Leicht hatte es Yazi (Marwan Amesker) nie. So konnte sich seine Mutter Samia (Chrishne Cii) nie um ihn kümmern, der Junge mit den marokkanischen Wurzeln wurde von Pflegefamilie zu Einrichtung weitergeschoben. Halt findet er bei den Pflegeeltern Simone (Christine Citti) und Pascal (Patrick d’Assumçao) sowie deren Sohn Mathieu (Phénix Brossard), der ihm das Kuchenbacken beibringt. Das wird später auch seine ganze Leidenschaft. Als Jugendlicher (jetzt: Riadh Belaïch) träumt er davon, der beste Patissier von allen zu werden. Tatsächlich gelingt es ihm, eine Stelle in einer Sterneküche zu erkämpfen, wo er die große Kunst des Desserts erlernen möchte. Doch der Weg an die Spitze ist hart und voller Konkurrenz …
Inspirierendes Wohlfühldrama
Als Regieassistent war Sébastien Tulard bereits recht umtriebig. Unter anderem hat er auf diese Weise an einer ganzen Reihe von Filmen der Komödiantentruppe La Bande à Fifi mitgewirkt, von Project: Babysitting (2014) bis Superheld wider Willen (2021). Seine eigene Filmografie als Regisseur bestand hingegen bislang aus Kurzfilmen und Musikvideos. Insofern durfte man gespannt sein, wie das Spielfilmdebüt des Franzosen ausfallen würde. Dabei zeigt sich, dass er offensichtlich in eine andere Richtung wollte, als es seine bisherigen Arbeiten erwarten lassen. Statt einer Chaos-Komödie ist bei Sterne zum Dessert lieber Wohlfühlkino angesagt. Ein Drama, welches das Publikum inspirieren und beeindrucken soll – und zugleich Appetit auf mehr macht. Wortwörtlich.
Die Grundlage des Films liefert dabei die Autobiografie von Yazid Ichemrahen. Der wuchs in schwierigen Verhältnissen auf, schaffte es aber dennoch bis an die Spitze und wurde zu einem angesehenen Konditor, der die großen Hotels beliefert. Davon ist zu Beginn von Sterne zum Dessert natürlich nichts zu sehen. Dieser Triumph soll erst erarbeitet werden. Damit das Publikum auch versteht, wie schwierig das alles war, wählen Tulard und Drehbuchautor Cédric Ido eine Erzählstruktur, die auf mehreren Zeitebenen stattfindet. So zeigt die Haupthandlung auf, wie sich der jugendliche Yazid langsam nach oben kämpft, obwohl er aus einem ganz anderen Milieu kommt und keine Ahnung hat, wie er sich verhalten soll. Diese Erzählung wird jedoch regelmäßig durch Flashbacks unterbrochen, in denen wir in die Kindheit des Protagonisten zurückkehren.
Wichtige Stationen im Leben
Flashbacks sind oft eine eher unbeholfene Methode, um Vorgeschichten zu erzählen. In diesem Fall passt das aber, da diese Episoden aus seiner Kindheit und Jugend wichtige Einblicke in sein Leben geben und zeigen, wie er zu dem erfolgreichen Patissier werden konnte. Da sind erschütternde Momente dabei, wenn er von seiner Mutter im Stich gelassen wird, um deren Anerkennung er viele Jahre kämpfte. Aber eben auch schöne, als er seinem Pflegevater einen Kuchen backt. Diese ständigen Sprünge sind anfangs etwas verwirrend, da sie oft ohne konkreten Anlass geschehen. Sie können auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Geschichte von Sterne zum Dessert trotz der kontinuierlichen Brüche eine sehr geradlinige ist. Und eine sehr vorhersehbare: Im Grunde haben wir es hier mit einer dieser typischen Underdog-Geschichten zu tun. Nur dass hier keine sportliche Disziplin ansteht, sondern eine kulinarische.
Wer sich nicht daran stört, dass das hier zum Teil arg konventionell ist und diverse Figuren über Stereotypen nicht hinauskommen, kann durchaus bei dem französischen Drama auf seine Kosten kommen. So sind die schauspielerischen Leistungen gut, Hauptdarsteller Riadh Belaïch (Führerschein und nichts wie weg) gelingt die Balance aus Idealismus und Trotz, aus Feingefühl und Unverschämtheit. Sehenswert ist der Film aber auch für die süßen Köstlichkeiten, die der Protagonist und andere kredenzen. Das auf mehreren Festivals gezeigte Sterne zum Dessert hat so viele Momente, die einen das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen, dass die Versuchung groß ist, nach dem Kinobesuch das nächste Restaurant anzusteuern und dort dann Vorspeise und Hauptgang zu überspringen, um gleich bei der Königsdisziplin anzukommen.
OT: „À la belle étoile“
Land: Frankreich
Jahr: 2023
Regie: Sébastien Tulard
Drehbuch: Cédric Ido
Musik: Brice Davoli
Kamera: Pierre Dejon
Besetzung: Marwan Amesker, Riadh Belaïch, Loubna Abidar, Chrishne Cii, Patrick d’Assumçao, Phénix Brossard, Anis Mansour, Lika Minamoto, Esteban
Festival des deutschen Films 2023
Französische Filmtage Tübingen Stuttgart 2023
Französische Filmwoche 2023
Amazon (DVD „Sterne zum Dessert“)
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