Sonderlich ernst nimmt Milton (Ben Kingsley) inzwischen niemand mehr. Immer wieder fällt er bei den Gemeindeversammlungen durch eigenwillige Anträge auf, die er jedes Mal aufs Neue vorbringt. Seiner Tochter Denise (Zoë Winters) macht dies inzwischen Sorgen. Sie vermutet, dass seine geistigen Fähigkeiten stark nachlassen und er Hilfe von anderen braucht – wovon er nichts wissen will. Er mag sein einfaches von Routine geprägtes Leben. Veränderungen sind weniger sein Ding. Umso irritierter ist er, als eines Tages eine fliegende Untertasse in seinem Garten landet und ein Alien (Jade Quon) aussteigt. Was will es hier? Und was soll Milton tun? Als er seine Geschichte bei der nächsten Gemeindeversammlung teilt, erntet er nur verwirrte Blicke. Dabei werden seine Nachbarinnen Sandy (Harriet Harris) und Joyce (Jane Curtin) kurze Zeit später feststellen, dass diese Geschichte mehr ist als eine bloße Spinnerei …
Aliens und Alte
Seit Urzeiten schon blickt der Mensch zum Himmel und stellt sich die Frage: Sind wir allein? Gibt es da draußen noch anderes Leben? Angesichts der weit verbreiteten Sehnsucht, neue Lebensformen zu entdecken, ist es ein bisschen eigenartig, dass in Filmen diese Begegnungen oft negativer Natur sind. Wenn die Aliens bei uns landen, dann um uns zu unterwerfen oder auch gleich ganz zu fressen. Ausnahmen gibt es, vor allem bei Filmen, die sich an Kinder oder Familien richten und bei denen es auch Kinder sind, die den Kontakt herstellen. Das Paradebeispiel ist da zweifelsfrei E.T. – Der Außerirdische (1982). Alternativ können auch Senioren und Seniorinnen für diese Aufgabe ausgesucht werden. Louis und seine außerirdischen Kohlköpfe (1981) und Cocoon (1985) zeigen, dass solche Szenarien beim Publikum gut ankommen können. Mit A Great Place to Call Home findet nun ein weiterer Film den Weg zu uns, bei dem es gerade die Alten sind, die Aliens begegnen.
Kinder und Alte mögen am unterschiedlichen Ende der Lebensspanne sein, eines haben sie aber gemeinsam: Sie werden nicht so wirklich ernst genommen. Das bezieht sich hier nicht allein auf die Geschichte mit den Aliens, bei denen wohl alle irgendwie skeptisch wären. Man merkt auch im Alltag von Milton, dass man in ihm nur einen schrulligen alten Mann sieht. Bei den Gemeindeversammlungen hört ihm schon niemand mehr wirklich zu. Vor allem aber seine Tochter dient als Symbol dafür, dass man im Alter keine eigene Stimme mehr hat und ein bisschen wie ein Kind behandelt wird. Sicher, Denise tut dies aus einer guten Absicht heraus. Aber es bleibt übergriffig und demütigend, A Great Place to Call Home wird da auch zu einem Plädoyer dafür, älteren Menschen auf Augenhöhe zu begegnen, anstatt von oben herab über sie zu bestimmen oder zu urteilen.
Leise und lebensbejahend
Wie schon in seinem Film Puzzle nutzt Regisseur Marc Turtletaub das ungewöhnliche Szenario, um eine letztendlich sehr lebensbejahende Geschichte zu erzählen. Für Milton, aber auch die beiden Nachbarinnen, wird die Begegnung mit dem Außerirdischen zu einer Gelegenheit, das eigene Leben zu überdenken. Die drei finden neue Freude, sie finden aber auch zueinander. A Great Place to Call Home hat dabei eine Reihe schöner Szenen, die einem zu Herzen gehen dürfen und Mut machen für den Alltag und das Alter. Dabei braucht es nicht einmal Kitsch und kiloweise Zuckerguss. Vielmehr ist der Film angenehm zurückgenommen und leise. Dabei gibt es auch komische Szenen, die allerdings mehr auf die absurde Situation setzen als richtige Gags.
Das Ganze ist auch wunderbar gespielt. Ben Kingsley mag nicht mehr das große kommerzielle Zugpferd sein. Der inzwischen 80-jährige Brite beweist aber, dass zumindest schauspielerisches Talent nicht mit dem Alter abnehmen muss. Mit einer bewundernswerten Leichtigkeit spielt er den mürrischen Eigenbrötler, der noch einmal die Welt anders kennenlernen darf. Unterstützt von zwei gleichermaßen überzeugenden Kolleginnen, trägt er maßgeblich dazu bei, dass A Great Place to Call Home ein schöner kleiner Film ist, mit dem man sich wunderbar den grauen Alltag aufhellen kann. Über außerirdisches Leben haben wir hiermit zwar nicht viel gelernt. Dafür aber, das unserer Mitmenschen noch einmal genauer anzuschauen.
OT: „Jules“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Marc Turtletaub
Drehbuch: Gavin Steckler
Musik: Volker Bertelmann
Kamera: Christopher Norr
Besetzung: Ben Kingsley, Harriet Harris, Jane Curtin, Zoë Winters, Jade Quon
Amazon (DVD „A Great Place to Call Home“)
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