Als Saskia Bergelt (Teresa Weißbach) im Stollen ein zwei Tages altes, schwarzes Baby findet, ist die Verwunderung groß. Wer könnte es dort abgelegt haben? Zumal in der Gegend praktisch keine Dunkelhäutigen leben. Robert Winkler (Kai Scheve) und Karina Szabo (Lara Mandoki) haben aber noch eine andere Geschichte, die sie beschäftigt. So sind Frank (Peter Schneider) und Corinna Ott (Katharina Wackernagel) ganz verzweifelt, weil ihre 16-jährige Tochter Mia spurlos verschwunden ist. Ob es da einen Zusammenhang gibt? Für Franks Bruder Ralph (Götz Schubert) ist der Fall klar: Der Flüchtlingsjunge Ado Nyangabo (Seedy Touray) muss es gewesen sein. Seit einer Weile schon waren die beiden ein Paar, was Ralph ein Dorn im Auge war. Als Winkler und Szabo der Sache nachgehen, stellen sie fest, dass es in dem Dorf große Vorbehalte gegenüber Ausländern gibt, vor allem eine neue Flüchtlingsunterkunft sorgt für viel böses Blut …
Plumpe Rassismus-Anklage
So einen richtig verlässlichen Veröffentlichungsrhythmus hat man bei Erzgebirgskrimi bislang nicht gefunden. Ende 2019 mit Der Tote im Stollen gestartet, kommt in nur unregelmäßigen Abständen Nachschub. So gab es allein 2022 drei neue Teile, mit Ein Mord zu Weihnachten gab es Ende Dezember noch einmal Bescherung. 2023 sah es hingegen mau aus, bislang ließ sich das Team nicht blicken. Vielleicht war das ZDF auch durch die zuletzt stark rückläufigen Einschaltquoten alarmiert und wartete deshalb etwas länger. Denn während die ersten fünf Teile alle im Bereich sechs bis sieben Millionen lagen, waren die letzten beiden deutlich darunter. Da darf man doch neugierig sein, welchen Zuspruch Familienband erhält, der achte Teil der Reihe.
Was zumindest jetzt schon klar ist, dass der Film für hitzige Diskussionen sorgen wird. Schließlich greift er ein Thema auf, das derzeit in Deutschland emotional sehr aufgeladen ist: Flüchtlinge. Im Mittelpunkt der Geschichte steht hier ein Flüchtlingsjunge aus Burundi, einem ostafrikanischen Land, welches derzeit das ärmste der Welt sein soll. Das interessiert in dem Ort aber ebenso wenig wie die Gewalt, die dort herrscht. Sie sehen nur die dunkle Hautfarbe, weshalb er der ideale Sündenbock ist. Erzgebirgskrimi: Familienband bedient dabei das Klischee des zurückgebliebenen, rassistischen Ostens, wenn sich die Meute zusammentut. Man scheut nicht einmal davor zurück, sie nachts mit Fackeln bewaffnet vor dem Haus auftauchen zu lassen, in dem Ado lebt. So wichtig das Thema Fremdenfeindlichkeit angesichts der wuchernden Stammtischparolen ist: Das ist schon sehr plump.
Trotz Wendungen als Krimi uninteressant
Wobei man Drehbuchautorin Susanne Schneider (Tatort: Im Sog des Bösen, Auf dem Grund) zugutehalten muss, dass sie zwischenzeitlich zumindest versucht, mit mehr Nuancen zu arbeiten. So wird an mehreren Stellen deutlich, wie sehr sich die Menschen vor Ort im Stich gelassen fühlen. Die alten Traditionen sind nichts mehr wert, die Leute haben die Wahl, die Gegend zu verlassen oder an fremde Investoren zu verhökern. Dass Flüchtlinge Geld erhalten, während sich niemand um die lokale Bevölkerung kümmert, das sorgt verständlicherweise für Unverständnis und Wut. Erzgebirgskrimi: Familienband verfolgt dieses Thema aber nicht weiter, belässt es lieber bei ein paar Stichworten unterwegs. Ob ein Krimi der richtige Kontext für eine solche Diskussion ist, darüber lässt sich streiten. Sie aber so oberflächlich anzuschneiden, bringt nicht wirklich etwas.
Als Krimi ist der Film ohnehin wenig interessant. So ist die Zahl an Leuten, die die Tat begangen haben könnten, sehr übersichtlich. Zwar baut Schneider zwischendurch ein paar Wendungen ein, damit das Publikum vergisst, wie begrenzt das alles ist. Erzgebirgskrimi: Familienband dreht sogar richtig auf und verlagert sich vom Krimi hin zum Thriller, die Zuschauer und Zuschauerinnen sollen dann richtig mitfiebern. Das bringt aber wenig, wenn die Auflösung nicht überzeugt. Der Film wird da schon ziemlich willkürlich. Letzten Endes kann man sich die Episode dann auch mehr oder weniger sparen. Zwar spielt Götz Schubert das rassistische Arschloch sehr effektiv, womit er zum eigentlichen Mittelpunkt der Geschichte wird. Das reicht aber als Grund nicht aus, sich das anschauen zu wollen.
OT: „Erzgebirgskrimi: Familienband“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Thorsten M. Schmidt
Drehbuch: Susanne Schneider
Musik: Andreas Koslik
Kamera: Conrad Lobst
Besetzung: Kai Scheve, Lara Mandoki, Teresa Weißbach, Andreas Schmidt-Schaller, Adrian Topol, Masha Tokareva, Götz Schubert, Katharina Wackernagel, Peter Schneider, Claude Albert Heinrich, Seedy Touray
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