Seinen College-Abschluss hat Jay Bahadur (Evan Peters) in der Tasche. Nur das mit der Arbeit will irgendwie nicht klappen: So oft er sich auch bewirbt, der Traum, als Journalist groß durchzustarten, bleibt ohne Erfolg. Während er Monate später noch immer bei seinen Eltern lebt, überlegt er fieberhaft, wie er vorankommen soll. Seinen ursprünglichen Plan, noch einmal an die Universität zu gehen und dort weiter Journalismus zu studieren, begräbt er, als ihm der Schriftsteller Seymour Tolbin (Al Pacino) rät, raus in die Welt zu gehen und die Geschichten vor Ort zu suchen. Dies tut er dann auch, seine Wahl fällt auf Somalia, wo er über Piraten schreiben möchte. Tatsächlich gelingt es ihm, auch dank seines Übersetzers Abdi (Barkhad Abdi), diesen nahezukommen. Doch dies bedeutet auch eine große Gefahr für den jungen Kanadier …
Annäherung an reale Piraten
Die Welt staunte nicht schlecht, als im April 2009 das US-amerikanische Frachtschiff Maersk Alabama von somalischen Piraten gekapert wurde. Die meisten dürften damals gedacht haben, dass es so etwas wie Piraterie gar nicht mehr gibt. Aber das war ein Irrtum, sie hat sich nur verändert und verlagert. Bekannt wurde der Vorfall später auch durch die Verfilmung Captain Phillips (2013), die an den Kinokassen einschlug und mehrere Oscar-Nominierungen erhielt. Weniger bekannt ist das vier Jahre später veröffentlichte Drama The Pirates of Somalia. Dieses behandelte zwar nicht die Kaperung an sich, sondern spielt in der Zeit davor. Es gibt aber so viele Anknüpfungspunkte, dass der Film durchaus als Gegenstück interessant ist.
Eine dieser Gemeinsamkeiten ist Schauspieler Barkhad Abdi. In Captain Phillips spielte dieser einen der Piraten und wurde damit schlagartig berühmt. Auch bei The Pirates of Somalia hat er eine Hauptrolle, dieses Mal jedoch als Übersetzer, der zwischen den Piraten und dem Kanadier vermitteln soll. Das passt gut zu dem Tenor der Geschichte, bei der es maßgeblich auch um eine kulturelle Begegnung geht. Wenn Abdi anfangs sagt, die Piraten sollen nicht als Piraten bezeichnet werden, erscheint einem das schon ziemlich absurd. Dass ständig mit Waffen herumgefuchtelt wird und Drogen fester Bestandteil der Verhandlungskultur sind, hilft auch nicht unbedingt dabei, von dem negativen Bild abzurücken. Und doch versucht der Protagonist, mehr zu erfahren und hinter die Kulissen zu blicken. Aus dem afrikanischen Land mehr zu machen als eine Ansammlung von Verbrechern.
Die Geschichte eines Wandels
Damit stieß der Journalist Jay Bahadur, ausgelöst durch die besagte Kaperung, auf großes Interesse. Er schrieb für mehrere große Zeitungen, sein Sachbuch The Pirates of Somalia: Inside Their Hidden World wurde 2011 zu einem Verkaufsschlager. Ganz so in die Tiefe geht der Film dabei natürlich nicht. Obwohl die Laufzeit mit knapp zwei Stunden schon recht ordentlich ist, ist es nicht genug, um wirklich viel über die Menschen zu sagen. Es bleibt bei ein paar kurzen Einblicken und am Ende bei einem mit Pathos angefüllten Monolog, wenn sich Bahadur für ein Miteinander ausspricht. Man sollte sich den Film also nicht anschauen in der Erwartung, dass man im Anschluss wirklich viel über die Kultur und die Leute gelernt hat. Der Fokus liegt immer auf dem Journalisten, die Geschichte ist seine Geschichte.
Aber es ist doch ganz interessant, ihm bei diesen Annäherungsversuchen Gesellschaft zu leisten. Die mehrmonatigen Versuche gehen nicht nur mit einer starken optischen Veränderung einher: Der unter anderem für die Mörder-Biografie Dahmer – Monster: Die Geschichte von Jeffrey Dahmer bekannte Schauspieler Evan Peters ist durch seinen stetig wachsenden Zottelbart irgendwann kaum noch wiederzuerkennen. Auch im Hinblick auf seine Persönlichkeit gibt es spannende Veränderungen. Aus dem unbedarften, irgendwie weltfremden Träumer wird jemand, der mehr und mehr sein eigenes Leben riskiert und mit großer Hartnäckigkeit sein Ziel verfolgt. Das ist gut gespielt, weshalb man schon einen Blick auf dieses biografische Drama werfen kann. Allerdings ist der Weg schon etwas mühsam, nur sehr langsam kommt der Journalist voran. The Pirates of Somalia, das auf dem Tribeca Film Festival 2017 Premiere hatte, hört zudem auf, bevor es wirklich spannend wird.
OT: „The Pirates of Somalia“
Land: USA
Jahr: 2017
Regie: Bryan Buckley
Drehbuch: Bryan Buckley
Musik: Andrew Feltenstein, John Nau
Kamera: Scott Henriksen
Besetzung: Evan Peters, Barkhad Abdi, Melanie Griffith, Al Pacino
Tribeca Film Festival 2017
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