Die goldene Stunde

Auch wenn sich der Polizist Mardik Sardagh (Nasrdin Dchar) in den Niederlanden heimisch fühlt, hin und wieder wird er doch von seiner afghanischen Herkunft eingeholt. So auch als es zu einer Bombendrohung am Amsterdamer Hauptbahnhof kommt und er von Joelle Walters (Ellen Parren) vom AIVD verhört wird, dem niederländischen Inlands- wie Auslandsgeheimdienst. Schließlich wird vermutet, dass er noch Kontakte von früher haben könnte. Tatsächlich stellt sich heraus, dass Faysal Taher (Abbas Fasaei) in der Stadt sein soll, ein alter Jugendfreund von Mardik, und womöglich etwas plant. Und das ist nur der Anfang, denn Terroristen haben eine Reihe von Anschlägen geplant, was den Polizisten und seine Familie in eine brenzlige Situation bringt …

Zeitdruck nach dem Terror

In einer Zeit, in der Ausländerfeindlichkeit in Europa wieder an der Tagesordnung steht und reihenweise rassistische Politiker und Politikerinnen an die Macht kommen, muss man sich erst einmal trauen, eine Figur mit Migrationshintergrund als Helden zu positionieren, die den hiesigen Leuten zeigt, wie es richtig geht. Bei Die goldene Stunde ging das Ganze aber auf. In den Niederlanden schalten im Herbst 2022 pro Folge 500.000 bis 600.000 Zuschauer und Zuschauerinnen ein, rund ein Jahr vor dem Triumph des Rechtspopulisten Geert Wilders. Wobei es in der Thrillerserie, die über Netflix auch bei uns veröffentlicht wurde, wenig um Politik oder tatsächliche gesellschaftliche Themen geht. Diesen Anspruch hatte man hier gar nicht.

Stattdessen handelt es sich um reine Unterhaltungsware, die mit einem Genredauerbrenner für Stimmung sorgen will: Terrorismus. Der Titel bezieht sich darauf, wie nach einem Anschlag die Zeit drängt und die Behörden sowie Rettungsdienste schnell reagieren müssen. Der Zeitdruck ist in Die goldene Stunde dann auch zu spüren. Es gelingt Regisseur Bobby Boermans doch ganz gut, die Rastlosigkeit spürbar zu machen. Es ist schon ganz gut was los in den sechs Folgen, ständig passiert etwas. Die Gefahren werden immer größer, die Nerven liegen blank, zumal auch der Protagonist immer weiter in die Geschichte hineingezogen wird. Schließlich hat er einen persönlichen Bezug, was ihn – natürlich – für andere wieder verdächtig macht.

Spannend, aber wenig glaubwürdig

So richtig clever sind die anderen dabei aber nicht. Allgemein ist Die goldene Stunde eine dieser Serien, bei denen man an der Intelligenz der menschlichen Spezies zweifeln darf. Irgendwie verhalten sich da viele schon sehr bescheuert, gerade auch solche in verantwortungsvollen Positionen. Wenn dies mit einer Aussage verbunden wäre, man also eine tatsächliche Absicht mit diesen Unzulänglichkeiten verfolgt, hätte das klappen können. So aber ist das einfach recht faul, Drehbuchautor Simon de Waal machte es sich schon ziemlich einfach. Zum Zwecke der Spannungserzeugung wurde mal wieder bei der Glaubwürdigkeit gespart. Da ist schon einiges hier ziemlich konstruiert, wird aufgebauscht und übertrieben, damit das Publikum etwas zum Mitfiebern hat.

Das muss einen nicht stören. Wer für die Dauer der Serie einfach mal ein bisschen abschalten will und das Gehirn auf Standby schaltet, während ein einsamer Held das große Unglück aufzuhalten versucht, der ist hier nicht verkehrt. Die Originalität hält sich in Grenzen, die Hauptfigur ist nicht wirklich interessant. Aber es reicht doch für ordentlich Nervenkitzel. Zudem ist die Laufzeit von Die goldene Stunde überschaubar, was sie zu einem passenden Kandidaten macht, wenn man über ein paar Feiertage hinweg einen actionreichen Thriller sehen will. Langweilig wird einem zumindest nicht, selbst wenn manche Szenen etwas ermüdend geworden sind. Da wird schon mit der Angst gespielt, was passieren würde, wenn es tatsächlich zu einem terroristischen Anschlag kommt.