Jack (Aaron Eckhart) hat sich als „The Butcher“ einen Namen in der Welt des Bare-Knuckle-Boxens gemacht. Diese Zeiten sind jedoch lange vorbei. Zu viele Schläge an den Kopf haben ihre Spuren hinterlassen: Jacks Gehirn hat im Laufe seiner Karriere kumulativen Schaden genommen, weshalb er heutzutage von Gedächtnislücken und Erinnerungsschwierigkeiten geplagt ist. Da er in Geldnöte gerät und Gangsterin Big Momma Sweet (Marianne Jean-Baptiste) einen hohen Betrag schuldet, bleibt ihm nichts anderes übrig, als ein letztes Mal die Fäuste sprechen zu lassen …
Nachschub für Boxfans
In letzter Zeit scheinen die Boxfans unter den Filmfreunden etwas stärker als bisher berücksichtigt zu werden. Diese Zuwendung können sie wohl auch gut gebrauchen. Der ungeschlagene Weltmeister Tyson Fury (Zuhause bei den Furys), der gemeinhin zu den besten Boxern aller Zeiten gezählt wird, wurde Ende Oktober schließlich vom ehemaligen UFC-Champion und absoluten Boxneuling Francis Ngannou (dem so gut wie niemand attestiert hatte, die dritte Runde zu erreichen, geschweigen denn zu überstehen) niedergeschlagen und über die volle Distanz von zehn Runden weitgehend auseinander genommen. Dank fragwürdiger Scorecards der Judges konnte er die 0 in der Verloren-Spalte seiner Bilanz zwar behalten, aber wieder einmal stand die Legitimität des Boxsports unter starkem Beschuss. Ngannou wurde daraufhin mit einer Bilanz von 0-1 in die aktuelle Top-10-Rangliste der Schwergewichtsboxer aufgenommen.
Kürzlich jedenfalls etwa lief Day of the Fight auf einigen Festivals, ebenso wie die Mockumentary The Featherweight; beide Filme begleiten einen Boxer vor einem großen Kampf. Hatton, eine tatsächliche Dokumentation, lieferte ein Portrait über den britischen Boxer Ricky „The Hitman“ Hatton. Letztes Jahr bekamen wir mit Prizefighter: Die Geburt des Boxens ein bisschen fiktionalisierten Geschichtsunterricht über die sweet science, wie das Boxen im englischsprachigen Raum auch gerne genannt wird.
Die Folgen einer brutalen Vergangenheit
Tatsächlich bezieht sich die von Pierce Egan geprägte vollständige Phrase „the sweet science of bruising“ auf den Boxsport des frühen 19. Jahrhunderts, als die heute bekannten Handschuhe kein vorgeschriebenes Utensil waren. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Zuschlagen mit bloßen Fäusten zunehmend verpönt und schließlich gesetzlich verboten. Mit dem Aufkommen von Mixed Martial Arts Ende des letzten Jahrtausends stieg das Interesse daran jedoch wieder an. So wurde 2018 wieder ein legaler Bare-Knuckle-Kampf im Rahmen der eigens gegründeten Bare Knuckle Fighting Championship ausgetragen. Das unbehandschuhte Zuschlagen gab es auch in der Filmgeschichte immer wieder, etwa in Snatch – Schweine und Diamanten oder Fight Club. Nun erhält diese Liste mit dem rein digital veröffentlichten Rumble Through the Dark einen weiteren Eintrag.
Auch Jack war einmal ein erfolgreicher Bare-Knuckle-Kämpfer. Angesichts der Tatsache, wie aufregend und mitreißend diese ja doch ziemlich barbarische Form der körperlichen Auseinandersetzung sein kann, darf sich von Rumble Through the Dark eigentlich recht gute Action versprochen werden. Aber wieder einmal ist das Kämpfen eher Beiwerk. Wie in Bruised oder anderen Werken findet der wahre Kampf außerhalb des Rings, außerhalb des Käfigs statt. Jacks beste Zeiten liegen ja bereits lange hinter ihm, nun leidet er an den Spätfolgen seiner brutalen Vergangenheit. Es gibt hier und da zwar immer wieder die ein oder andere Kampfszene, der Fokus liegt aber nicht darauf – vom grandiosen Finale einmal abgesehen. Hier fliegen nicht nur die Fäuste, auch Ellbogen, Knie und Grappling-Elemente werden implementiert.
Gut inszeniert, inhaltlich schwach
Aber nicht nur dieser Kampf ist gut inszeniert. Kameramann David J. Myrick platziert sein kleines Maschinchen immer an der richtigen Stelle, was durch die farbintensive Gestaltung noch besser zur Geltung kommt. Die Landschaften des Drehortes Mississipi scheinen wie gemacht für die Stimmung von Rumble Through the Dark zu sein. Aaron Eckhart ist jedoch ganz klar das Highlight des Films. Der Mann hat in Thank You for Smoking oder The Dark Knight schon großartige Leistungen erbracht, aber hier legt er wohl die Performance des Jahres, wenn nicht seines Lebens hin. Der restliche Cast kann da zwar nicht mithalten, überzeugt aber auch.
Die großen Argumente für Rumble Through the Dark sind also Schauspiel, Optik und der Finalkampf. Offen gesagt muss der Film auch jede Hilfe in Anspruch nehmen, die er bekommen kann. Das Drehbuch weist viele Schwächen auf, stützt sich manchmal auf unglaubwürdige Plotconveniences und vernachlässigt die tiefergehende Ausarbeitung aller Charaktere, die nicht Jack heißen. Zudem ist der Streifen viel zu lang geraten, tritt manchmal auf der Stelle oder unternimmt Ausflüge in die Vergangenheit, die sich nicht immer erschließen.
OT: „Rumble Through the Dark“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Graham Phillips, Parker Phillips
Drehbuch: Michael Farris Smith
Vorlage: Michael Farris Smith
Musik: Brad Smith
Kamera: David J. Myrick
Besetzung: Aaron Eckhart, Bella Thorne, Ritchie Coster, Amanda Saunders, Joe Hursley, Mike McColl, Derek Russo, Christopher Winchester, Marianne Jean-Baptiste, Liz Fenning, Ritchie Montgomery
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