Als die Geschwister Carolyn (Annie Corley) und Michael Johnson (Victor Slezak) das Testament ihrer verstorbenen Mutter Francesca (Meryl Streep) lesen, staunen sie nicht schlecht. So hatte diese in ihrem letzten Willen gewünscht, dass ihre Asche von einer nahegelegenen Brücke aus verstreut werden soll. Der eigentliche Schock erwartet sie aber, als sie die Tagebücher der Verstorbenen lesen. Darin schildert Francesca, wie sie 1965 den Fotografen Robert Kincaid (Clint Eastwood) kennenlernte, während ihr Mann Richard (Jim Haynie) mit den drei Kindern verreist war. Schnell kamen sich die beiden näher und verbrachten vier stürmische Tage miteinander, bevor sich ihre Wege wieder trennten …
Adaption eines Bestsellers
In seiner langen Karriere als Regisseur hat Clint Eastwood natürlich die unterschiedlichsten Genres abgedeckt. Doch eine Vorliebe für Heldenfiguren und typische Männerfilme kann man ihm wohl kaum absprechen. Ob nun Agententhriller (Im Auftrag des Drachen), Western (Erbarmungslos) oder das Krimidrama Perfect World, das sollte schon alles düsterer sein. Insofern durfte man überrascht sein, als der US-Amerikaner Mitte der 1990er Die Brücken am Fluss inszenierte. Sicher, der zugrundeliegende Roman von Robert James Waller war erfolgreich. Tatsächlich gehört er mit 50 Millionen verkauften Exemplaren zu den erfolgreichsten des 20. Jahrhunderts. Insofern war eine Adaption unausweichlich. Aber konnte Eastwood tatsächlich der Richtige sein, um eine solche Liebesgeschichte zu erzählen?
Tatsächlich landete er damit einen Volltreffer. Nicht nur, dass der Film für eine Reihe von Preisen im Rennen war. Er wurde auch an den Kinokassen begeistert aufgenommen. Bei einem Budget von 22 Millionen US-Dollar spielte das Drama am Ende rund das Neunfache wieder ein. Ob man nun so weit gehen muss, das Werk als einen der schönsten Liebesfilme der 1990er zu bezeichnen, darüber kann man sich zwar streiten. Unstrittig ist aber, dass Die Brücken am Fluss durchaus dazu in der Lage ist, die Herzen des Publikums zu berühren. Die Adaption hat sogar einen recht großen Schluchzfaktor, wenn zwei Menschen Gefühle füreinander entwickeln, die sie aber nicht ausleben dürfen. Schließlich ist Francesca verheiratet und ist zu pflichtbewusst, um ihre Familie zu überlassen. Sie habe sich für diese geopfert, heißt es an einer späteren Stelle.
Stark gespielt am Rand zum Kitsch
Dass aus dem Ganzen nichts wird, weiß das Publikum durch die Rahmenhandlung. Genauer erfahren die Zuschauer und Zuschauerinnen bereits von dem Ende der Affäre, noch bevor sie in dem Film begonnen hat. Wo man bei anderen Romanzen mitfiebern soll, ob sie nun glücklich oder unglücklich enden, da ist das bei Die Brücken am Fluss vorgegeben. Das könnten manche als Manko empfinden. In Wahrheit macht es aber kaum einen Unterschied, passt vielleicht sogar besser. Schließlich geht es in dem Drama darum, den Moment zu genießen, gleich, wie die Geschichte am Ende ausgeht. Selbst als die vier Tage sich ihrem Ende näheren, nach denen die Familie zurückkehren wird, gibt es kein Bedauern. Vielmehr ist die Aussage des Films, dass die Begegnung etwas Positives war, ein Geschenk, von dem die zwei viele Jahre später noch etwas hatten.
Das ist zuweilen schon nah am Kitsch, zumal die Musik ganz besonders schwermütig ausfällt, so als wollte man ein Seufzen in Töne packen. Aber der Film ist so stark gespielt, dass das nicht zu sehr ins Gewicht fällt. Vor allem Streep, die hierfür ihre achte Nominierung als beste Hauptdarstellerin bei den Oscars erhielt, trägt das Drama. Francesca ist zwischen zwei Lebensentwürfen hin und her gerissen, muss eine unmenschliche Wahl treffen, die so oder so ein Verlust sein wird. Schließlich ist ihr Mann, anders als bei vielen dieser Romanzen, nicht der Böse, der es verdient, zur Seite geschoben zu werden. Die Brücken am Fluss macht so nicht klar, welche Entscheidung die richtige ist, und ob es überhaupt eine richtige gibt. Streep veranschaulicht diese Zerrissenheit, ohne dabei plakativ werden zu müssen, wenn sich Glück, Zweifel und Trauer abwechseln. Wenn Momente flüchtig und gleichzeitig endlos werden.
OT: „The Bridges of Madison County“
Land: USA
Jahr: 1995
Regie: Clint Eastwood
Drehbuch: Richard LaGravenese
Vorlage: Robert James Waller
Musik: Lennie Niehaus
Kamera: Jack N. Green
Besetzung: Clint Eastwood, Meryl Streep, Annie Corley, Victor Slezak, Jim Haynie
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Academy Awards | 1996 | Beste Hauptdarstellerin | Meryl Streep | nominiert |
César | 1996 | Bester ausländischer Film | nominiert | |
Golden Globes | 1996 | Bester Film (Drama) | nominiert | |
Beste Hauptdarstellerin (Drama) | Meryl Streep | nominiert |
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