Arthur (Michael Maertens) und Felix (Til Schweiger) sind beste Freunde – schon immer gewesen, seit der Schulzeit. Heute ist Arthur ein Professor Doktor, lehrt Medizin an der Universität. Felix hingegen ist dauerpleite und lebt einfach so in den Tag hinein. Arthur hat eine Tochter (Emma Schweiger), ist aber schon seit fünf Jahren geschieden. Auch sonst läuft nicht alles ideal: Sein Vorgesetzter Dr. Karven (Heino Ferch) macht dem introvertierten Spießer das Leben schwer, wo er nur kann. Eines Tages bekommt Felix die Quittung für sein Lotterdasein: Der Gerichtsvollzieher steht vor der Tür. Während der Beschlagnahmung stürzt Felix unglücklich aus dem Fenster und verletzt sich am Arm. Arthur begleitet ihn daraufhin ins Krankenhaus, leiht ihm sogar seine Versichertenkarte, da Felix keine eigene hat. Die Röntgenaufnahmen fördern eine traurige Wahrheit ans Licht: Felix hat Lungenkrebs. Ihm bleiben bestensfalls noch sechs Monate. Davon weiß Felix aber nichts. Da die Untersuchung über Arthurs Karte lief, wird ihr Ergebnis zunächst ihm zugerechnet. Als Felix ihn besucht und Arthur ihn von der Sache unterrichten möchte, erzählt dieser ganz glücklich davon, dass er Vater wird! Arthur ist überfordert und weiß nicht, was er tun soll. Sein Gestammel führt zu einem Missverständnis: Felix glaubt, dass Arthur Krebs hat. Er ist am Boden zerstört, schwört aber, alles dafür zu tun, seinem besten Freund einen schönen Lebensabend zu bereiten …
Ungelenkes Remake
Was Remakes angeht, hat Til Schweiger ja nicht unbedingt die beste Bilanz vorzuweisen. Head Full of Honey war die faule Wiederaufarbeitung des sowieso schon nicht gelungenen Honig im Kopf. Wenn Schweiger also bei der Adaption seiner eigenen Werke den Weg des geringsten Widerstands beschreitet, so wenig Aufwand wie möglich betreibt und keine Hingabe zeigt, wie geht er erst mit Fremdmaterial um? Sein neuer Kinofilm Das Beste kommt noch! basiert auf dem französischen Film Das Beste kommt noch – Le meilleur reste à venir von 2019. Wer gerne induktiven Fehlschlüssen erliegt, darf hier also gerne mit einer gehörigen Portion Skepsis herangehen.
Der Einstieg ist dann auch nicht sonderlich vielversprechend. Er erinnert sogar ein wenig an den Anfang von Honig im Kopf, ist aber immerhin deutlich besser geschnitten. Subtil geht es trotzdem nicht zu. Der Film beginnt in der Vergangenheit – damit das auch jeder versteht, sind die Szenen in schwarzweiß gehalten. Schon hier gibt es einige Dialoge, die sowohl für sich genommen als auch in den Kontexten ungelenk geschrieben wirken. Das zieht sich durch den gesamten Film, auch wenn die Gespräche in der Gegenwart an anderen Problemen kranken. Oft wiederholt ein Charakter einfach nur, was sein Gegenüber ihm gerade gesagt hat (sei es ein einzelnes Wort davon oder einen ganzen Satz), meist fragend. Das wird dann nicht immer, aber oft als Vorlage für einen müden Gag verwendet, als Missverständnis inszeniert. Das hätte an sich alles rausgestrichen oder noch ein paar Mal überarbeitet werden müssen, damit es richtig funktioniert. Das Beste kommt noch! ist mit einer Laufzeit von 111 Minuten sowieso zu lange geraten 95 bis 100 hätten es hier mit Sicherheit auch getan.
Lang gezogen und unnötig
Der Film erlaubt sich viel zu viele Füller – oder zumindest unnötige Szenen. Ob wir wirklich gefühlt drei Minuten dabei zuschauen müssen, wie Felix in Arthurs Haus Schuhe anprobiert, bevor sie zum Krankenhaus gehen, soll einmal dahingestellt bleiben. Als die beiden später in einem edleren Restaurant dinieren, möchte Felix Arthur dazu bewegen, wieder mehr auf Frauen zuzugehen. Dafür tut er nun selbst so als sei er eine Frau, damit Arthur das Flirten an ihm üben könne. Das ist nur leider alles so unlustig und in die Länge gezogen. Es ist zumal gar nicht so klar, was das überhaupt im Film zu suchen hat. Die Szene mündet immerhin tatsächlich in eine Pointe, hängt somit nicht einfach nur im luftleeren Raum. Die Pointe wäre vor zehn Jahren vielleicht sogar noch witzig gewesen. Heute ist sie halt auch schon ziemlich überreizt.
Ein andermal reisen Arthur, seine Tochter und Felix nach Marokko. Das erinnert an Filme wie Meine erfundene Frau oder Urlaubsreif, die danach wirkten, als würde sich Adam Sandler gerne den Urlaub für sich und seine Freunde von einer Filmproduktion bezahlen lassen. In Das Beste kommt noch! zieht sich der exotische Schauplatz immerhin nicht durch den ganzen Film, sonderlich viel Sinn scheint er hier jedoch nicht zu haben. Es wird ein Kamel gestreichelt, später dann ein wenig mit dem Auto über Sanddünen gerast. Mehr gibt es da im Grunde nicht zu sehen. Ob sich Szenen wie diese im französischen Original befinden, kann hier aus Unkenntnis nicht beurteilt werden – es ist aber auch vollkommen egal. Eine Adaption muss sich nicht sklavisch an die Vorlage halten, schon gar nicht kann ein „war aber im Original auch so“ irgendetwas entschuldigen. Es gibt kein Gesetz, das einen dazu verpflichtet, eine Neuinterpretation besser zu machen, aber was wäre so falsch daran, es zu tun?
Schlechte Leistung
Als Emma Schweiger in Keinohrhasen ihr offizielles Filmdebüt feierte, war sie gerade einmal fünf Jahre alt. Es verbot sich daher aus Anstand, negativ über ihre Leistung zu schreiben. Mittlerweile hat sie das 21. Lebensjahr vollendet, wäre also sogar nach geltendem Recht vor 1974 in Deutschland als volljährig anerkannt worden. Der Welpenschutz ist vorbei. Es ist sicher trotzdem nicht nett, eine junge Dame zu kritisieren, allerdings ist es ebenfalls nicht nett, einem zahlenden Publikum so etwas zu präsentieren. Schweiger wirkt oft, als hätte sie gar keine Lust dazu, hier mitzumachen. Oder aber, als ruhe sie sich auf einem „Mein Papa ist hier der Boss, ihr könnt mich eh nicht feuern“-Mantra aus. Wer sich für das Klüngeln nicht interessiert und die agierenden Personen vielleicht gar nicht kennt, dem könnte sich leicht die Vermutung aufdrängen, dass die eigentlich für die Rolle von Arthurs Tochter angedachte Schauspielerin einen Tag vor Drehbeginn krank, und einfach die nächstbeste Passantin an ihrer statt engagiert wurde.
Das Beste kommt noch! scheint eine unterschwellige Obsession mit der englischen Sprache zu haben. Woher diese genau rührt, lässt sich nicht feststellen. Arthur besteht immer wieder darauf, dass seine Tochter Englisch mit ihm redet – warum, wird nicht klar. Als Felix und Arthur eine Weile in Österreich sind, stürzt Arthur unglücklich und landet auf seinem Arm. In der nächsten Szene sind die beiden in einem Behandlungszimmer, in welchem Arthur von einer Ärztin untersucht wird. Es darf wohl angenommen werden, dass die zwei dafür nicht extra noch einmal in ein anderes Land gefahren sind, dennoch spricht die Frau im weißen Kittel Englisch mit ihnen – Englisch mit klarem Akzent, sie ist also keine Muttersprachlerin. Ob das, was in Österreich gesprochen wird, nun wirklich Deutsch ist, darüber kann ja gerne gestritten werden, aber eine Verständigung mit deutschen Staatsbürgern in deren Sprache ist doch kein Ding der Unmöglichkeit. Es gibt in Österreich zwar einige Regionen, in denen Kroatisch, Slowenisch oder Ungarisch als Amtssprache gilt, was im vorliegenden Fall einen Rückgriff aufs Englische legitimieren würde, aber danach klang der Akzent jetzt eigentlich auch nicht.
Ein Hauptdarsteller rettet die Show
Womit Das Beste kommt noch! fraglos überzeugt, ist die Leistung von Michael Maertens. Es ist ja nicht zu fassen, dass das derselbe Mensch sein soll, der in Bibi & Tina – Der Film sowie dessen Fortsetzungen die Rolle des Graf Falko von Falkenstein gespielt hat. Maertens rettet hier viel, wenn auch nicht alles. Sein Arthur ist eine tragische Figur, mit der sich dank seiner Performance fast durchgehend mitfühlen lässt. Was ebenfalls ziemlich gut funktioniert, ist die Dynamik zwischen Arthur und Felix. Maertens und Schweiger verkörpern zwar sehr unterschiedliche Typen, haben aber eine beinahe greifbare Chemie miteinander.
Abgesehen von den Dialogen ist das Drehbuch an sich solide konstruiert, auch wenn es manchmal damit zu kämpfen hat, dass die Geheimhaltung ein wenig zu unglaubwürdig wird. Arthur hätte viele Möglichkeiten gehabt, Felix die Wahrheit zu sagen, was aber natürlich nicht geht, weil sonst der Film viel zu früh vorbei wäre. Ansonsten gibt es aber ein paar schöne Spiegelungen (so führt etwa der Arztbesuch nach einem Sturz für beide zu einer größeren Erkenntnis) und allgemein ist die Dramaturgie schon ganz in Ordnung. In manchen Details etwas nachlässig (so kann sich beim Zuschauen ein Spaß daraus gemacht werden, Arthurs Hände in Bezug auf seinen Ehering genauer zu betrachten), gibt es doch auch Durchdachtes. In der großen emotionalen Szene des Finales wird etwas ganz still aufgegriffen und implementiert, das zuvor in einem anderen Kontext erwähnt wurde. Das kann schon berührend sein, vor allem ist es den Machern hier anzurechnen, keine extra Betonung darauf zu legen, sondern die Sache einfach wirken zu lassen.
Das Beste zum Schluss
Der dritte Akt ist deutlich besser als die zwei davor, aber bis dahin ist es eben auch ein recht weiter Weg. Wie um eine Rahmenhandlung zu generieren, springen wir am Ende wieder in die Vergangenheit, während die Credits neben der gezeigten Szene laufen. Arthur und Felix flanieren durch die Stadt und treffen auf eine Gruppe Halbstarker. Das ist alles gut inszeniert und gespielt, dient aber letzten Endes nur dazu, müde Anspielungen auf Manta – Der Film und Manta Manta zu machen. Der Sinn davon erschließt sich nicht, genauso wenig wie jener der Einblendung des Namens Moritz Bleibtreu am Anfang, der – so soll hier wohl suggeriert werden – mit Arthur und Felix zur Schule gegangen ist, und Felix seine Schauspielkarriere verdankt. Als Rezensent wäre es jetzt wohl an der Zeit, zu recherchieren, inwieweit Bleibtreu und Schweiger miteinander verbunden sind, und ob sich da irgendeine Parallele zu diesem Moment im Film finden lässt. Da Schweiger sich nicht für Kritiker und deren Meinung interessiert (was ihm hier keineswegs negativ angekreidet wird), muss umgekehrt ja aber auch nicht zu viel Energie investiert werden.
OT: „Das Beste kommt noch!“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Til Schweiger
Drehbuch: Maggie Peren
Vorlage: Matthieu Delaporte, Alexandre de La Patellière
Musik: Martin Todsharow
Kamera: René Richter
Besetzung: Til Schweiger, Michael Maertens, Neda Rahmanian, Franziska Machens, Emma Schweiger, Caro Cult, Heino Ferch, Carlo Ljubek, Peter Simonischek
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