Es ist kein besonders guter Start ins Leben für den jungen Kitaro. Seine Mutter gehört zu den Yôkais, sein Vater ist eine Mumie, er selbst ist der letzte Nachkomme eines einst großen Clans, der vor vielen Jahren von den Menschen vertrieben wurde. Während seine Mutter bei der Geburt stirbt, lebt sein Vater in Gestalt eines Auges fort, das über das Schicksal seines Sohns wacht. Einfach ist das nicht. So wird der Junge zwar von einem Menschen groß gezogen, tut sich aber schwer damit, unter ihnen zu sein. Aber da sind ja noch diverse andere Fabelwesen, denen er auf seiner Reise begegnet. Einige von ihnen sind ihm wohl gesonnen, andere trachten ihm nach dem Leben …
Der Anfang einer geistreichen Legende
Im Laufe seiner langen Karriere hat Shigeru Mizuki natürlich nicht gerade wenig veröffentlicht. Neben Mangas wie Akuma Kun, das kürzlich als Netflix-Animeserie adaptiert wurde, gab es Enzyklopädien und diverse autobiografische Arbeiten. Doch sein mit Sicherheit berühmtestes Werk ist die Mangareihe Hakaba Kitarō bzw. GeGeGe no Kitarō, die in de 1960ern erschienen ist. Auch diese wurde mehrfach adaptiert. Insgesamt sieben Animeserien sind entstanden, dazu noch diverse Filme. Während diese größtenteils nie in Deutschland veröffentlicht wurden, erscheinen seit 2021 die originalen Comics bei uns. Das gibt einem hiesigen Publikum die überfällige Gelegenheit, mehr über die Arbeit des Altmeisters zu erfahren, der wie kaum ein anderer für Geschichten über Geister und Dämonen steht.
Die Veröffentlichung ist dabei jedoch nicht chronologisch. Anstatt die Geschichten in der Reihenfolge bei uns herauszubringen, wie sie seinerzeit in Japan erschienen, besteht der erste Band aus solchen aus der zweiten Hälfte der 1960er. Kitaros Geburt etwa, der dem Band seinen Titel gegeben hat, ist von 1968, also einer Zeit, als die Mangas von Mizuki fast schon abgeschlossen waren. Über Sinn und Zweck einer solchen Veröffentlichungspolitik kann man sich natürlich streiten. Andererseits sind die einzelnen Kapitel sowieso mehr oder weniger in sich abgeschlossen, es gibt also keine durchgängige Geschichte. Dann kann man auch damit anfangen, wie der Junge auf die Welt gekommen ist und irgendwie versuchen, das thematisch zu ordnen.
Zwischen komisch und unheimlich
Wobei es grundsätzlich, wie fast immer bei Mizuki, um irgendwelche Fabelwesen geht, denen der Junge begegnet. Vieles davon entstammt der japanischen Mythologie, ein Gebiet, mit dem sich der Autor auch abseits seiner Mangas beschäftigte. Es können aber auch Wesen aus dem Ausland auftauchen. Bei Kitaros Geburt ist das beispielsweise ein französischer Vampir, der sich in Japan ein neues (Un-)Leben aufbauen möchte. Insofern erinnern die Geschichten ein wenig an die Videospiel-Reihe Megami Tensei, wo ebenfalls aus aller Welt irgendwelche mythologischen Gestalten versammelt werden. Ein Teil des Reizes besteht dann auch in der Neugierde, welchen Wesen der Junge wohl beim nächsten Mal über den Weg laufen wird.
Einige Geschichten sind dabei interessanter als andere. Zu den Höhepunkten zählt etwa Die Höllenfahrt, in der zwei Verbrecher auf der Flucht sind und dabei Kitaro über den Weg laufen. An der stelle kommt der Manga einem Horrorwerk am nächsten. Zwischendurch darf es aber auch mal humorvoller werden, wenn sich der Protagonist einer Horde gefährlicher Katzen gegenüber sieht. Die Optik ist dabei meist eher etwas schlicht, wobei es schon auch mal stimmungsvolle Landschaftsaufnahmen gibt. Was aber vor allem in Erinnerung bleibt, sind seine unverwechselbaren Figurendesigns, die zwischen komisch, grotesk und alptraumhaft wechseln. Auch wenn man sich vielleicht etwas größere Abenteuer wünschen würde als diese kleinen in sich geschlossen, ist Kitaros Geburt doch mehr als einen Blick wert und eine willkommene Bereicherung für den hiesigen Mangamarkt.
OT: „Hakaba no Kitarō“
Land: Japan
Jahr: 1965-1969
Text: Shigeru Mizuki
Zeichnungen: Shigeru Mizuki
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