Als Manon (Louise Chevillotte) beginnt, in einem glamourösen Pariser Stripclub zu arbeiten, fehlen ihr die notwendigen Erfahrungen. Doch dessen Betreiber Pablo (Pedro Casablanc) gibt ihr eine Chance. Tatsächlich zeigt die junge Frau bald Talent bei ihren Auftritten. Sie freundet sich zudem mit den anderen Stripperinnen an, vor allem Mia (Zita Hanrot) wird zu einer engen Vertrauten. Aber dabei bleibt es nicht. So lässt sich neben dem Ausziehen sehr viel mehr Geld machen, wenn die Männer auch ein bisschen was zum Anfassen bekommen. Und noch etwas droht, das Leben von Manon auf den Kopf zu stellen: Nach und nach kommt sie Mia näher, die mehr ist als nur eine Freundin …
Eintritt in eine fremde Welt
Zwar hat es Lucie Borleteau als Schauspielerin auf eine ganze Reihe von Auftritten gebracht, immerhin 21 Titel zählt ihre Filmografie als Darstellende. Und doch wird man die Französin eher für ihre Arbeit als Regisseurin kennen. Als solche bewies sie Talent sowie Vielseitigkeit. So inszenierte sie das Drama Alice und das Meer (2014) über eine junge Mechanikerin an Bord eines Containerschiffs. Auch Dann schlaf auch du (2019), das von einem psychisch gestörten Kindermädchen erzählte, geht auf sie zurück. Mit Befreite Lust von 2022 liegt nun der dritte Langfilm vor, bei dem sie Regie führte und das Drehbuch schrieb. Erneut gibt es eine Protagonistin, die im Mittelpunkt steht. Aber der Film geht insgesamt in eine etwas andere Richtung.
Ein großer Unterschied: Wo die beiden obigen Werke in erster Linie die Geschichte der Hauptfigur erzählen, da ist Befreite Lust eher zweigeteilt. Zwar erfahren wir auch hier mehr über die Protagonistin. Doch Borleteau verbindet dies mit einer Art Milieuporträt, wenn es zwischenzeitlich ganz allgemein um die Frauen in den Stripclub geht und welche Erfahrungen sie so machen. Das erinnert ein wenig an ein weiteres französisches Drama, welches vor einigen Monaten in Deutschland herauskam. In La Maison – Haus der Lust spielte die Geschichte in einem Bordell, wo sich eine Autorin einquartierte, um aus ihren Erfahrungen ein Buch zu machen. Einen vergleichbaren Hintergedanken gibt es bei Manon nicht. Aber auch sie wird zur Identifikationsfigur, wenn das Publikum eine fremde Welt betritt.
Ambivalent und etwas nichtssagend
Grundsätzlich gibt es auch dabei eine gewisse Ambivalenz, wenn die Frauen sich aus finanziellen Gründen für Männer ausziehen. Es ist nicht leicht zu sagen, ob dies ein selbstbestimmter Akt ist oder ob sie ausgenutzt werden. Zumal auch die Erfahrungen zwiespältig sind. So bedeutet das aufreizende Tanzen auf der Bühne für die Frauen durchaus eine Möglichkeit der Selbstentfaltung, bei denen sie sich selbst näher kennenlernen können und neue Seiten an sich entdecken. Sie sind mit einer spielerischen Freude dabei. Aber sie machen in Befreite Lust auch schlechte Erfahrungen mit übergriffigen Männern. Wer sich zum Lustobjekt macht, muss davon ausgehen, tatsächlich für manche nicht mehr als ein Objekt zu sein. Die Grenzen verschwimmen da.
Dieses Spannungsfeld aus Subjekt und Objekt ist an und für sich nicht uninteressant. So richtig viel hat Borleteau dazu aber nicht zu sagen, neue Diskussionen oder Denkanstöße kommen aus dem Ganzen kaum heraus. Letztendlich langweilig ist zudem die sich anbahnende Romanze zwischen den zwei Frauen. Das soll auch irgendwie als Akt der Emanzipation durchgehen, ist dafür aber letztendlich zu plump. Insgesamt kommt Befreite Lust dann übers Mittelmaß auch nicht hinaus, was nach den letzten beiden Werken der Regisseurin etwas enttäuschend ist. Für einen Film, der in einem vermeintlich verruchten Umfeld spielt, ist das Ergebnis zu brav und zu sicher. Dann und wann ist das Erotikdrama ganz nett. Das war es aber auch schon.
OT: „À mon seul désir“
Land: Frankreich
Jahr: 2022
Regie: Lucie Borleteau
Drehbuch: Lucie Borleteau, Clara Bourreau
Musik: Pierre Desprats
Kamera: Alexis Kavyrchine
Besetzung: Zita Hanrot, Louise Chevillotte, Laure Giappiconi, Pedro Casablanc, Tokou Bogui, Sieme Miladi, Thimotée Robart, Sipan Mouradian, Melvil Poupaud
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