85 Jahre ist es her, dass eine groß angelegte Halloween-Feier auf der Queen Mary ist einem Desaster endete. Doch der Beliebtheit des Luxusschiffs hat dies nicht geschadet. Im Gegenteil: Zahlreiche Menschen kommen noch immer hierher, um die unheimlichen Geschichten zu hören rund um Gespenster und düstere Vorkommnisse. Anne (Alice Eve) und ihr Ex-Mann Patrick (Joel Fry) haben einen anderen Grund, weshalb sie das berüchtigte Schiff betreten. Schon einmal waren sie dort gewesen, damals in Bergleitung ihres Sohnes Lukas (Lenny Rush). Doch der war während der Besichtigung spurlos verschwunden. Bei einem erneuten Besuch erhoffen sie sich Antworten darauf, was seinerzeit wirklich mit dem Jungen geschehen ist. Aber je tiefer sie in das Herz des riesigen Schiffes vordringen, umso furchterregender werden ihre Erfahrungen …
Eine Schifffahrt in die Abgründe
Eigentlich sind luxuriöse Kreuzfahrtschiffe ja dazu da, dass man den Alltag für einige Zeit vergessen und sich entspannen kann. Und doch finden sich immer wieder Filme und Serien, die eben einen solchen Ort nutzen, um von düsteren Machenschaften zu erzählen. Ob es nun Krimis sind wie In Love and Deep Water und der Klassiker Tod auf dem Nil oder auch Horrortitel à la Ghost Ship, an Beispielen mangelt es nicht. Das klingt überraschend, ist aber durchaus sinnvoll. Nicht nur, dass es auf diese Weise zu einem reizvollen Kontrast zwischen den idyllischen Postkartenmotiven und den Alpträumen kommt. Die Figuren können zudem nicht entkommen, wenn sie in den Weiten des Ozeans gefangen sind. Neuestes Beispiel hierfür ist The Queen Mary, das diese Besonderheiten ebenfalls für sich zu nutzen weiß. Ganz vergleichbar ist der Titel zu den üblichen verfluchten Schiffsfahrten allerdings nicht.
Zum einen gibt es hier ein reales Vorbild, zumindest in gewisser Hinsicht. So handelt es sich bei der titelgebenden Queen Mary um ein tatsächliches Kreuzfahrtschiff, welches im Ruf steht, dass es dort spuken soll. Wenn im Film Touren veranstaltet werden, bei denen alte Schauergeschichten erzählt werden, dann hat das eine reale Basis. Die Touren gibt es tatsächlich, werden in dem zu einem Hotel umfunktionierten Schiff veranstaltet. Regisseur und Co-Autor Gary Shore (Dracula Untold) hatte allerdings nicht die Absicht, diese konkreten Spukgeschichten, die sich erzählt werden, für den Film zu nutzen. So gab es weder das blutige Halloween-Massaker noch ein Ehepaar, das sein verschwundenes Kind sucht. Ein paar kleine Meta-Elemente haben sich zwar in die Geschichte geschlichen, gerade auch bei der Frage, ob reale Schrecken genutzt werden dürfen. Insgesamt bleibt man jedoch im Reich der Fantasie, ohne den Anspruch, etwas über die Realität zu sagen.
Spurensuche auf mehreren Zeitebenen
Es ist dabei nicht allein der Verweis auf eine reale Vorlage, welche The Queen Mary von einem klassischen Geisterschiff unterscheidet. Ungewöhnlich ist zudem, wie hier zwei Geschichten auf einmal erzählt werden. Auf der einen Seite reisen wir hier in die Vergangenheit und erfahren mehr über die Hintergründe, die zu der berüchtigten Nacht 1938 geführt haben. Zum anderen folgen wir dem Ex-Paar, das auf dem Schiff nach Antworten sucht. Natürlich werden die beiden Stränge irgendwie zusammengeführt, die Grenzen zwischen dem gestern und dem heute sind durchlässig. Klar, zeitliche Rückgriffe sind in Horrorfilmen keine Seltenheit, wenn es darum geht alte Geheimnisse zu lüften und die Hintergründe von Flüchen aufzudecken.
Dabei geht Shore aber über das hinaus, was man gewohnt ist. Ständig wird durch die Zeit gesprungen, zudem mit Flashbacks gearbeitet, was bei nicht wenigen für Verwirrung sorgen wird. Wenn dann auch noch seltsame Dinge geschehen, es zwischendurch auch mal reichlich bizarr werden darf, werden endgültig einige aussteigen. The Queen Mary ist kein reines Spannungskino, bei dem ständig irgendwelche Geister oder Dämonen auftauchen, um das Publikum Schrecken einzujagen. Die Zielgruppe, die sonst mit solchen Geschichten bedient wird, könnte sich hier langweilen oder am Kopf kratzen, wenn man darauf wartet, dass der Film mal konkret wird.
Atmosphärisch und eigen
Und doch ist das Ergebnis sehenswerter, als es die vielen enttäuschen Rektionen erwarten lassen. So wusste man hier, das Setting zu nutzen. Da sind viele schicke Aufnahmen dabei, gerade die Ausflüge in die Vergangenheit haben dem Auge einiges zu bieten. Der langsame Abstieg ins Surreale bis Wahnsinnige weckt zudem Erinnerungen an Shining, ohne natürlich die Klasse des Klassikers zu erreichen. Wer Ende des Jahres noch einmal einen „richtigen“ Horrorfilm im Kino sehen mag, wird bei dem konventionelleren Baghead eher fündig. Wer aber einfach nur mal Lust hat auf eine etwas andere Alptraumfahrt, der sollte The Queen Mary zumindest einmal ins Auge fassen. Atmosphärisch zumindest ist das hier gelungen.
OT: „Haunting of the Queen Mary“
Land: USA, UK
Jahr: 2023
Regie: Gary Shore
Drehbuch: Gary Shore, Tom Vaughan, Stephen Oliver
Musik: Tiffany Ashton
Kamera: Isaac Bauman
Besetzung: Alice Eve, Joel Fry, Wil Coban, Nell Hudson, Lenny Rush, Florrie May Wilkinson, Dorian Lough, Wesley Alfvin
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