt, in leichter kontrollierbaren Umgebungen also, ist der Film abgesehen von jenen Aspekten, die sich aufs Drehbuch zurückführen lassen, meist deutlich besser – wenn auch nicht gut. Natürlich kann er auch innen mit solchen Problemen zu kämpfen haben, gerade zu Beginn der Moderne, nach etwa zehn Minuten etwa, wenn Alina und Thomas sich das erste Mal unterhalten. Das Ganze wirkt wie das Anschauungsmaterial eines Volkshochschulkurses namens „Einführung in die Gesprächsauflösung“, das sich rein auf die simpelsten Kameraeinstellungen und Schnitttechniken fokussiert, und für welches Schauspiel und Drehbuch bestenfalls nebensächlich sind. Inhaltlich ist das hier alles schon ziemlich hingeschludert. Thomas geht Bewerbungen für die weibliche Hauptrolle durch, als Alina ihm erzählt, sie habe die Einstiegsszene für Schloss des Schreckens bereits geschrieben (das scheint immerhin nicht zufällig nach der Einstiegsszene von Rapunzels Fluch platziert worden zu sein). Als normaler Regisseur hätte sich Thomas da fragen können: „Moment Mal, wieso kümmere ich mich um die Besetzung, wenn noch nicht einmal die erste Fassung des Skripts existiert?“ Stattdessen ist er aber erstaunt und beeindruckt, dass Alina bereits angefangen hat zu schreiben.

Tolles Schloss

Die Kameraführung in Rapunzels Fluch kam bisher vielleicht nicht allzu gut davon, doch es gibt definitiv auch Einstellungen, die für sich genommen gelungen sind. Allen voran die Drohnenshots, hier besonders die Flüge über und um das Schloss, welches eine hervorragende Location abgibt. Das Lob muss allerdings gleich wieder eingeschränkt werden, denn mit einem narrativen Film haben sie wenig zu tun. So etwas gehört in Imagefilme, und fraglos sieht das hier auch nach einem guten Werbeclip für das altehrwürdige Gebäude aus. Es zieht Rapunzels Fluch wie einiges anderes nur eben unnötig in die Länge. Mit einer Laufzeit von 83 Minuten bewegt er sich eigentlich im Idealbereich für Independentproduktionen, das dem schludrig geschriebenen Drehbuch geschuldete Pacing zeigt jedoch auf, dass Richtwerte allein wenig aussagen.

Nach etwas über 60 Minuten ist der Punkt erreicht, als es wenigstens den Hauch einer Anspielung auf Rapunzel aus dem Märchen gibt. Diese ist aber sehr forciert und intradiegetisch sinnlos. Die Stelle markiert auch den Moment, in welchem der Rezensent merkte, dass er sich bisher schon eingehender mit dem Skript auseinander gesetzt hat als die Filmemacher selbst. Es über die bisherigen Beispiele hinaus weiter zu sezieren scheint daher kaum angebracht.

Nur vereinzelt gelungen

Da der Rezensent sich in der Vergangenheit immer wieder über die laxen Bewertungskriterien der FSK ausgelassen hat (siehe etwa Kannawoniwasein!), soll hier auch einmal ein Fall der unangebrachten Strenge moniert werden. Wie bei fast allen deutschen Independenthorrorfilmen gibt’s natürlich auch in Rapunzels Fluch unnötigerweise nackte Haut (siehe Ach du Scheiße!), jedoch in dieser Hinsicht nichts, was nicht bereits ab 16 Jahren freigegeben werden könnte. Auch die bemühten Jumpscares oder sonstigen Horrormomente können nur leidlich als Argumentationsgrundlage für die erteilte FSK18 herangezogen werden.

Zum Schluss noch ein wenig Lob, das zwar nicht viel wettmacht, aber auch nicht unerwähnt bleiben soll: Spezialeffekte und Makeup sind gelungen, einige Schauspieler (vor allem Tabea Georgiamo und Urs Remond) haben wahrscheinlich das Potenzial, in großen Produktionen mitzuspielen, und die Musik war eigentlich auch ganz ordentlich.

Credits

OT: „Rapunzels Fluch“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: David Brückner
Drehbuch: Mario von Czapiewski
Musik: Florian Linckus
Kamera: Costel Argesanu
Besetzung: Tabea Georgiamo, Michael von der Brelie, Davis Schulz, Sophie Swan, Olivia Dean, Hartmut Engel, David Brückner, Urs Remond, Philipp Betz, Karsten Rybrandt, Jacob F. Schmiedel, Michael Krug

Bilder

Trailer

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Rapunzels Fluch – Sie will Rache
Fazit
Einige solide Performances in "Rapunzels Fluch" entschädigen kaum für das schludrig geschriebene Drehbuch. Unsinnige Dialoge, langsames Pacing und unnötige Drohnenaufnahmen zeugen von einem klassischen deutschen Independenthorrorfilm von der Stange.
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