Einst war die Heimat von Seemann Hannes Kröger (Hans Albers) das Meer, doch damit ist schon lange Schluss. Seitdem ist das Leben als Matrose nur noch Thema seiner vielen Lieder, die er allabendlich im Hippodrom auf der Reeperbahn spielt und damit zu einer Attraktion geworden ist. Eines Abends wird er ans Sterbebett seines Bruders gerufen, mit dem er schon lange keinen Kontakt mehr hatte. Dessen letzte Bitte ist, dass sich Hannes um seine Geliebte Gisa (Ilse Werner) kümmert. Hannes reist aufs Land und holt die junge Frau zu sich nach Hamburg, wo sie zunächst in seiner Wohnung übernachten kann und der er hilft, eine Stelle bei einem nahen Herrenausstatter zu finden. Schon bald bemerkt er Veränderungen in seiner Wohnung, denn Gisa beginnt, ihm von ihrem Verdienst neue Vorhänge und Tischdecken zu kaufen und auch kochen tut sie bisweilen für ihn, sodass die junge Frau ihm nach kurzer Zeit sehr ans Herz wächst.
Jedoch weiß Hannes nicht, dass bereits der Werftarbeiter Georg (Hans Söhner) ein Auge aus Ilse geworfen hat. Nach vielen vergeblichen Versuchen ist es ihm gelungen, die Aufmerksamkeit Ilses auf sich zu lenken und mit ihm auszugehen, was Hannes natürlich gar nicht gerne sieht. Neben dem Konflikt mit seinem Nebenbuhler wird auch der Ruf seiner ehemaligen Matrosenkollegen immer lauter, die meinen, Hannes solle endlich wieder mit ihnen auf ihrem alten Schiff anheuern.
Das alte Lied
Regisseur Helmut Käutner verdiente sich seine Sporen beim Theater und beim Film, als er aber das erste Mal auf dem Regiestuhl selbst Platz nehmen durfte, kam es zu ersten Konflikten mit dem NS-Staat. Schon Literaturverfilmungen wie Kleider machen Leute oder Romanze in Moll waren dem Propagandaministerium unter Joseph Goebbels zu ideologiekritisch und wurden schlichtweg verboten. Selbst ein prominent besetztes und aufwendig produziertes Projekt wie Große Freiheit Nr. 7 ereilte dieses Schicksal, denn das Bild des Seemannes hatte wenig mit dem Ideal zu tun, was die Nationalsozialisten gerne sehen wollten, sodass das Drama erst nach Kriegsende in die Kinos kam und den Grundstein legte für Käutners Karriere in der Nachkriegszeit. In gewisser Weise kann man Käutners Film als wegweisend für das Kino nach Kriegsende sehen, da er mit Heldenbildern aufräumt und andeutet, was mit solchen Narrativen passieren kann, wenn man nach ihnen lebt.
Heute ist Große Freiheit Nr. 7 in erster Linie wegen seiner Lieder bekannt, die Hans Albers in der Rolle als Hannes Kröger zum Besten gibt. La Paloma, Beim ersten Mal, da tut’s noch weh und vor allem Auf der Reeperbahn nachts um halb eins sind die wohl bekanntesten Beispiele und wurden Hymnen auf das berühmte Viertel Hamburgs. Für Kröger sind sie zu Garanten seines Erfolges geworden, zum anderen eine ferne Erinnerung an seine Zeit als Matrose, wie auch sein Kostüm oder sein Habitus an sich. Das Bild des Seemannes oder generell das Bild von Männlichkeit, was seiner Figur (wie auch vielen anderen zugrunde liegt) ist zu einer Attraktion geworden, oder vielmehr zu einem Teil eines Narrativs, was er jeden Abend vor ausverkauftem Hause zum besten gibt. Die Ironie dabei ist freilich, dass Kröger immer noch nach diesem Ideal lebt und es für ihn sicher zu sein scheint, dass er eines Tages wieder auf einem Schiff anheuern wird und sich von allem lossagen wird. Käutners Inszenierung sowie die Filmmusik Werner Eisenbrenners vermischen die nostalgische Rückschau auf dieses Leben in Freiheit auf der einen Seite und die etwas touristisch angehauchte Pose des Seemannes auf der anderen Seite, der noch nicht gemerkt hat, dass seine zeit längst vorbei ist.
An Land, wo ich nicht hingehöre
Man kann Große Freiheit Nr. 7 durchaus als einen Unterhaltungsfilm ansehen, wie man ihn sich wahrscheinlich seitens der Politik gewünscht hätte, verstehen, doch diesen Eskapismus will Käutner nicht vollends zulassen. Hans Albers verkörpert den „Hamburger Jung“ wie kaum ein anderer, ebenso die Manierismen eines Hannes Kröger, dessen Charisma uns ruppige Art ihn zu einem sympathischen Helden machen. Er scheint aber auch gefangen, wie beispielsweise die hochinteressante Traumsequenz zeigt, in der Regie und Drehbuch die Zerrissenheit eines Menschen zeigen, der vor allem vor sich selbst fliehen möchte oder eben vor jenem Narrativ, das er jeden Abend aufs Neuen bestätigt. Er gehört nicht aufs Land, will aber dennoch sesshaft werden, will die Freiheit haben, doch diese ist nur noch ein Straßenname, der zu einem Ort gehört, den man in den frühen Morgenstunden wieder verlässt. Helmut Käutners Film zeigt dieses Märchen vom Seemann und der Freiheit, aber genauso das unsanfte Erwachen am nächsten Morgen. Für jemanden wie Hannes Kröger besteht dieses Aufwachen aus dem Erkennen, dass es auch nicht mehr lange gebraucht werden wird oder eine Touristenattraktion werden wird.
OT: „Große Freiheit Nr. 7“
Land: Deutschland
Jahr: 1944
Regie: Helmut Käutner
Drehbuch: Helmut Käutner, Richard Nicolas
Musik: Werner Eisenbrenner
Kamera: Werner Krien
Besetzung: Hans Albers, Ilse Werner, Hans Söhnker, Gustav Knuth, Günther Lüders, Hilde Hildebrand
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