Bei vielen anderen erfolgreichen Franchises, die in den verschiedensten Medienformen vorliegen, weiß man manchmal gar nicht mehr: Was war eigentlich zuerst da? So auch bei den Mumins, die es gedruckt gibt, in zahleichen Animationsfilmen und -serien zu sehen waren und die auch als Merchandising noch immer gefragt sind. Das Original waren dabei die Bücher, die Tove Jansson ab 1945 veröffentlicht hat. Schon zwei Jahre später wagten sie den Sprung in die Comic-Welt, der sie mehr als zwei Jahrzehnte treu blieben, wenngleich die späteren nicht mehr von Tove stammten, sondern von ihrem Bruder Lars. Eben diese Comics werden seit einigen Jahren von einem kanadischen Verlag ausgehend in Sammelbänden wiederveröffentlicht, die glücklicherweise auch hierzulande erhältlich sind.
Etwas zielloser Anfang
Der erste Band – welcher verwirrenderweise nirgends angibt, der erste Band zu sein – enthält dabei vier längere Abenteuer. Wie bei vielen solcher in Zeitungen erscheinenden Strips üblich bestehen diese aus drei bis vier Bildern, erzählen dabei aber eben eine fortlaufende Geschichte. Zum Teil zumindest. Der erste Part Mumin und die Räuber ist noch ein wenig wirr, weil sehr viel geschieht, das keinen direkten Zusammenhang hat. So geht es damit los, dass Mumin lauter Gäste in seinem Haus hat, von denen man gar nicht wirklich erfährt, wer sie sind. Im Anschluss stehen die diversen Versuche von Schnüferl im Mittelpunkt, irgendwie an Geld zu kommen. Der Auftakt ist sehr episodenhaft, gefällt durch eine Reihe sonderbarer Gestalten, hinterlässt aber den geringsten Eindruck. Auffällig ist hier, dass Mumin noch ohne Eltern ist. Dafür lernt er andere Figuren kennen, darunter das Snorkfräulein.
In der zweiten Geschichte Mumins Familienleben kommen die Eltern nun hinzu, wenn auf äußerst skurrile Weise eine Zusammenführung stattfindet. Auch hier fehlt es noch ein bisschen an einer Richtung, an einer tatsächlichen Geschichte. Zumindest hat man aber ein Thema gefunden, welches durchgezogen wird, wenn wir verschiedene Szenen aus dem Leben der Mumins bekommen. Es macht auch Spaß, Zeit mit den schrägen Wesen zu verbringen, ob es der Möchtegern-Abenteurer Muminpapa ist, der erneut geldgierige Schnüferl oder auch die strenge wie schwerreiche Tante Jane. Einer der witzigsten Einfälle und Beweis für die große Fantasie von Tove Jansson ist, wie sie eine Kiste voller Schimpfwörter, welche die Gestalt kleiner sonderbarer Kreaturen annehmen, an die Tante schicken, um sie damit zu ärgern.
Culture Clash und Ahnenforschung
Die vielleicht beste der vier Geschichten ist eine, die Animationsfans kennen könnten. So erschien vor einigen Jahren der Zeichentrickfilm Mumins an der Riviera, der auf dem gleichnamigen Comic-Abenteuer basiert. In diesen zieht es die Familie nach Südfrankreich, auf der Suche nach Anregung, Sonne und Filmstars. Der Humor besteht hier darin, wie die Hinterwäldlerfamilie unter den Schönen und Reichen wandelt und dabei keine Ahnung hat, wie sie sich verhalten soll. Jansson macht sich bei diesen Culture-Clash-Situationen über die High Society lustig. Sie spielt aber auch mit den Eigenheiten der Figuren. Wie schon bei Mumin und die Räuber gibt es eine Passage, die sich mit Kunst befasst und welchen Wert diese hat. Amüsant ist aber auch der Strang um den Bikini von Snorkfräulein, der so klein ist, dass er von allen als gewagt empfunden wird – während sie sonst ganz ohne Kleidung herumläuft.
Zum Abschluss gibt es noch Mumins einsame Insel. Auch hier zieht es die Familie in die Ferne, landet dabei auf einer Insel mit Piraten und anderen sonderbaren Gestalten. Die Bilder sind wie sonst auch recht schlicht gehalten. Dafür gibt es witzige Designs und viele schöne Einfälle, darunter zu der unerwarteten Ahnengeschichte der Mumins und den Piraten, die gar nicht wissen, wie ihnen geschieht. Für Fans der kultigen Figuren sind die betont humorvollen Comics ein Muss, hier gibt es viele Anlässe zum Schmunzeln. Wer aus welchen Gründen noch nie Berührungspunkte mit den Mumins hatte, findet hier einen sehr guten Einstieg. Im Vergleich zu den bekannten Geschichten der Hauptbücher ist das alles ein bisschen leichter. Da gibt es keine großen Gefahren wie die Flut oder den Kometen. Aber es ist alles schön schräg, eine ganz eigene Welt, die Jahrzehnte später immer noch Freude bereitet.
OT: „Mumins“
Land: Finnland
Jahr: 1954-1955
Text: Tove Jansson
Zeichnungen: Tove Jansson
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