Der Geschmack von grünem Tee über Reis

Der Geschmack von grünem Tee über Reis

Yasujiro Ozu Collection
„Der Geschmack von grünem Tee über Reis“ // Deutschland-Start: 24. Juli 2014 (DVD)

Inhalt / kritik

Nach außen hin wirkt die Ehe von Mokichi und Taeko Satake (Michiyo Kogure und Shin Saburi) harmonisch, doch schon seit einiger Zeit haben sich die beiden auseinander gelebt. Das merkt auch Taekos Nichte Setsuko (Keiko Tsushima) mehr als deutlich, bei einem Trip zu den heißen Quellen. Unter einem Vorwand verbringen sie, ihre Mutter und zwei Bekannte einen lockeren Abend in einem Hotel. Nachdem der Sake geflossen ist, machen sich die drei Ehefrauen über ihre Gatten lustig, allen voran Mockichi, die ihn mit einem dumm glotzenden Karpfen vergleicht. Unterdessen trifft sich Taeko mit Noboru (Koji Tsurata), einem Freund der Familie, und die Nacht endet für die beiden in einem Pachinko-Salon, wo Taeko auf einen Kameraden aus der Armeezeit trifft.

Bei einem Trip zu ihren Eltern wird Taeko mit der Aufgabe betraut, einen geeigneten Ehemann für Setsuko zu finden. Es dauert nicht lange und sie hat einen Kandidaten gefunden, jedoch will sich ihre Nichte dem Willen ihrer Tante nicht beugen, vor allem, wenn es auf eine Ehe hinausläuft, die nicht auf Liebe aufbaut und so endet wie die zwischen Taeko und Mokichi. Der Streit zwischen ihnen macht eine Konfrontation der Eheleute unausweichlich, die sich eingestehen müssen, wie weit sie emotional auseinander sind und ob sie sich wirklich noch lieben.

Eine Sache des Glücks

Nur ein Jahr bevor er mit Die Reise nach Tokio seinen wohl bekanntesten Film machen sollte, drehte Regisseur Yasujiro Ozu mit Der Geschmack von grünem Tee über Reis so etwas wie die Blaupause zu diesem Film vor. Vor kurzem erst restauriert kann man sich nun einen Eindruck von diesem interessanten Werk machen, in dem Ozu abermals eine Geschichte über einfache  Leute erzählt, deren Konflikte sich wie eine Bestandsaufnahme gesellschaftlicher Probleme lesen lassen, allen voran natürlich Rollenbilder aber auch zu Aspekten wie Konformismus. Zudem zeigt der 1952 entstandene Film ein Japan im Umbruch, in dem der Fortschritt willkommen geheißen wird und die Zukunft zu einer Sache des Glücks geworden ist, wie eben ein Spiel an einem Pachinko-Automaten.

Es sind wie immer die Kleinigkeiten, die verraten, wie es wirklich um die Beziehungen von Menschen bestellt ist. Mockichi, der auf dem Land aufgewachsen ist, liebt es, seine restliche Suppe auf dem Reise zu verteilen, was Taeko mit einem deutlichen Missfallen kommentiert, sodass er versucht, es in ihrer Gegenwart zu vermeiden, ebenso wie das Rauchen seiner Lieblingszigaretten. Taeko, die in der Stadt aufwuchs, sucht die Flucht zu einer Bekannten, der Besitzerin eines Modegeschäfts, welche sie darin ermutigt, sich von ihm mehr und mehr zu lösen und über die anderen Ehemänner fleißig mitlästert. Augenscheinlich mag dieser erzählerische Ansatz, den das Drehbuch Yasujiro Ozus und Kogo Nodas verfolgt, recht simpel sein. Jedoch spiegelt diese Art der Ehe ein Überbleibsel einer alten Zeit wider, bei der es, wie Setsuko klug bemerkt, eher um Pflicht und Ehre ging und weniger um die Gefühle, die man füreinander empfindet. Eigentlich kennen die beiden Eheleute sich nicht und wirken in den ersten Szenen auf den Zuschauer auch wie Fremde, wäre da nicht der für Ozu typische Blickwinkel der Kamera, die leichte Untersicht, die impliziert, dass es sich um Gattin und Gemahlin handelt.

Die einfachen Dinge

Indem Setsuko Freude findet an dem Pachinko-Spiel oder später an den Radrennen, weicht sie von dem Bild der Frau ab und bricht mit den an sie gerichteten Erwartungen. In der Distanz zu ihrem Mann sieht Taeko die eigentliche Emanzipation, sieht es aber zugleich als ihre Pflicht an, ihre Nichte ebenfalls in eine arrangierte Ehe zu schicken, wie es auch bei ihr und Mokichi der Fall war. Shin Saburi und Michiyo Kogure sind toll als Eheleute, die in ihren Rollen gefangen zu sein scheinen, in den Erwartungen, die man an sie hat und in einer Zeit, die von ihnen Konformität sehen möchte. Der Ausweg kann nur im Privaten stattfinden, denn eine Nicht-Entsprechung wäre ein öffentlicher Affront, den man sich nicht leisten kann, weshalb ein einfaches Essen wie grüner Tee über Reis ein Moment ist, in dem man sich eine Ehrlichkeit erlaubt, wie sie vorher nicht der Fall war. Danach verfolgt man wieder das Skript, was die Gesellschaft und die Mitmenschen einem vorleben.

Credits

OT: „Ochazuke no Aji“
Land: Japan
Jahr: 1952
Regie: Yasujiro Ozu
Drehbuch: Kogo Noda, Yasujio Ozu
Musik: Ichiro Saito
Kamera: Yuharu Atsuta
Besetzung: Shin Saburi, Michiyo Kogure, Koji Tsurata, Ryu Chishu, Chikage Awashima, Keiko Tsushima, Kuniko Miyake, Eijiro Yanagi

Trailer

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Der Geschmack von grünem Tee über Reis
fazit
„Der Geschmack von grünem Tee über Reis“ ist ein stilles Drama über Konformismus, Tradition und Rollenbilder. Yasujiro Ozu zeigt in der Geschichte von zwei Eheleuten, die sich auseinander gelebt haben, wie man wieder zueinander findet, ehrlich sein kann und ob es einen Ausweg gibt aus Beziehungsdefinitionen, die mehr aus Pflicht als aus Neigung bestehen.
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