Reich ist Familie Chuang nicht. Nur mühsam kann sie sich über Wasser halten, indem sie Feuerholz hackt. Doch es gibt einen Lichtblick im Leben der Mutter: Jeden Tag und jede Nacht arbeitet sie an einem Teppich, ihr ganzes Herzblut steckt sie hinein. Umso größer ist der Schock, als ein Windstoß ihr kostbares Werk erfasst und in Richtung Berge weht, gerade als sie damit fertig geworden ist. Für die Söhne ist klar, dass sie den Teppich zurückholen müssen. Während die Mutter bettlägerig ist und ihrer Kräfte beraubt, macht sich Kam Tong, einer der Söhne, auf einem Tiger reitend auf den Weg. Aber es ist eine gefährliche Reise, bei der eine Rückkehr ungewiss ist …
Zeichentrick-Klassiker aus China
In den letzten Jahren hat die chinesische Animationsindustrie einen großen Sprung nach oben gemacht. Nachdem die CGI-Werke aus den 2010ern teilweise noch sehr billig und rückständig wirkten, haben Titel wie Deep Sea oder New Gods: Yang Jian bewiesen, dass das Reich der Mitte aufregende Bilderwelten erschaffen kann. Dabei vergisst man, dass das Land schon Mitte des 20. Jahrhunderts sehr produktiv war. Parallel zu Japan, wo die ersten Animes entstanden, erschienen unzählige chinesische Animationsfilme. Eine besondere Bedeutung hatte dabei das Shanghai Animation Film Studio. 1957 als unabhängige Abteilung des Kulturministeriums gegründet, produzierte es mehr als 500 Filme und griff dabei auf die unterschiedlichsten Techniken zurück, von Zeichentrick über Stop Motion bis zu Puppenfilmen.
Einer der frühesten Zeichentrickfilme ist Chuang Tapestry aus dem Jahr 1959. Dabei erzählt man ein klassisches Fantasyabenteuer, bei dem es um das Überwinden von Gefahren geht, aber auch die Propagierung traditioneller Werte geht. Dass die Söhne bereit sind, sich für einen Teppich der Mutter in Lebensgefahr zu stürzen, wird als heroisch beschrieben. Und natürlich muss eine solche Heldentat belohnt werden. Nachdem Kam Tong Ewigkeiten unterwegs war, trifft er auf eine hübsche junge Frau. Die ist zwar kein Mensch, sieht aber so aus, weswegen noch ein bisschen Romantik hineinkommt. Sie ist es auch, die den Abenteurer für seine Treue gegenüber der Mutter belohnt und dabei ihre magischen Fähigkeiten unter Beweis stellt.
Klassisches Märchen
Das ist inhaltlich alles recht dünn. Bei einer Zeichentrick-Produktion aus den 1950ern darf man keine komplexen Geschichten oder Charaktere erwarten. Vielmehr steht das hier in der Tradition klassischer Märchen, wo es um eine Mischung aus fantastischen Elementen und irdischen Wertvorstellungen geht. Hinzu kommt, dass der Film gerade mal 48 Minuten lang ist, also nur knapp an einem Kurzfilm vorbeischrammt. Sehenswert ist der Beitrag vom Chinesischen Filmfest München 2023 aber durchaus. Zum einen ist er recht stimmungsvoll und vermittelt eben die Atmosphäre eines großen Abenteuers, selbst wenn aufgrund der kurzen Laufzeit nicht viel geschieht. Und auch technisch kann sich Chuang Tapestry sehen lassen: Die Animationen sind recht flüssig, die Designs sind keine bloßen Kopien aus dem Westen. Gerade die fernöstlichen Elemente rechtfertigen eine Reise in die Vergangenheit.
OT: „Yi fu tong jin“
Land: China
Jahr: 1959
Regie: Jiajun Qian
Drehbuch: Ganniu Xiao
Musik: Ying-Ju Wu, Shuyun Miao
Animation: Shanghai Animation Film Studio
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