Frank Farian (Matthias Schweighöfer) hat ein Gespür für Hits. Mit der von ihm produzierten Disco-Truppe Boney M. landete er eine Reihe von Welterfolgen. Doch es ist Zeit für etwas Neues. Die Musik hat er bereits gefunden, jetzt braucht es nur noch die passenden Gesichter. Fündig wird er bei Rob Pilatus (Tijan Njie) und Fab Morvan (Elan Ben Ali). Die hatten bislang mit Musik zwar wenig zu tun, sondern sind als Tänzer unterwegs. Aber sie sollen ja auch nicht selbst singen, es reicht wenn sie so tun als ob. Die beiden spielen mit, in der Annahme, irgendwann auch tatsächlich Musik machen zu dürfen. Aber Farian denkt gar nicht daran. Vielmehr arbeiten er und seine Partnerin Ingrid „Milli“ Segieth (Bella Dayne) daran, die beiden international zu etablieren. Das Ergebnis übertrifft alle Überwartungen, Milli Vanilli werden zu weltweiten Stars. Doch je größer die Erfolge, umso größer auch das Risiko, dass die Wahrheit ans Tageslicht kommt …
Die Geschichte eines Musik-Skandals
Ende der 1980er war es nahezu unmöglich, der Musik von Milli Vanilli zu entkommen. So enthielt das Debütalbum All or Nothing, in den USA als Girl You Know It’s True verkauft, eine Reihe von Hits. Ständig war das deutsche Duo an der Spitze der Charts, Lieder wie Blame It on the Rain und Girl I’m Gonna Miss You wurden rauf und runter gespielt, ob im Radio oder auf MTV. Doch so kometenhaft der Aufstieg, so rasant war auch der Absturz, als herauskam, dass die beiden attraktiven Männer gar nicht selbst gesungen haben, sondern alles nur Show war. Dass diese Geschichte irgendwann einmal als Film erzählt würde, war klar. Tatsächlich wurde jahrelang immer mal wieder daran gearbeitet, doch die diversen Projekte scheiterten alle. Jetzt hat es doch mal eine über die Ziellinie geschafft.
Regisseur und Drehbuchautor Simon Verhoeven, der zuvor mit Willkommen bei den Hartmanns und Nightlife selbst Erfolge feierte, bleibt dabei seiner humorvollen Vergangenheit treu. Anstatt die Tragik der Geschichte in den Mittelpunkt zu stellen, was durchaus möglich gewesen wäre, legt er Girl You Know It’s True als Komödie an. Das Motto: „Ihr glaubt nicht, was als nächstes passieren wird!“ Damit befindet er sich natürlich in prominenter Gesellschaft. In den letzten Jahren wurden solche unglaublichen Geschichten bevorzugt auf diese Weise umgesetzt, zuletzt etwa Dumb Money – Schnelles Geld, das den Börsen-Höhenflug der Videospielkette GameStop thematisierte. Auch die Sache mit den Meta-Kommentaren und der direkten Ansprache des Publikums kennt man, das ist fast selbst schon zu einem Klischee geworden.
Zwischen Farce und Tragik
Aber nur weil ein Film nicht originell ist, heißt das nicht, dass er keinen Spaß macht. Zumindest eine Weile ist das tatsächlich unterhaltsam, mit welcher Dreistigkeit Farian seine Entdeckungen verkauft. Matthias Schweighöfer hat dabei auch keine Scheu, mal so richtig zu überdrehen und sich dem Overacting hinzugeben. Das ist schon exzessiv, zumal die beiden Protagonisten recht zurückhaltend agieren. Aber es funktioniert. Girl You Know It’s True nimmt das beliebte Motiv dieser Aufstieg-und-Fall-Geschichten und verwandelt es in eine Farce, die immer mal wieder auch satirische Momente hat. Gerade das Showgeschäft wird regelmäßig zur Zielscheibe des Spotts. Auch losgelöst von Farian hat hier niemand Skrupel, erlaubt ist, was sich verkauft, im Guten wie im Schlechten.
Allerdings versucht Verhoeven auch, die traurigen Aspekte dieser Geschichte zu erzählen, und ist dabei weniger erfolgreich. Das Schicksal von Pilatus, der ohne Vater aufwuchs und von der Mutter wegegeben wurde, geht dabei schon zu Herzen. Umso mehr, als ihm auch noch die falsche Identität genommen wird, die er in dem Duo hatte und die sein einziges Fundament waren. Es gelingt bei Girl You Know It’s True aber nicht, diese beiden Bestandteile mit ihren unterschiedlichen Tonalitäten wirklich unter einen Hut zu bekommen. Der Film nimmt sich auch nicht die Zeit, um dem Thema wirklich gerecht zu werden. Über Morvan erfährt man sowieso nicht viel: Obwohl er dauernd auftaucht, bekommt man kaum ein Gefühl dafür, wer er als Mensch ist. Das ist schade, weil gerade ein solcher Film die Gelegenheit gewesen wäre, die Individuen hinter der Fassade kennenzulernen. So bleibt ein unterhaltsames, aber oberflächliches Biopic, das zumindest für ein älteres Publikum nostalgische Momente bereithält.
OT: „Girl You Know It’s True“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Simon Verhoeven
Drehbuch: Simon Verhoeven
Musik: Segun Akinola, Frank Farian
Kamera: Jo Heim
Besetzung: Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Graham Rogers, Ashley Dowds, Stevonté Hart
Amazon (DVD „Girl You Know It’s True“)
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