Das hatte sich Momo Kaval (Koder Alian) wirklich anders vorgestellt. Eigentlich ist er ein talentierter Fußballer und wollte in dem Bereich auch Karriere machen. Stattdessen lässt er sich von seiner kriminellen Verwandtschaft für deren Machenschaften einspannen. Als er gemeinsam mit seinen Cousins einen Raubüberfall begeht, geht der gleich mächtig schief. Während die anderen davonkommen, soll er neun Jahre ins Gefängnis. Doch was für ihn eine Hiobsbotschaft ist, wird für andere zu einem Gewinn. Sein Onkel Ámar (Stipe Erceg), der Anführer eines Clans ist, will seinen Neffen zu einem Knast-Drogendealer umschulen. Aber auch der Knast-Pate (Kida Khodr Ramadan) und Zuhälter Henry (Wotan Wilke Möhring) sehen in dem Neuen Potenzial. Dabei will der eigentlich nur nach Hause zu seiner Freundin Daniela (Lulu Hacke) …
Knast für den Heimgebrauch
Immer mal wieder produziert die ARD Serien, mit denen sie neue Zielgruppen ansprechen möchte. Vor allem ein jüngeres Publikum hätte der öffentlich-rechtliche Sender gern. Das hat manchmal aber auch zur Folge, dass die Serien nicht mehr im Hauptprogramm ausgestrahlt werden. Bei manchen Produktionen wird das zwar gemacht, etwa dem Generationenporträt Wer wir sind über eine sich radikalisierende Aktivistengruppe. Das lief tatsächlich zur Primetime im Ersten. All You Need über eine homosexuelle Clique wurde jedoch auf den Spartensender ONE sowie die Mediathek verbannt. Und auch Asbest ereilte dieses Schicksal. Immerhin: Dort wurde die Serie gesehen, sehr oft sogar, sodass inzwischen an einer zweiten Staffel gearbeitet wird.
Ganz nachzuvollziehen ist der enorme Zuspruch aber nicht, der sich bei Netflix zu wiederholen scheint. Über weite Strecken ist die Serie sogar ziemlich mäßig. So begibt sich der vielbeschäftigte Schauspieler Kida Khodr Ramadan wie schon bei seiner vorherigen Regiearbeit In Berlin wächst kein Orangenbaum in die Welt des organisierten Verbrechens. Er selbst spielt erneut einen Gangster, das Thema liegt ihm. So sehr, dass er zu seiner eigenen Karikatur geworden ist. Er ist aber nicht das einzige bekannte Gesicht in der Serie. Tatsächlich ist es sogar bemerkenswert, wie viele aus Kino und Fernsehen bekannte Kollegen und Kolleginnen ihren Weg in Asbest gefunden haben. So viele, dass selbst namhafte Leute es nicht mehr in die Credits des Pressehefts geschafft haben. An schauspielerischem Talent mangelt es hier nicht, daraus hätte man schon etwas machen können.
Ein Gefängnis der Ideenlosigkeit
Nur bringt das alles nichts, wenn man nichts Interessantes zu erzählen hat. Mal wieder geht es darum, wie sich ein junger Protagonist in einem Gefängnis zurechtfinden muss, in dem mehrere Gruppierungen gegeneinander kämpfen. Er müsse sich zwischen zwei Seiten entscheiden, wird ihm am Anfang von der Leiterin gesagt. Eigentlich sind es sogar viel mehr. Solche Knasteinblicke können dabei schon spannend sein. Ein Prophet war seinerzeit ein sehr gutes Beispiel dafür, wie das aussehen kann. Asbest kann es mit diesem oder anderen Vorbildern aber nicht aufnehmen. Dafür fehlen der Mischung aus Drama und Krimi einfach die passenden Figuren. Es fehlt auch an lohnenswerten Geschichten, gleich ob wir uns nun gerade innerhalb des Gefängnisses aufhalten oder nach draußen springen.
Visuell macht das Ganze schon mehr her. Zumindest hin und wieder sind da ein paar stimmungsvolle Aufnahmen dabei. Und auch beim Ensemble finden sich Lichtblicke. Wobei es da zu Schwankungen kommt. Manche treten so überzogen auf, dass man sich zwischenzeitlich fragen darf, ob die Serie nicht vielleicht doch eine Komödie sein sollte. Wirklich überzeugend ist das Konzept auf jeden Fall nicht. Das heißt dann nicht, dass Asbest deswegen schlecht ist. In den fünf Folgen der ersten Staffel finden sich auch Gründe, für die man dranbleiben kann. Es sind nur nicht genug. Dass die Serie ein bisschen stiefmütterlich behandelt wurde, ist zumindest aus qualitativer Sicht nicht verkehrt. Gesehen haben muss man das nicht unbedingt.
OT: „Asbest“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Kida Khodr Ramadan
Drehbuch: Juri Steinburg, Katja Eichinger
Musik: Marco Freivogel, Jonas Karsten
Kamera: Simon Dat Vu
Besetzung: Xidir Koder Alian, Lulu Hacke, Jasmin Tabatabai, Nicolette Krebitz, Claudia Michelsen, David Kross, Ludwig Trepte, Detlev Buck, Mortel Jovete, Kida Khodr Ramadan, Frederick Lau, Hubert Koundé, Burak Yiğit, Anatole Taubman, Uwe Preuss, Susana Abdul Majid, Wotan Wilke Möhring, Stipe Erceg, Aaron Altaras
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