Während die Temperaturen draußen kontinuierlich ansteigen, muss eine Madrider Familie mit einem Schicksalsschlag fertig werden. So hat sich die alte Rosa (Ángela López Gamonal) aus unerklärlichen Gründen vom Balkon gestürzt. Ihr Mann Manuel (Zorion Eguileor) ist seither kaum noch ansprechbar, zumal er an einer fortschreitenden Demenz leidet. Vielleicht sollte er besser in ein Heim kommen, wo sich die Menschen um ihn kümmern können. Doch sein Sohn Mario (Gustavo Salmerón) bringt das einfach nichts übers Herz. Stattdessen holt er seinen Vater erst einmal zu sich, wo dieser dann mit Mario, dessen Tochter Naia (Paula Gallego) sowie Marios neuer Partnerin Lena (Irene Anula) leben soll. Einfach ist das nicht, das Verhältnis zwischen Manuel und Lena ist sehr angespannt – vor allem, als der alte Mann beginnt, diverse Todesdrohungen auszustoßen …
Vorsicht vor den Alten!
Im Horrorgenre haben alte Menschen feste Funktionen. Oft sind sie diejenigen, an die sich die Hauptfiguren wenden, wenn etwas Unerklärliches und Unheimliches geschieht. Sie sind die Hüter und Hüterinnen des Wissens, auch wenn sie dabei nicht immer ernst genommen werden. Man findet oft irgendwelche verrückten Alten, die abgelegen leben, alternativ Medien sind wie in Insidious. Dass die Alten selbst die Bedrohung darstellen, ist recht selten, sieht man einmal von der klassischen Hexe ab. Aber es gibt sie, diese Fälle. In dem deutschen Genrebeitrag Old People wird eine Hochzeitsgesellschaft von den Leuten eines nahen Altenheims überrannt. Und auch in The Elderly sind die vermeintlich harmlosen Alten eine echte Gefahr.
Wobei es eine Weile dauert, bis der Film tatsächlich an diesem Punkt ankommt. So beginnt die Geschichte mit dem Selbstmord der alten Rosa, bevor wir zu ihrer Familie wechseln. Zu dem Zeitpunkt sind quasi alle Wege noch offen, worauf das hinauslaufen könnte. The Elderly ist über längere Zeit in erster Linie ein Familiendrama, wenn sich die Angehörigen mit der Situation zu arrangieren versuchen. Die Sache mit der Demenz ist eine große Herausforderung. Man meint an der Stelle sogar, dass die spanische Produktion sich an einer gesellschaftlichen Diskussion beteiligen will, bei der es um die Frage geht, wie der menschenwürdige Umgang mit Alten und Kranken aussehen kann. Kombiniert wird das aber mit einem gewissen Mystery-Faktor, schließlich ist nicht ganz ersichtlich, was eigentlich mit Rosa war und was sie zu ihrer Tat veranlasst hat.
Atmosphärisch, aber eher nichtssagend
Erst mit der Zeit stellt sich heraus, dass ganz grundsätzlich etwas mit den Alten Madrids nicht stimmt. Der Fokus liegt dabei auf Manuel, der seine Drohungen ausstößt und damit maßgeblich zu der angespannten Situation in The Elderly beiträgt. Mit jemandem unter einem Dach zu leben, der dich zu töten ankündigt, das ist alles andere als einfach. Aber auch andere Alte, die irgendwo auftauchen, beispielsweise weil sie im selben Wohnhaus leben, sind irgendwie seltsam. Grundsätzlich funktioniert das ganz gut, auch weil Zorion Eguileor (Der Schacht) eine tatsächlich unheimliche Präsenz hat. So wirkt Manuel zwar zerbrechlich, aber doch gewalttätig. Vor allem für Lena ist er gefährlich, bei einer Konfrontation mit dem Senior mit dem Bulldogge-Blick könnte es eng werden.
Das Publikum darf hier gespannt sein, ob es zu dem Gewaltausbruch kommt und was überhaupt hinter dem Verhalten der Alten steckt. Richtig geklärt wird das jedoch nicht. Das Regie-Duo Raul Cerezo und Fernando Gonzalez Gomez, das zuvor auch schon The Passenger gedreht hat, ist mehr daran interessiert, eine ominöse Stimmung zu erzeugen, anstatt eine Geschichte zu erzählen. Vor allem das Ende dürfte so manche frustrieren, wenn der Film einfach mittendrin aufhört. Aber auch vorher schon muss man mit Leerstellen leben können sowie einer nur minimalen Entwicklung, Dafür gibt es in The Elderly stimmungsvolle Bilder, die gelb- bis rotstichigen Aufnahmen machen schon einiges her. Insgesamt reicht das dann für einen soliden, weil atmosphärischen Film, der aber sein gegebenes Versprechen nicht wirklich einhält.
OT: „Viejos“
Land: Spanien
Jahr: 2022
Regie: Raul Cerezo, Fernando Gonzalez Gomez
Drehbuch: Javier Trigales, Ruben Sanchez Trigos, Raul Cerezo
Musik: Eneko Vadillo
Kamera: Ignacio Aguilar
Besetzung: Zorion Eguileor, Gustavo Salmeron, Paula Gallego, Irene Anula
Fantasia Film Festival 2022
Sitges 2022
Fantasy Filmfest Nights 2023
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)