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„Beckenbauer“ // Deutschland-Start: 8. Januar 2024 (Das Erste)

Inhalt / Kritik

In den letzten Wochen durften Fußballfans eine ganze Reihe von Filmen und Serien sehen, die sich mit verschiedenen Aspekten ihres Lieblingssports befassen. So nahm uns Kapitäne von Weltklasse mit zu der Weltmeisterschaft in Katar 2022 und zeigte uns diese aus Sicht diverser Mannschaftskapitäne. Next Goal Wins erzählt die Geschichte der Mannschaft von Amerikanisch-Samoa und wie diese alles dafür tut, um endlich einmal ein Tor zu schießen. Beckham wiederum brachte uns den englischen Star-Fußball und Stil-Ikone näher. Mit Beckenbauer gibt es nun das Pendant zu einem deutschen Ausnahmesportler, der den Fußball hierzulande über Jahrzehnte hinweg geprägt hat. Der Zeitpunkt könnte dabei kaum besser sein, aus einem traurigen Grund. Ausgerechnet am Tag der Ausstrahlung wurde bekannt, dass Franz Beckenbauer gestorben ist.

Eine Doku als Heldenverehrung

Im Film selbst wird auf die neueste Entwicklung natürlich nicht eingegangen. Auffällig ist aber schon, wie sehr hier der Blick zurück dominiert, alle nur in der Vergangenheitsform reden. Das hängt vor allem damit zusammen, dass sich der Sportler zuletzt sehr aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte, nachdem der Skandal um die gekaufte Weltmeisterschaft und andere wenig schmeichelhafte Informationen bekannt geworden waren. Beckenbauer selbst kommt in dem Film dann auch nicht zu Wort. Er stand für keine Interviews zur Verfügung. An seiner Stelle kommen Leute aus seinem Umfeld zu Wort, seien es seine Ex-Frau Sybille Beckenbauer, seine frühere Lebensgefährtin Diana Sandmann, sein Bruder oder Fußball-Kollegen. Aber auch Politiker und Leute aus dem Medienbereich dürfen ihre Meinung zu ihm kundtun.

Wenig überraschend verkommt die Doku an diesen Stellen zu einer reinen Heldenverehrung. Böse Worte sind bei solchen Produktionen grundsätzlich verboten, kritische Aussagen werden nicht geäußert oder rausgeschnitten. Man ist unter sich und feiert sich. Selbst beim besagten Skandal fühlen sich alle dazu verpflichtet, den Abwesenden zu verteidigen und auf die zu schimpfen, die ihn für die Korruption anklagen. Wer sich von Beckenbauer eine tatsächliche Aufarbeitung der Geschichte erhofft oder eine neutrale Auseinandersetzung mit ihm als Menschen, der ist entsprechend verkehrt. Vergleichbar zu vielen dokumentarischen Porträts der letzten Jahren, ob nun von Menschen aus dem künstlerischen oder sportlichen Bereich, ist das hier alles recht einseitig.

Zu wenig Zeit für Tiefe

Wobei es da zumindest bemerkenswert ist, wie viel Raum das Regie- und Drehbuchduo Philipp Grüll und Christoph Nahr unschönen Themen überhaupt zuteilen. Selbst solche, die in keinerlei Zusammenhang mit dem sportlichen Wirken stehen – darunter Beckenbauers außereheliche Affäre oder der tragische Tod seines Sohns – werden angesprochen. Die Lichtgestalt, zu der die Interviewten Beckenbauer hochstilisieren, bekommt Schattierungen, Nuancen. Er ist auch nur ein Mensch, heißt es an einer Stelle. Zumindest in der Hinsicht ist der Dokumentarfilm tatsächlich sehenswert. Er fügt eine ganze Reihe von Mosaiksteinen zusammen, einige aus dem Archiv, andere werden glattpoliert vorbeigebracht.

Aufgrund der recht kurzen Laufzeit von nur anderthalb Stunden bleibt vieles natürlich zwangsläufig an der Oberfläche. So werden zwar viele Stationen in der beruflichen Karriere abgearbeitet, etwa die Zeit in den USA. Es gibt aber relativ wenige Kontexte. Solche Filme sind eigentlich auch immer ein guter Anlass, um Zeitporträts zu erstellen und zu verraten, wie die Situation ist, in der sich alle bewegen. Beckenbauer kann das gar nicht. Es bleibt keine Zeit, um auch mal ein wenig den Blick streifen zu lassen. Was bleibt, ist die Würdigung eines Menschen, der Deutschland in vielerlei Hinsicht geprägt hat und ohne den der deutsche Fußball um eine echte Persönlichkeit und ein Ausnahmetalent ärmer gewesen wäre.

Credits

OT: „Beckenbauer“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Philipp Grüll, Christoph Nahr
Drehbuch: Philipp Grüll, Christoph Nahr
Musik: Marco Hertenstein
Kamera: Nikola Krivokuca, Ralph Zipperlen

Bilder



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Beckenbauer
fazit
„Beckenbauer“ will in anderthalb Stunden Leben und Karriere des deutschen Ausnahme-Fußballers rekonstruieren. Dass die Zeit dafür nicht reicht, ist klar, vieles bleibt an der Oberfläche. Nervig sind zudem die ständigen Lobgesänge, wie man sie bei solchen biografischen Dokus zu oft findet. Immerhin bekommt man einen recht umfassenden Blick auf einen Sportler, der viel mehr als das war – im Positiven wie im Negativen.
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