Carol Danvers alias Captain Marvel (Brie Larson), S.A.B.E.R.-Astronautin Captain Monica Rambeau (Teyonah Parris) und Kamala Khan alias Ms. Marvel (Iman Vellani) haben eine Menge gemeinsam: Alle drei Frauen verfügen über besondere Kräfte. Als es zu einem Kontakt mit einem mysteriösen Wurmloch kommt, wachsen die Gemeinsamkeiten auf überraschende Weise noch weiter an. Denn sobald zwei von ihnen gleichzeitig ihre Kräfte benutzen, wechseln sie sofort ihre Plätze. Das ist verwirrend, für die drei wie auch die anderen, die ständigen Teleportationen führen ins Chaos. Während die drei zusammen mit Nick Fury (Samuel L. Jackson) nach einer Antwort suchen, was es mit all dem auf sich hat, verfolgt Dar-Benn (Zawe Ashton) einen finsteren Racheplan, den die drei Heldinnen nur gemeinsam verhindern können …
Spaßige Fortsetzung
Kommerziell gesehen war Captain Marvel 2019 ein Volltreffer. Mit einem Einspielergebnis von über 1,1 Milliarden US-Dollar gehörte der Film zu den erfolgreichsten Marvel-Soloabenteuern. Bei der Resonanz sah es hingegen schwieriger aus. Da waren nicht wenige, die ein großes Problem damit hatten, dass erstmals beim Marvel Cinematic Universe eine Frau im Mittelpunkt stand und diese es allen anderen zeigte. Wer sich selbst zu diesen Leuten zählt, sollte es erst gar nicht mit The Marvels versuchen. Neben der etablierten Protagonistin gibt es zwei weitere Heldinnen. Und auch die Gegenseite ist weiblich: Dar-Benn, in den Comics noch ein Mann, wurde zu einer Frau. Die einzige relevante männliche Figur ist Dauerbrenner Nick Fury. Hinzu kommt noch, dass ein Großteil der Besetzung people of color sind. Auch das wird mit Sicherheit für Wut sorgen und die Diskussion zur eigentlichen Qualität des Films überlagern, zumindest in gewissen Kreisen.
Das ist schade, weil der 33. Teil des Comic-Universums dem ersten Auftritt von Captain Marvel überlegen ist. Beispielsweise ist die Figur selbst interessanter geworden. War sie seinerzeit noch völlig frei von jeglicher Persönlichkeit, darf sie dieses Mal tatsächlich menschliche Regungen zeigen. Brie Larson erhält dadurch die Möglichkeit, ihr großes schauspielerisches Talent aufzuzeigen. Auch die Unterstützung durch die beiden anderen tut The Marvels gut. Da kommt schon eine interessante Dynamik zusammen, gerade auch weil Ms. Marvel ein so großer Fan von Captain Marvel ist, dass ihr Zimmer vollgestopft ist mit Bildern ihrer Heldin. Das führt zu einigen komisch-peinlichen Situationen, gerade zu Beginn, wo alles drunter und drüber geht. Allgemein ist der Humor sehr prominent, in der ersten Hälfte ist er sogar ziemlich dominant. Regisseurin und Co-Autorin Nia DaCosta (Candyman) will Unterhaltung um jeden Preis.
Viele Witze, viel vorausgesetztes Wissen
Teilweise funktioniert das, sofern man sich darauf einlassen kann. Die Wechselspiele des Trios sind amüsant. Gleiches gilt für die Szenen mit Familie Khan, vor allem die Mutter reißt die Szenen regelmäßig an sich. Dann gibt es die üblichen Witze um die Pseudo-Katze Goose. Im Mittelteil kommt es zu einem bemerkenswerten Abstecher auf einen fremden Planeten, der The Marvels endgültig zur Komödie werden lässt und sicher so manche zur Weißglut treiben wird. Wem Thor: Love and Thunder schon zu albern war, sollte sich einen Kinobesuch gut überlegen. Im weiteren Verlauf nimmt das aber alles ab, dann soll der Film auf einmal doch ganz dramatisch sein. Eigentlich ist die Geschichte ja auch sehr tragisch, Marvel lässt dies aber nicht zu in dem bemühten Versuch, bloß keinen Witz auszulassen. Dadurch bekommt das alles nicht den Raum, den es zur Entfaltung gebraucht hätte.
Es gibt aber auch einige andere Mankos. Das erste hängt damit zusammen, dass der Film schon viele Vorkenntnisse voraussetzt. Klar, der Serienaspekt des MCU war schon immer ausgeprägt. Das Publikum sollte durch die verbundenen Geschichten mehr bekommen als „nur“ einen Film. Neu bei The Marvels ist aber, dass hier stärker als bei den anderen Kinoauftritten die Kenntnis der Disney+ Serien vorausgesetzt wird. Wenn gleich zwei von drei Heldinnen ohne WandaVision und Ms. Marvel mehr oder weniger aus dem Nichts kommen, ist das schon ziemlich dreist. Auch ein Cameo-Auftritt später ergibt ohne die Serien keinen Sinn. Ob das in der Form sinnvoll ist, ist fraglich. Seit einer Weile schon sind die Besucherzahlen der einstigen Cash Cow rückläufig. Dann all in zu gehen und die Einstiegshürden bei einem Kinofilm so hoch anzusetzen, dass nur eingefleischte Fans ganz bedient werden, wirkt da kontraproduktiv.
Völlige Willkürlichkeit
Während dieses Problem mit der Zeit geringer wird, ist ein anderes kaum zu übersehen: die völlige Willkürlichkeit. Schon die Sache mit der Verbundenheit der drei Protagonistinnen wird hier so richtig erklärt, das Publikum muss das einfach so akzeptieren. Umso irritierender ist, dass The Marvels dieses Element eigentlich gar nicht nutzt. Da sind die komödiantischen Chaos-Einlagen zu Beginn. Später gibt es eine Art Trainingseinheit, die einen erwarten lässt, dass der Film etwas richtig Aufwendiges damit vorhat – nur um die Tauschszenen dann einfach fallen zu lassen und nichts daraus zu machen. Es spielt schlichtweg keine Rolle. Auch an diversen anderen Stellen ist der Film schlampig, macht sich keine Mühe, um irgendwie konsequent zu sein und etwas zu Ende zu erzählen. Gerade das miese Finale, bei dem wirklich gar nichts mehr irgendwie Sinn ergibt, ist schon eine Frechheit und trägt dazu bei, dass die Reihe weiterhin nicht übers solide Mittelmaß hinauskommt.
OT: „The Marvels“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Nia DaCosta
Drehbuch: Nia DaCosta, Megan McDonnell, Elissa Karasik
Musik: Laura Karpman
Kamera: Sean Bobbitt
Besetzung: Brie Larson, Teyonah Parris, Iman Vellani, Zawe Ashton, Samuel L. Jackson, Zenobia Shroff, Mohan Kapur, Saagar Shaikh
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