Für viele noch immer der ultimate James Bond: Sean Connery in "James Bond jagt Dr. No" (© United Artists)

James Bond 007: Ein Geheimagent im Wandel der Zeit [Special]

Mein Name ist Bond, James Bond. Unter den unzähligen Figuren, die im Laufe der Filmgeschichte über Leinwände und Bildschirme schwirrten, dürfte es kaum eine geben, die ähnlich ikonisch ist wie die des britischen Geheimagenten. Selbst wer keinen der mehr als zwei Dutzend Filme gesehen haben sollte, könnte mit diversen Eigenheiten vertraut sein. Ob es seine Vorliebe ist für Martin – geschüttelt, nicht gerührt –, schnelle Wagen oder schöne Frauen, das ist alles weit über seine Auftritte hinaus bekannt. Auch andere Faktoren wie der berühmte Vorspann mit dem Pistolenlauf oder die absurden Gadgets sind Allgemeingut, eine Reihe von Liedern sind zu Klassikern geworden. Da vergisst man zuweilen, dass der Spion eigentlich gar nicht im Kino geboren wurde.

Ein Agent mit Eigenleben

Stattdessen debütierte er vor 70 Jahren als Romanfigur. Ian Fleming, der selbst beim Nachrichtendienst der britischen Royal Navy tätig war, hatte schon während des Zweiten Weltkriegs davon gesprochen, einen Spionagethriller schreiben zu wollen. 1953 ging sein Traum endlich in Erfüllung, als sein erstes Buch Casino Royale in die Läden kam. Die Resonanz war gut, sowohl bei Kritikern wie auch beim Publikum. Die Verkaufszahlen waren stark genug, dass der Autor einen Vertrag für drei weitere Werke erhielt. Insgesamt zwölf Romane sollte er bis zu einem Tod 1965 schreiben, dazu zwei Kurzgeschichtensammlungen. Damit war die Geschichte rund um Bond aber nicht auserzählt, später führten viele andere das Werk Flemings fort und schrieben eigene Bücher, in denen der Agent die Hauptrolle hat.

Meistens ist es so eine Sache, wenn berühmte Bücherreihen von verschiedenen Autoren fortgeführt werden. Bei James Bond gehörte es aber dazu, da er von Anfang an ein Eigenleben führte. So heißt es zwar immer, dass die Filme auf den Romanen von Ian Fleming basieren. Tatsächlich halten sich die Gemeinsamkeiten aber in Grenzen. Eine Reihe dieser Filme trug zwar den Titel eines veröffentlichten Romans, übernahm aber höchstens vereinzelte Motive. Die erste Adaption, einer Fernsehfassung von Casino Royale, machte aus dem Briten sogar einen Ami, der für die CIA tätig war. Die 1967-Version von Casino Royale blieb hingegen in Großbritannien, machte aus dem Stoff aber eine Parodie. Beide Versionen zählen heute dann auch nicht zu den „richtigen“ Filmen rund um James Bond.

Ein Macho in der Sinnkrise

Die starteten 1962 mit James Bond jagt Dr. No, in dem Sean Connery die Hauptrolle spielte. Er prägte dann auch das Bild, das wir von dem Agenten haben: ein Macho, dem alles gelingt und dem alle Frauen zu Füßen liegen. Einer, der selbst in den brenzligsten Situationen cool bleibt und die Feinde überwindet, oft im Alleingang. Diese Interpretation kam an, ebenso die Mischung aus Action und exotischen Settings. In Folge wurden jährlich weitere Filme gedreht, die sich zunehmend von der literarischen Vorlage lösten, aber viele Fans fanden. Der erfolgreichste der damaligen Teile war Feuerball (1965), der lange der ertragreichste Film der Reihe war. Retrospektiv hat bei vielen aber der Vorgänger Goldfinger (1964) die Nase vorn, der oftmals auf einem der ersten Plätze von Bond-Bestenlisten landet. Daran hatten auch die anderen Figuren ihren Anteil: Der titelgebende Bösewicht, gespielt vom Deutschen Gert Fröbe, und Honor Blackman als schlagkräftige Pussy Galore gehören zu den bekanntesten Figuren der gesamten Reihe.

Der erste große Einschnitt der Reihe erfolgte 1969, als George Lazenby in die Fußstapfen von Connery trat. Zu dem damaligen Zeitpunkt war es noch völlig undenkbar, dass der Agent von jemand anderem gespielt werden könnte. Hinzu kommt, dass der Film einige Neuerungen brachte. Klar, viele Elemente wie die Verfolgungsjagden oder wahnsinnige Bösewichte gab es auch in Im Geheimdienst Ihrer Majestät. Lazenby spielte jedoch einen weniger perfekten Supermann, sein Bond war menschlicher und durfte Gefühle zeigen. Dass man damit ein Publikum vor den Kopf stoßen könnte, dessen war man sich bewusst. Tatsächlich durchbricht der Protagonist in einer frühen Stelle sogar die vierte Wand und spricht aus, was viele gedacht haben werden: „Das wäre dem anderen nicht passiert“. Seinerzeit enttäuschte der Film viele, später nahm das Renommee zu: Der Thriller wird heute zu den besten Teilen überhaupt gezählt. In Erinnerung bleibt dabei gerade auch Diana Rigg, die wie ihre Vorgängerin Blackman durch die Kultserie Mit Schirm, Charme und Melone bekannt wurde und hier zu Mrs. Bond werden durfte. Die Abschlussszene, untermalt von Louis Armstrongs We Have All the Time in the World, gehört zu den ikonischsten der Reihe und wurde in Keine Zeit zu sterben mehrfach zitiert.

Ein alter Hase sucht seinen Weg

Der späte Ruhm brachte aber natürlich den Produzenten wenig, die unbedingt zurück auf die Erfolgsspur wollten. Nach einem kurzen Zwischenspiel von Connery, der noch einmal für Diamantenfieber zurückkehrte, fand man in Roger Moore endlich einen Nachfolger. Die Wahl war bemerkenswert. Auf der einen Seite hatte der Engländer Genreerfahrung. Allerdings war er einige Jahre älter als Connery, womit die erhoffte Frischekur ausblieb. Zwar gab es auch in seinen Filmen Actionszenen. Man versuchte aber, den Agenten nun als einen Gentleman zu porträtieren, weniger als Draufgänger. Wobei man auch da nicht ganz konsequent war. Überhaupt fällt die Zeit zwischen 1973 und 1985 dadurch auf, dass sie so ziellos war. Da wurde von Film zu Film die Tonalität geändert, von ernst zu Klamauk. Teilweise versuchte man auch, sich irgendwelchen Trends der 1970er anzuhängen: Leben und sterben lassen (1973) orientierte sich am Blaxplotiation-Kino, bei Der Mann mit dem goldenen Colt (1974) standen Eastern Pate, Moonraker (1979) war von Star Wars beeinflusst.

Dieses hin und her steht sinnbildlich für eine Reihe, die sich immer wieder neu erfunden hat, mal aus Kalkulation, mal aus der Not heraus. Vieles klappte auch nicht so, wie es ursprünglich geplant war, James Bond ist berüchtigt dafür, dass ständig Drehbücher umgeschrieben wurden, Regisseure ausgetauscht. Hinzu kamen rechtliche Probleme: Seit den frühen 1960ern wurde um die Rechte gestritten. Das führte zu dem kuriosen Fall, dass 1983 Sag niemals nie auf den Markt kam, in dem Sean Connery noch einmal James Bond spielte. Die Neuverfilmung des Romans, der Feuerball zugrundelag, war das Ergebnis einer komplizierten Situation zwischen mehreren Autoren. Der von einer anderen Produktionsfirma gedrehte Film trat damit in direkte Konkurrenz von Octopussy, das quasi zeitgleich erschien und in dem nach wie vor Moore Bond verkörperte. Damals waren sogar noch weitere solcher Konkurrenzfilme geplant, weshalb das Publikum gespannt sein durfte, welche der beiden Schauspieler die Nase vorn haben sollte.

Eine zweite Chance

Am Ende kam es doch anders. Timothy Dalton wurde die neue 007. Ursprünglich war dieser bereits als Nachfolger von Sean Connery angedacht. Daraus wurde aber nichts, er selbst fühlte sich zu jung für die Rolle. Und so wurde er stattdessen der Nachfolger von Moore, viele Jahre später. Zweimal war der Waliser in der Rolle zu sehen: Der Hauch des Todes (1987) und Lizenz zum Töten (1989). Bei diesen sehr düsteren Thrillern orientierte man sich stärker an der Vorlage von Ian Fleming, der weniger einen Superhelden vor Augen hatte, sondern durchaus auch einen gebrochenen Charakter. Das kam nicht bei allen gut an. Wie schon bei Lazenby erfuhren die Werke eine spätere Neubewertung, mit zeitlichem Abstand erhielten die Filme mehr Zuspruch. Eigentlich hätte Dalton im Anschluss noch einen dritten Film drehen sollen. Doch es kam, mal wieder, zu einem Rechtsstreit, weshalb viele Jahre gar nichts mehr ging.

Am Ende erhielt ein anderer alter Bekannter den Zuschlag: Pierce Brosnan. Auch diesen verbindet eine Vorgeschichte mit dem Franchise, er war als Nachfolger von Roger Moore gesetzt, war aber durch den Vertrag für seine Erfolgsserie Remington Steele gebunden. Und so wurde er durch Dalton ersetzt, den er wiederum ersetzte. Aber Ende gut, alles gut. So wurde GoldenEye (1995) ein absoluter Volltreffer, sowohl bei Kritikern wie auch beim Publikum. Tatsächlich waren die vier Filme, die Brosnan bis 2002 drehte, die mit Abstand erfolgreichsten des gesamten Franchises. Anders als bei seinen Vorgängern wurden die Teile mit zeitlichem Abstand aber nicht aufgewertet. Vielmehr gelten sie, von dem ersten Film einmal abgesehen, für viele inzwischen als Tiefpunkt der Reihe, trotz zahlreicher Stars, die mitspielten. Zu diesen zählte auch Judi Dench, die erstmals in der Reihe ein weibliches Oberhaupt des Geheimdienstes verkörpern durfte. Legendär ist ein früher Auftritt, in dem sie Bond als Relikt des Kalten Krieges beschimpft, als einen sexistischen Dinosaurier.

Zeitgeist und Abschied

Tatsächlich fallen die Filme auch dadurch auf, dass sie ihren Platz in einer sich verändernden Welt suchten. So war James Bond tatsächlich immer ein Kind des Kalten Krieges gewesen, die Russen waren ein immer wieder dankbarer Feind als das personifizierte Böse. Nach dem Ende der Sowjetunion fiel das einfache Ziel weg, weshalb man alles Mögliche mal ausprobierte, von einem Medienmogul zu Terroristen. Und auch die Rolle der Frau wurde zunehmend hinterfragt. Waren Bond Girls, mit Ausnahmen wie Pussy Galore oder Tracy Bond, oft nur schmückendes Beiwerk, dessen Aufgabe darin bestand gut auszusehen, wurde nach Mitteln und Wegen gesucht, eine Balance aus alten Elementen und neuem Zeitgeist zu finden – was mal besser, mal schlechter klappte.

Als Brosnan ausstieg, folgte ihm der Engländer Daniel Craig. Und auch dieses Mal zeigte man einen guten Riecher, indem man zurück zu Bewährtem ging. So nahm man sich bei Casino Royale (2006) wieder den Debütroman von Ian Fleming als Vorlage, um noch einmal ganz von vorne anzufangen. Regie führte dabei Martin Campbell, der mehr als ein Jahrzehnt zuvor der Reihe mit GoldenEye zum Comeback verholfen hatte. Bis heute gilt die Neuverfilmung als einer der besten Bond-Filme überhaupt. Ganz so euphorisch werden die anderen Teile mit Craig zwar nicht gefeiert, tatsächlich schwankte die Resonanz stärker als bei den Vorgängern. Mit Skyfall (2012) wurde dafür ein Rekord aufgestellt, der bis heute unübertroffen ist: Mehr als 1,1 Milliarden US-Dollar spielte der Film ein, keinem anderen Bond war das geglückt. Dafür ist der finale Film Keine Zeit zu sterben besonders kontrovers, da er mit einem absoluten Tabu brach. Aber irgendwie war man auch das von dem Geheimagenten gewohnt, der seit über sechs Jahrzehnten immer gleich und doch auch anders ist, viele Gesichter hat und dabei unverkennbar geblieben ist.

Die Filme

Videospiele

Auch wenn die Filme klar immer das Hauptaugenmerk des Franchises waren, wurden drumherum doch viele andere Produkte veröffentlicht, von Romanen über Comics bis zu Merchandising. Eine besondere Rolle nehmen dabei Videospiele ein. So war James Bond in den 1980ern eines der ersten regelmäßigen Beispiele dafür, dass Filme eigene Spieleadaptionen erhielten. Damals war es der britische Publisher Domark, der sich hervortat. Gut waren die Werke nicht, aber erfolgreich genug, um eine ganze Reihe von Spielen hervorzubringen. Ein tatsächlicher Meilenstein war dafür GoldenEye, das 1997 für das Nintendo 64 erschien. Der Egoshooter war eines der populärsten Spiele der Konsole überhaupt, zog zahlreiche andere Filme nach sich und genießt bis heute Kultstatus. In den 2000ern wurden dann auch unzählige Adaptionen und Spin-offs programmiert, von den unterschiedlichsten Teams, bis die Welle dann wieder abebbte.



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