Es ist ein besonderer Tag im Leben von Mickey (Michael Pitt). Der Boxer hat endlich wieder einen Preiskampf an Land gezogen. Es wird der erste nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis sein. Kein Wunder also, dass vor allem sein Trainer (Ron Perlman) Großes erwartet. Doch keiner weiß – dieser Kampf könnte Mickeys letzter sein. Denn seit einem Unfall hat er ein Aneurysma im Hirn, das bei einem schweren Schlag auf den Kopf zu platzen droht. Also begibt sich der Boxer am Tag des Kampfes auf einen Streifzug durch die Stadt, um alte Freunde wieder zu treffen, Fehler wiedergutzumachen und Schulden zu begleichen. Doch vor allem begibt er sich auf eine Reise zu sich selbst.
Berühmtes Vorbild
Day of the Fight – das ist doch eigentlich der Name eines Dokumentar-Kurzfilmes von keinem geringerem als Regisseur Stanley Kubrick. Bevor dieser für Klassiker wie 2001: Odyssee im Weltraum oder Shining bekannte wurde, drehte er unter anderem drei Dokumentarfilme. Der erste dieser Filme begleitete den irischen Mittelgewichtsboxer Walter Cartier gemeinsam mit dessen Zwillingsbruder Vincent am Tag des Kampfes gegen Bobby James. Der Name ist also Programm. Wie Kubricks Regiedebüt, begleitet auch Jack Huston in seinem Regiedebüt, das exakt den gleichen Titel trägt, einen Boxer am Tag seines Kampfes. Während Kubrick jedoch dokumentarisch vor allem die individuellen Leistungen eines beeindruckenden Sportes beleuchtete, schreibt Huston eine bewegende Underdog-Geschichte mit tief humanistischen Zügen.
Es menschelt sehr
Jack Huston ist bisher eigentlich als Schauspieler auffällig geworden. Doch mit Day of the Fight legt er ein fulminantes und beeindruckendes Regiedebüt hin. Das liegt vor allem an der grundehrlichen und tief berührenden Geschichte rund um den Boxer Mickey. Denn drei Dinge werden recht schnell deutlich. Mickey ist krank, Mickey hat Fehler gemacht und Mickey hat Schuldgefühle. Ohne zu viel zu verraten – wie der Film und sein Hauptcharakter damit umgehen, ist zu jeder Zeit menschlich und tief ergreifend.
Denn Mickey sieht seine Fehler ein und versucht ein besserer Mensch zu werden. Das funktioniert mal gut, mal schlecht, mal sind die verursachten „Wunden“ einfach zu groß, um durch bloße Einsicht Mickeys wieder zu verheilen. Doch vor dem Hintergrund seiner Krankheit bekommt die offenbar selbst aufgelegte Aufgabe der Wiedergutmachung einen nahezu tragischen Unterbau. Wenn sich dann noch nach und nach das ganze Ausmaß von Mickeys Vergangenheit entfaltet, ist der Kloß im Hals vorprogrammiert. Die anderen Figuren rund um Mickey tun ihr übriges um eine tragisch-schöne und extrem menschliche Gesichte zu erzählen.
Die Augen eines Boxers
Vor allem die Dialoge treffen dabei oft den Nagel auf den Kopf. Mit seinem Vater und mit seiner Ex-Frau hat Mickey ergreifende Gespräche über Missverständnisse, Versäumnisse und gemachte Fehler. „Warum haben wir so nicht miteinander gesprochen, als es darauf ankam?“ Sätze, die so viel emotionale Tiefe vermitteln, dass sie wohl noch lange im Gedächtnis haften werden. Hinzu kommen großartige Schauspielleistungen. Über Joe Pesci und Ron Perlman muss man nicht viel sagen. Doch gerade Michael Pitt zieht mit einer ganz eigenen und unkonventionellen Spielart in den Bann. In seinen Augen spiegelt sich der ganze Schmerz wider, den der Boxer durchlebt hat – sei er seelisch oder physisch gewesen.
Und das, obwohl Day of the Fight fast ausschließlich in Schwarz und Weiß gedreht ist. Hustons Erklärung dazu ist eigentlich eine sehr pragmatische. Die Visualität verzeihe ein niedriges Budget sehr gut und helfe dabei, das New York der 80er Jahre authentisch darzustellen. Doch die Farbgebung hilft ebenfalls dabei, Mickeys Vergangenheitsbewältigung treffend darzustellen. Warum sollte er auch alles in Farbe sehen, wenn er doch eigentlich nicht viel zu lachen hat?
Day of the Fight ist bei der ganzen Tragik zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar. Zwar lässt sich ab und zu erahnen, in welche Richtung die Reise gehen soll, doch überraschend sind die meisten Momente trotzdem. Mickeys Weg zu sich selbst mündet dann in einem hoch emotionalen Finale, das zwar kitschig, im gleichen Moment aber bittersüß daherkommt.
OT: „Day of the Fight“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Jack Huston
Drehbuch: Jack Huston
Musik: Ben MacDiarmid
Kamera: Peter Simonite
Besetzung: Michael Pitt, Nicolette Robinson, John Magaro, Joe Pesci, Ron Perlman, Anatol Yusef, Steve Buscemi
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