Der große Zauber La grande magie
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Der große Zauber

Der große Zauber La grande magie
„Der große Zauber“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Frankreich in den 1920ern: Wie jeden Sommer ist das idyllisch am Meer gelegene Hotel gut besucht, zahlreiche Menschen nutzen die Gelegenheit, um sich einmal richtig zu entspannen. Zu den Gästen zählen dieses Jahr auch Charles (Denis Podalydès) und seine Frau Marta (Judith Chemla), die hier ihren Urlaub verbringen wollen. So richtig entspannend ist der Aufenthalt aber nicht. Immer wieder kriselt es bei dem Paar, was auch den anwesenden Damen aufgefallen ist, die Marta von ihrem despotischen Mann loszueisen versuchen. Richtig kompliziert wird es jedoch, als der Magier Albert (Sergi López) auftaucht und das Publikum mit seiner Show zu erfreuen versucht. Denn bei einem seiner Tricks verschwindet Marta – und bleibt auch verschwunden. Der zunehmend irritierte Charles fordert umgehend seine Frau zurück, ohne aber Erfolg zu haben. Stattdessen drückt ihm Albert eine kleine Kiste in die Hand. Die Verschwundene soll sich darin befinden. Doch Charles dürfe sie erst öffnen, wenn er völlig Vertrauen in Marta hat, sonst würde diese endgültig verschwinden …

Von Träumern und Scharlatanen

Als Schauspielerin ist Noémie Lvovsky eine schon lang etablierte Größe. In mehreren Dutzend Filmen und Serien hat die Französin mitgewirkt und ist dabei vor allem bei Nebenrollen sehr gefragt. Gleich sieben Mal war sie bislang bei den Césars als beste Nebendarstellerin im Rennen, zuletzt 2021 für Die perfekte Ehefrau. Dabei hat sie auch abseits der Kamera Karriere gemacht. Ihr größter Erfolg war dabei sicherlich die von ihr inszenierte Komödie Camille – Verliebt nochmal!, die sogar für 13 Césars im Rennen war – sie selbst war als Regisseurin, Autorin und Hauptdarstellerin dreimal nominiert. Ob Der große Zauber an diese alten Erfolge anschließen kann, bleibt abzuwarten. Sehenswert ist der neueste Film des Multitalents aber zweifelsfrei.

Dieses Mal begibt sich Lvovsky etwas mehr an den Seitenrand und überlässt zwei Kollegen das Rampenlicht. Im Mittelpunkt steht dabei der empörte Ehemann, der nicht mit der Situation klarkommt, dass seine Frau nicht mehr da ist. Die zweite Hauptfigur ist die des Magiers, der schon früh als Scharlatan entlarvt wird und immer wieder durch dreiste Ausreden auffällt. Gerade der gutgläubige Charles lässt sich irgendwann alles aufschwatzen, in der Hoffnung, dass dies seine Ehefrau zurückbringen könnte. Die anderen Figuren geraten dabei in Der große Zauber ein wenig in den Hintergrund. Lediglich die Geschichte um den gehbehinderten Ober (Paolo Mattei), der Gefühle für die ebenfalls zur Truppe gehörende Amélie (Rebecca Marder) entwickelt, bekommt noch größeres emotionales Gewicht. Sein Strang geht zu Herzen, obwohl er nicht einmal einen Namen erhält.

Farbenfroh trällernd und tragisch zugleich

Insgesamt ist der Film, der die Französischen Filmtage Tübingen Stuttgart 2023 eröffnete, ein erstaunlich emotionaler. Zunächst meint man noch, es mit einer reinen Komödie zu tun zu haben. So sind die Figuren überzeichnete, zwischendurch gibt es ein wenig Slapstick-Humor mit erhöhter Geschwindigkeit. Und dann wäre da noch die diversen Musical-Nummern, die zwischendurch eingebaut werden und bei denen Lvovsky das kunterbunte Treiben mit einem Augenzwinkern begleitet. Die gelegentlichen Blödeleien sind aber nur ein Teil von Der große Zauber. Die Adaption eines 1948 veröffentlichten Theaterstücks von Eduardo De Filippo kann sehr ernst sein. Tragisch ist beispielsweise, wie Charles sich immer mehr den Spinnereien hergibt, weil dies für ihn die einzige Möglichkeit bedeutet, an seiner Frau festzuhalten.

Die Tragikomödie handelt dann auch maßgeblich von den (Selbst-)Betrugen, denen die Menschen anhängen, um die Welt da draußen zu vergessen. Lvovsky bleibt dabei ambivalent, lässt bei den Illusionen gern mal offen, ob sie nun gut sind oder nicht. Ist es besser, sich der Realität zu stellen und an dieser eventuell zu zerbrechen, oder sich in Träumen zu verlieren, die einen schützen können? Es sind dann auch gemischte Gefühle, mit denen einen Der große Zauber wieder entlässt, wenn wir wieder 100 Jahre in die Zukunft zurückkehren, die farbenfroh trällernden Fantastereien gegen den Alltag tauschen. Da wird beschwingt getanzt und gleichzeitig um die Verluste getrauert, eine Gemeinschaft gefeiert, bei der man nie genau sagen kann, ob sie denn nun real ist oder nicht – und ob dies überhaupt eine Rolle spielt.

Credits

OT: „La grande magie“
Land: Frankreich, Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Noémie Lvovsky
Drehbuch: Noemie Lvovsky, Florence Seyvos, Maud Ameline
Vorlage: Eduardo De Filippo
Musik: Feu! Chatterton
Kamera: Irina Lubtchansky
Besetzung: Denis Podalydès, Sergi López, Noémie Lvovsky, Judith Chemla, François Morel, Damien Bonnard, Rebecca Marder, Paolo Mattei, Micha Lescot

Bilder

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Der große Zauber
fazit
„Der große Zauber“ ist eine kuriose Tragikomödie mit Musical-Einlagen, in deren Mittelpunkt ein Hotel, ein einsamer Ehemann und ein betrügerischer Magier stehen. Und eine ambivalente, wenn das konstante Spiel mit (Selbst-)Täuschungen offenlässt, was denn nun richtig, was falsch ist.
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