Der Schock ist groß bei Alexandre (José Garcia), als er erfährt, dass seine Frau Juliette (Ophélia Kolb) eine Affäre hat. Es kommt zum Streit zwischen den beiden, wütend läuft sie davon. Alexandre will sie aber nicht einfach so gehen lassen und folgt ihr daher mit dem Wagen. Dabei geschieht ein Unglück und Juliette stürzt in den Tod. Aus Angst, man könnte ihn für einen Mörder halten, will er die Unwahrheit sagen und schließt damit auch seine Tochter Lison (Capucine Valmary) mit ein, die seiner ersten Ehe entstammt. Zunächst scheint das alles zu klappen. Als die Leiche entdeckt wird, sieht es so aus, als wäre Juliette aufgrund des Sturms gestorben. Doch sowohl ihr Geliebter Antoine (Victor Pontecorvo) wie auch ihre Eltern Patrick (André Dussollier) und Brigitte (Christiane Millet) sind misstrauisch, wollen sich nicht einfach damit zufriedengeben und bohren unentwegt weiter …
Ein bedrohlich wackliges Lügenkonstrukt
Eigentlich ist Anne Le Ny ja eher als Schauspielerin bekannt, in mehreren Dutzend Filmen und Serien hat sie im Laufe ihrer Karriere mitgewirkt, etwa in dem Kassenschlager Ziemlich beste Freunde. Alle paar Jahre wechselt die Französin aber auch auf den Regiestuhl und erzählt ihre eigenen Geschichten. Hierzulande bekommt dann davon aber weniger mit, bislang wurden die Filme nicht bei uns veröffentlicht. Da ist es doch schön, wenn mit Spiral – Im Strom der Lügen doch noch mal eine ihrer Regiearbeiten den Weg zu uns findet und fürs Heimkino erscheint. Zumal der Thriller um ein zunehmend wackliges Lügenkonstrukt durchaus unterhaltsam ist und man hier eine ganze Weile mitfiebern darf, wie das Ganze denn nun ausgehen wird.
Das Prinzip des von Le Ny auch mitgeschriebenen Films ist dabei ein sehr klassisches und bewährtes. Wie immer bei diesen Lügengeschichten kommt das eine zum anderen: Um eine erste Lüge zu kaschieren, müssen weitere erzählt werden, bis das Ganze zu einem überwältigenden und wackligen Konstrukt wird. Dabei geht es ständig hin und her, kaum wurde ein Hindernis überwunden, droht bereits das nächste. In Spiral – Im Strom der Lügen kommt diese Bedrohung gleich durch mehrere Seiten. Neben der Polizei, die ihrer regulären Arbeit nachgeht, mischen sich auch Vater Patrick und Liebhaber Antoine ein. Pikant ist dabei, dass von Alexandre und Lison anfangs niemand weiß, dass es überhaupt diese Affäre gibt. Die einzelnen Gruppen agieren also für sich, zum Teil ohne das Wissen der anderen.
Solide, aber etwas unentschlossen
Was den Film ebenfalls aufwertet: Hier ist es mal nicht nur die Figur des Lügners, die sich zunehmend verstrickt, sondern auch dessen Tochter, die in alles hineingezogen wird. Dadurch entstehen zwei Lügenkonstrukte, die natürlich miteinander zusammenhängen, aber ebenfalls zum Teil unabhängig voneinander entstehen. Damit einher gehen bei Spiral – Im Strom der Lügen natürlich auch moralische Fragen. Ist es richtig oder falsch, wenn Lison ihren Vater zu unterstützen versucht? Wie weit darf, sollte man gehen? Zumal hier ja klar ist, zumindest für das Publikum, dass Alexandre kein Mörder ist. Es geht also nicht darum, eine Straftat zu vertuschen, sondern darum, eine ungerechte Strafe zu verhindern, die hier durchaus im Bereich des Möglichen liegt.
Rund zwei Drittel des Films funktioniert das mit der Eskalation ganz gut. Dann jedoch geht dem Film die Puste aus, auch weil Le Ny und ihre Co-Autorin Axelle Bachman einen anderen Weg einschlagen. So geht es dann weniger um die Vertuschungsversuche als vielmehr die zwischenmenschlichen Verhältnisse in diesem schwierigen Familienkonstrukt, zu dem auch Darius (Zéphyr Elis) gehört, der Sohn von Alexandre und Juliette. Grundsätzlich hätte auch das spannend sein können, wenn alles zunehmend komplizierter wird. Dafür hätte man aber früher mit all dem anfangen können. So wirkt es eher wie ein Zwischenruf, der etwas unmotiviert erfolgt und zudem kein richtiges Ende hat. So bleiben bei Spiral – Im Strom der Lügen Fragen offen, das wurde alles nicht richtig fertig erzählt. Dadurch ist der Thriller insgesamt zwar solide, mehr aber nicht.
OT: „Le torrent“
Land: Frankreich
Jahr: 2022
Regie: Anne Le Ny
Drehbuch: Axelle Bachman, Anne Le Ny
Musik: Benjamin Esdraffo
Kamera: Laurent Dailland
Besetzung: José Garcia, Capucine Valmary, André Dussollier, Christiane Millet, Ophélia Kolb, Zéphyr Elis, Victor Pontecorvo
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