Als Prinz ist Shuna dazu bestimmt, eines Tages das Königsreich seines Vaters zu übernehmen. Dabei weiß niemand, wie lange es dieses wohl noch geben wird. Seit Längerem ist dieses völlig verarmt. Vor allem aber die schwierige Versorgung mit Nahrung macht ihnen Sorge: Die kargen Böden werfen wenig ab, nur mit Mühe und Not können sie darauf Getreide anbauen. Als Shuna von einem Reisenden erfährt, dass es in einem weit entfernten Land im Westen eine Getreidesorte geben soll, mit der all ihre Probleme gelöst werden, macht er sich gemeinsam mit seinem treuen Tier Jakkul auf den Weg. Dabei ist die Reise nicht nur lang und beschwerlich, sondern auch mit zahlreichen Gefahren verbunden. Schließlich trifft er unterwegs noch andere Völker, die um ihr Überleben kämpfen – und dabei auch schon mal über Leichen gehen …
Frühwerk von Hayao Miyazaki
2023 ist ein wunderbares Jahr für Fans von Hayao Miyazaki. Nicht nur dass der Studio Ghibli Altmeister des Animes seinen lang erwarteten neuen Film Der Junge und der Reiher fertiggestellt hat. Es kommen zudem mehrere ältere Werke von ihm erstmal nach Deutschland. Da ist einerseits seine Serie Future Boy Conan aus dem Jahr 1978, bei dem er von einem Junge in einer postapokalyptischen Welt erzählte, der zusammen mit einem Mädchen ein großes Abenteuer erlebt. Hinzu kommt mit Shunas Reise ein früher Manga von ihm. In der Hinsicht gibt es viel Nachholbedarf. Abgesehen von Nausicaä und das Tal der Winde, welches auch die Vorlage für seinen gleichnamigen Film wurde, ist noch immer nichts erschienen. Umso schöner ist, dass zum Jubiläum doch noch Shuna bei uns auftaucht: 40 Jahre haben wir hierzulande warten müssen, bis das Werk seinen Weg zu uns gefunden hat.
Der Manga ist dabei unverkennbar eine Arbeit von Miyazaki. So sind die Designs sehr typisch, auf den ersten Blick erkennt man, dass dies seine Bilder sind. Aber auch inhaltlich finden sich zahlreiche Parallelen. Da gibt es pazifistische Grundaufsage, gekoppelt mit der Faszination für eine große Welt. Zu Beginn ist diese noch ziemlich realistisch gehalten. Von Jakkul einmal abgesehen, das an einen Hirsch erinnert, ist das nichts, was auf eine Fantasy-Welt schließen lässt. Auch im Mittelteil, wenn es in Shunas Reise unter anderem um das Thema Menschenhandel geht, ist die Geschichte nah an unserer Realität. Erst im letzten Drittel, wenn Shuna das lang gesuchte fremde Land entdeckt und damit die dort lebenden Wesen, wird es sehr fantastisch. Es hat auch etwas Surreales an sich, die Ereignisse verweigern jeglicher Naturgesetze und gleichen mehr einem Traum.
Märchen mit tibetanischen Wurzeln
Miyazaki schildert dieses Abenteuer in erster Linie durch großflächige Bilder. Die Texte sind eher sparsam und zudem anders angeordnet, als man erwarten könnte. So gibt es hier nur selten Sprechblasen, viele Dialoge sind in Form von kleinen Bildunterschriften wiedergegeben. Dort sind auch die allgemeinen Beschreibungen untergebracht, mit denen erläutert wird, was sich gerade genau abspielt. Und das ist einiges. Im Laufe des 160 Seiten umfassenden Bandes trifft Shuna eine Vielzahl von Leuten. Manche unterstützen ihn, andere werden zu Feinden. Am Ende sind einige Jahre vergangen, das hat also schon epischere Ausmaße. Shunas Reise ist dabei eher an ein erwachsenes Publikum gerichtet. Ähnlich zu Prinzessin Mononoke kann es hier schon mal brutaler werden, Tod und Verstümmelung sind Teil des Geschehens.
Verbunden wird dies aber mit einer märchenhaften Anmutung. Aus gutem Grund: Als Inspiration diente das tibetanische Volksmärchen Der Prinz, der sich in einen Hund verwandelte. Dieses hinterließ auch optisch Spuren. Wo seine Filme abwechselnd japanische und europäische Einflüsse haben, da ist Shunas Reise etwas ganz Eigenes. Auch deshalb lohnt sich ein Blick auf den Manga, da er trotz der diversen bekannten Elemente unterschiedlich genug ist, um mehr zu sein als ein vergessenes Nebenprodukt. Bleibt nur zu hoffen, dass auch möglichst viele auf die Veröffentlichung aufmerksam werden und zugreifen. Schließlich sind da noch diverse andere Mangas von Miyazaki, die seit Jahrzehnten auf eine Übersetzung warten.
OT: „Shuna no Tabi“
Land: Japan
Jahr: 1983
Text: Hayao Miyazaki
Zeichnungen: Hayao Miyazaki
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