Diese Woche dürfen sich Tierfreunde und Tierfreundinnen im Kino gleich über doppelten Nachwuchs freuen, zumindest wenn sie sich für Dokumentarfilme erwärmen können. So stellt uns Menschen & Tiere eine Reihe von Menschen vor, die sich für einen würdevolleren Umgang von Menschen mit Tieren einsetzen, sei es als Metzger, auf dem Lebenshof oder als Hundecoach. Bei Schafstage wird das zwar nicht auf eine vergleichbare Weise thematisiert. Aber es wird vorgelebt, wenn wir hier mit einem Schafhalter unterwegs sind, der nach 30 Jahren kontinuierlicher Arbeit noch ein letztes Mal mit seinen geliebten Tieren den Weg in die Berge antritt, wo diese den Sommer verbringen.
Aus Liebe zu den Schafen
Dabei war das alles nur Zufall. Ursprünglich war Beppi Hornsteiner gelernter Metzger, meldete sich aber auf eine Zeitungsanzeige der Weidegenossenschaft, um mal etwas anderes zu machen. Was nur als Abwechslung gedacht war, wurde aber zu einer Berufung. Er ist die Hauptfigur in dem Dokumentarfilm. Das Regie-Duo Klaus-Peter Hütt und Walter Steffen (Alpgeister) spricht aber auch mit einer Reihe weiterer Menschen. Da ist Hornsteiners Sohn Florian, der gerade eine Ausbildung zum Physiotherapeuten macht, dessen Herz aber ebenfalls für die flauschigen Tiere schlägt. Große Teile seiner Kindheit verbrachte er dort. Und auch jetzt ist das für ihn eine zweite Heimat. Neben den beiden sind noch einige Männer unter den Gesprächspartnern, darunter Mitglieder vom Verein der Mittenwalder Bergschafzüchter. Dass keine einzige Frau dabei ist, ist auffällig, wird aber nicht thematisiert.
Um Menschen geht es aber eh nur am Rande. Zwar werden auch persönliche Geschichten geteilt. Der Film handelt dann aber doch mehr von dem Beruf und was dieser bedeutet. Man hat an den Stellen ein wenig das Gefühl, aus der Zeit gefallen zu sein. Ein Verweis auf eine sich verändernde Tierlandschaft, in der Bären und Wölfe zu Gefahren für Schafe werden können, symbolisieren eine Veränderung. Ansonsten verweist in Schafstage wenig darauf, dass wir uns im Jahr 2022 befinden. Aber das macht auch den Charme des Dokumentarfilms aus. Hier werden Traditionen gepflegt und gelebt, die Arbeit mit den Tieren wird zu einem sinnstiftenden Element für die Männer. Sie haben Verantwortung für die Lebewesen und fühlen sich der Natur näher.
Nah an der Natur
Schöne Aufnahmen gibt es dabei natürlich auch. Wenn wir mit den Männern in den Bergen unterwegs sind, ist das mit einigen idyllischen Bildern verbunden. Dazu gibt es Schafe, viele, viele Schafe. Das hätte schnell kitschig oder verklärend werden können, Dokumentarfilme rund um Natur oder Tiere neigen dazu. Schafstage ist da aber angenehm nüchtern und zurückhaltend. Es ist auch nicht so, als würden die Befragten die Arbeit durchgängig verherrlichen. Sie lieben diese, zweifelsfrei, da geht es um mehr als Zeitvertreib oder Geldverdienen. Auch für die Menschen drumherum, etwa den Tierarzt gilt das, der mit viel Leidenschaft bei der Sache ist. Aber sie sprechen eben auch von Herausforderungen und Schwierigkeiten, das ist kein reiner Imagefilm zum Wohlfühlen.
Ein bisschen Geduld braucht es schon, um das Ergebnis ganz anzuschauen. Die Laufzeit ist zwar kurz, liegt bei gerade einmal 80 Minuten. Aber der Dokumentarfilm ist sehr ruhig erzählt und zwangsläufig nicht übermäßig abwechslungsreich. Neben Szenen in den Bergen gibt es regelmäßig Interviewsituationen in einer alten Scheune. Das passt natürlich von der Stimmung her, ist auf Dauer aber nicht sehr spannend. Da gab man sich schon genügsam. Wen das nicht stört und das notwendige Interesse für das Thema mitbringt, kann in Schafstage schon eine ganz eigene kleine Welt kennenlernen, in der man sich für die Dauer eines Films verlieren kann.
OT: „Schafstage“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Klaus-Peter Hütt, Walter Steffen
Musik: Wolfgang Obrecht
Kamera: Klaus-Peter Hütt
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