Hilda liebt Abenteuer. Die findet sie vor der Haustür, wenn sie sich nachts in ein Zelt wagt und dem ständigen Regenprasseln lauscht. Vor allem sucht sie die Abenteuer aber auch da draußen, in der weitläufigen Natur. Immer wieder durchstreift das Mädchen die Täler ihrer Heimat, in der Hoffnung, etwas Neues zu entdecken. Das tut sie tatsächlich: Als sie eines Tages loszieht, um in den Bergen zu zeichnen, stößt sie auf einen großen, sehr seltsam geformten Felsen. Könnte es sich dabei um einen der legendären Trolle handeln, von denen sie so viel gelesen hat und die bei Nacht zu Leben erwachen? Dabei ahnt sie noch nicht, dass ihr Ausflug in die Berge große Folgen für sie haben wird …
Ein Mädchen erkundet die Welt
Zwar hat Luke Pearson auch andere Comics geschrieben, beispielsweise Was du nicht siehst über die alltägliche Entfremdung von Menschen. Doch bekannt ist der englische Künstler in erster Linie natürlich für Hilda, die auch durch die Netflix-Serie ihr Publikum gefunden hat. Diese ist ein kleines Mädchen, das zurückgezogen mit seiner Mutter in einer abgelegenen Naturlandschaft lebt, die grob Skandinavien ähnelt. Dort gibt es nicht nur Bäume, Berge und Seen, sondern auch eine Reihe von Fabelwesen. Los ging es dabei mit Hilda und der Troll. Die Geschichte um die Begegnung mit dem Felsen, der nachts zu Leben erwacht, hatte er schon einmal 2010 in Hildafolk erzählt. Nach dem Erfolg der Reihe erschien das Debüt 2013 noch einmal, diesmal unter dem Titel Hilda and the Troll, welches auch die Grundlage für die deutsche Fassung bildet.
Der Comic ist dabei ein recht kurzes Vergnügen, gerade einmal 40 Seiten hat der Band. Und es ist auch nicht so, als würde Pearson darin eine tatsächliche fortlaufende Geschichte erzählen. So nimmt – dem Titel zum Trotz – der Troll nur einen Teil der Handlung ein. Stattdessen ist das hier eher eine Einführung in die Welt der Reihe und eine Vorstellung der Hauptfigur. Hilda ist mutig, neugierig, zeigt später auch Mitgefühl, ohne dass aus ihr deswegen eine glattpolierte Heldin würde. Bemerkenswert in Hilda und der Troll ist, wie viel Freiheit sie genießt. So lässt ihre Mutter sie alles machen, solange sie nur rechtzeitig zurück ist. Wenn Hilda auf Entdeckungstour geht, dann nicht, um den Zwängen daheim zu entkommen, wie man das bei Kindergeschichten oft hat. Das hat sie gar nicht nötig.
Charmant, drollig und süß
Und doch ist das hier von einem schönen Abenteuergefühl begleitet, wen Hilda und ein kleiner Fuchs mit Geweih durch die Wälder streifen, sich darin verlieren, und einer Reihe von Fabelwesen begegnen. Manche wirken bedrohlich, andere sind eher kurios. Eine besondere Rolle spielt dabei ein kleines Holzmännchen, das immer wieder auftaucht. Erklärt wird dabei nicht viel. Die Wesen tauchen ganz selbstverständlich auf und verschwinden im Anschluss wieder, als sei es das Normalste der Welt. Manchmal würde man sich wünschen, ein bisschen mehr zu sehen und zu erfahren. Andererseits gehört dies zur besonderen Atmosphäre von Hilda und der Troll dazu: Wir sind hier in einer Welt unterwegs, die Märchenhaftes mit Realem verbindet, es keine Grenzen zwischen beidem gibt.
Das ist charmant und visuell ungewöhnlich. So fallen die vielen monochromen Passagen auf, die dann fast völlig braun, blau oder rot sind. Nur selten gibt es mal viele Farben zusammen, was den Comic stark von anderen Kindercomics unterscheidet. Die Designs von Pearson schwanken zwischen drollig und süß, sind kindgerecht, aber auch für erwachsene Augen angenehm. Viele Details gibt es dabei nicht, dafür aber einiges an Charakter. Wer die Reihe noch nicht kennt, findet mit Hilda und der Troll einen schönen Einstieg in eine Welt, die manchmal etwas an die der Mumins erinnert und in der man das Gefühl hat, wirklich hinter jedem Stein etwas Neues entdecken zu können. Und manchmal eben auch in dem Stein selbst.
OT: „Hilda and the Troll“
Land: UK
Jahr: 2013
Text: Luke Pearson
Zeichnungen: Luke Pearson
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