Wir sind nicht allein im Weltall, davon ist Tang Zhijun (Haoyu Yang) fest überzeugt. Sein ganzes Leben lang hat er nach außerirdischem Leben Ausschau gehalten. Inzwischen ist er über 50 und hat doch nie etwas erreicht. Er hat kein Geld, nur mühsam kann er das von ihm herausgegebene Magazin „Space Exploration“ noch am Leben erhalten. Auch seine Ehe steckt in einer tiefen Krise, seine Frau hat keine Lust mehr darauf, wie er alles kaputtmacht. Da erfährt er von einer rätselhaften Begegnung in einem abgelegenen Teil des Landes. Wird sein Traum endlich wahr? Tang will es genauer wissen und macht sich gemeinsam mit Qin Cairong (Liya Ai) und Narisu (Qiming Jiang) auf den Weg. Dabei lernt er Sun Yitong (Yitong Wang) kennen, einen jungen Poeten, der von sich behauptet, Anweisungen durch Außerirdische zu bekommen …
Die komische Suche nach Aliens
Nicht wenige dürften etwas verwirrt sein, wenn sie sich Journey to the West anschauen. So verweist der Titel natürlich auf den gleichnamigen chinesischen Romanklassiker, veröffentlicht im 16. Jahrhundert. Viele Male wurde dieser adaptiert, als Film, Serie oder Comic. Ein aktuelles Beispiel wäre der Netflix-Animationsfilm The Monkey King, der auf einer der Figuren basiert. In dem Live-Action-Film hier gibt es keinen Affenkönig, gibt es auch keine anderen Fabelwesen. Zwar wird ebenfalls von einer Reise in den Westen erzählt, wo die Figuren auf der Suche nach Erkenntnis sind. Ein paar Parallelen gibt es also schon. Die Geschichte ist jedoch deutlich näher an den Menschen dran und befasst sich mit dem aktuellen Leben in der realen Welt. Zum Teil zumindest.
So steht im Mittelpunkt ein Mann, der sein ganzes Leben lang Außerirdischen hinterher gejagt ist. Das mag in der Form übertrieben sein. Seine Besessenheit, die ihm und seiner Familie immer wieder geschadet hat, ist dann doch eher ungewöhnlich. Regisseur und Co-Autor Dashan Kong geht der Sache auch mit viel Humor nach, wenn er seinen Protagonisten als komischen Kauz darstellt, der nie ganz in der Realität zu verweilen scheint. Doch trotz der sehr skurrilen Ausrichtung ist Journey to the West ein zutiefst menschlicher Film. Nicht nur, dass die Sehnsucht nach fremdem Leben eine weit verbreitete ist, nicht ohne Grund wurden so viele Filme, Bücher und Comics dazu produziert. Man kann sich auch losgelöst von dem konkreten Inhalt in dieser Odyssee wiederfinden. Vergleichbar zum Disney-Animationsabenteuer Wish geht es hier darum, dass jemand seinen Herzenswunsch erfüllen will.
Melancholisch und nostalgisch
Das hat auch durchaus eine tragische Komponente, wenn Tang sein Leben lang etwas sucht und es doch nie findet. Wenn er vieles geopfert hat, ohne je dafür belohnt worden zu sein. Der chinesische Film wechselt auf diese Weise immer mal wieder die Tonalität. Auf der einen Seite ist er lustig, arbeitet mit Slapstick-Szenen oder steigert die Geschichte immer mal wieder ins Absurde. Wenn in Journey to the West beispielsweise die Töpfe auf die Köpfe gesetzt werden, um so Kontakt zu Außerirdischen herzustellen, ist das schon ein komischer Anblick. Und doch hat das hier oft etwas Melancholisches an sich, wenn die Suche nach Aliens zugleich auch die Sehnsucht nach etwas Sinnstiftendem ist. Die Menschen suchen nach fremden Welten, weil sie in der eigenen kein Zuhause mehr haben.
Der Geheimtipp vom Chinesischen Filmfest München 2023 sammelt aber auch durch die Umsetzung Sympathiepunkte. So spielt Journey to the West grundsätzlich zwar in der Gegenwart, ist aber immer wieder eine Verbeugung vor der Vergangenheit. Der im Mockumentary-Stil gedrehte Film greift beispielsweise auf alte VHS-Aufnahmen zurück, um eine nostalgische Atmosphäre zu erzeugen. Er ist auch erfüllt von einem Sense of Wonder, einer Entdeckungsfreude, wie man sie in früheren Abenteuerfilmen immer wieder fand, die heute aber selten geworden ist. Und dann wäre da noch die Beschäftigung mit dem Filmemachen und dem Erzählen an sich, was ebenfalls dazu beiträgt, dass die Low-Budget-Produktion trotz des bekannten Titels etwas Besonderes ist.
OT: „Yu zhou tan suo bian ji bu“
Land: China
Jahr: 2021
Regie: Dashan Kong
Drehbuch: Dashan Kong, Yitong Wang
Musik: Zixu Su
Kamera: Matthias Delvaux
Besetzung: Haoyu Yang, Liya Ai, Qiming Jiang, Yitong Wang
International Film Festival Rotterdam 2022
Fantasia Film Festival 2023
Chinesisches Filmfest München 2023
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