Eigentlich sind Spin-offs bekannter Titel ja dafür da, von deren Popularität zu profitieren, um noch ein bisschen mehr Geld zu machen. Manche dieser Nebengeschichten entwickeln dabei aber ein solches Eigenleben, dass sie ganz losgelöst weitergeführt werden. Dann und wann werden sie sogar bekannter als das Original. Zwei Beispiele im Videospiel-Bereich sind Super Mario Kart und Persona, die ihre jeweiligen Vorbilder überrundet haben, zumindest was den kommerziellen Erfolg angeht. Ein Spezialfall ist auch Dragon Quest Monsters. In Japan steht die Subreihe zwar eindeutig im Schatten der Mutterreihe Dragon Quest. Hierzulande kam es aber zu dem kuriosen Fall, dass dieses Spin-off bei uns 1999 auf den Markt kam, die Hauptspiele zu dem Zeitpunkt aber nie in Europa veröffentlicht wurden. Tatsächlich musste man hierzulande bis 2006 warten, bis einer der regulären Teile – genauer Dragon Quest VIII – sein Deutschlanddebüt feierte.
Das Ergebnis des Monster-Hypes
Warum es der Ableger hierher schaffte und das in relativ kurzer Zeit, ist schnell erklärt. 1998 war Pokémon: Rot/Blau in Europa veröffentlicht worden und wurde auch hier zu einem Phänomen. Da versuchte man, mit Dragon Quest Monsters irgendwie an diesen Erfolg anschließen zu können. Im Gegensatz zu den regulären Teilen, wo man überwiegend menschliche Helden und Heldinnen spielte, schickte man hier die titelgebenden Monster in den Kampf. Im Gegensatz zum großen Konkurrenzprodukt werden diese aber nicht in freier Natur gefangen. Vielmehr kann man versuchen, sie während eines Kampfes dazu zu bringen, die Seiten zu wechseln und sich einem anzuschließen. Alternativ kann man zwei seiner Monster zusammen Nachwuchs zeugen und so an stärkere Rassen herankommen. Im Grunde ist das hier also recht ähnlich zu dem, was Shin Megami Tensei III: Nocturne machte.
Auch inhaltlich ging man andere Wege. Während es bei Pokémon traditionell darum geht, sich mit anderen zu messen und dabei der stärkste Trainer bzw. die stärkste Trainerin zu werden, begibt sich der Junge Terry in Dragon Quest Monsters auf die Suche nach seiner entführten Schwester. Die Geschichte ist damit etwas ernster und stärker an traditionellen Rollenspielen ausgerichtet. Auch die Monster sind etwas düsterer gestaltet als bei der Konkurrenz, wo meistens doch eher auf niedliche Designs Wert gelegt wurde. Los geht die Reise wenig überraschend mit einem blauen Schleim, das inoffizielle Maskottchen von Dragon Quest. Auch sonst gibt es ein paar Wiederkehrer der Hauptreihe. Terry selbst war beispielsweise in Dragon Quest VI mit dabei, auch wenn er dort nur eine Nebenfigur war.
Hauptsache Zucht
Natürlich darf man hier keine besonders tiefgründige Geschichte erwarten. Da waren die richtigen Teile, zumindest die späteren, deutlich ambitionierter. Der Reiz bei Dragon Quest Monsters lag mehr darin, möglichst starke Monster zu finden bzw. selbst zu schaffen. Der Züchtungsaspekt gibt den Spielern und Spielerinnen mehr Möglichkeiten mit, als es anfangs bei Pokémon der Fall war. Die einzelnen Exemplare unterscheiden sich stärker als beim Monsterhit. Es ist allerdings auch mit mehr Arbeit verbunden. Wo man bei den Taschenmonstern um die Welt zieht und in erster Linie die Sammlung vervollständigen möchte, gilt es hier, über mehrere Generationen von Monstern hinweg das Optimum herauszuholen.
Auch visuell ist das natürlich keine Offenbarung. Zwar handelte es sich um ein Spiel für den Game Boy Color, womit es mehr Möglichkeiten hatte als Pokémon. Die Grafik ist dennoch ziemlich schlicht, die Kämpfe bestehen aus den üblichen Standbildern und einigen Menüpunkten drumherum. Da war man Ende der 1990er durch die stationären Konsolen einfach zu verwöhnt. Wer irgendwie noch antiquarisch an das Spiel herankommt – die Remakes für andere Konsolen wurden hier nie veröffentlicht –, kann zwar schon viel Zeit hiermit verbringen. Aber auch hier gilt wie für viele andere, dass später einfach zu viele Verbesserungen eingeführt wurden, weshalb der erste Teil nur noch von historischem Interesse ist.
OT: „Dragon Quest Monsters“
Land: Japan
Jahr: 1998
Director: Yuji Horii
Texte: Yuji Horii
Artist: Akira Toriyama
Musik: Koichi Sugiyama
Publisher: Enix
Entwickler: Tose
Plattformen: Game Boy Color
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