In der nahen Zukunft wird die ganze Welt von einer Hitzewelle erfasst, die zu einer Reihe von Tumulten und Unruhen führt. Grund dafür ist ein Sonnenfragment, was auf die Erde zusteuert und diese in circa 30 Jahren erreichen wird, wobei noch unklar ist, ob es mit unserem Planeten kollidieren oder diesen verfehlen wird. Von den Unruhen in der Welt bekommt der 18-jährige Vincek (Vincent Hospodářský) jedoch nur am Rande etwas mit. Zuhause gerät er immer wieder mit seinem Vater zusammen, wenn er nicht gerade gelangweilt das Treiben auf der Straße vor seiner Wohnung beobachtet. Da kommt der Anruf eines Freundes zur richtigen Zeit, denn dieser lädt Vincek zu einem Wochenende auf seiner Hütte auf dem Land ein. Alkohol, Musik und mehr warten auf Vincek, doch vor allem etwas Abkühlung im Gegensatz zu der Schwüle der Großstadt.
So macht sich der junge Mann auf den Weg, doch bereits auf der Zugfahrt zu seinem Ziel kommt es zu ersten Problemen. Der Lokführer übersieht eine Haltestelle, sodass Vincek eine Station später erst aussteigen kann. Den Bus verpasst er um wenige Augenblicke und nun muss er die Zeit bis zum nächsten in der kleinen Ortschaft verbringen. Auf seinem Spaziergang kommt er mit einer Gruppe Halbstarker und anderen Personen in Kontakt, denen die Hitze ebenso zu schaffen macht wie ihm.
Reisen in die untergehende Welt
Das Motiv des Reisens steht im Zentrum der Arbeiten von Regisseur Albert Hospodářský, wie die Kurzfilme und -dokumentationen Bohemian Crystal und Journey to a Brother belegen. In seinem Spielfilmdebüt Brutal Heat bleibt er diesem Thema treu, denn obwohl er als Endzeitfilm beschrieben wird, besteht Hospodářský darauf, dass es sich bei Brutal Heat in erster Linie um einen Road-Movie handelt. Elemente von beiden Genres trägt der Film, der im Rahmen des Filmfestivals Max Ophüls 2024 zu sehen ist, durchaus in sich, vor allem, wenn es um die Auflösung der Gesellschaft geht, die das vermeintlich nahende Ende mit sich bringt. Einige dieser Beobachtungen sind schauspielerisch und dramaturgisch ganz reizvoll umgesetzt, doch das Gesamtbild ist erzählerisch insgesamt etwas dürftig.
Im Grunde kann man jeden Endzeitfilm oder jede Endzeitserie als Roadmovie betrachten, da die Helden meist auf der Flucht sind oder Schutz vor der anstehenden Bedrohung suchen. Nur bei wenigen Titeln, wie beispielsweise Lars von Triers Melancholia, ist das Ende schon vorprogrammiert, sodass eine Flucht schlichtweg sinnlos erscheint. Auch in Hospodářskýs Film scheint eine Flucht absurd zu sein, was erklärt, warum die meisten Figuren ihrem Alltag nachgehen oder in den Tag hineinleben wie der jugendliche Protagonist. Wenn Aspekte wie Radio- oder Fernsehnachrichten nicht wären, durch die man erinnert wird, was im Rest der Welt vor sich geht, könnte man auch denken, man habe eines der vielen Independent-Dramen vor sich, welche man auf Filmfestivals en masse zu sehen bekommt. Natürlich braucht es kein groß angelegtes Drama oder Effektkino, damit man einen überzeugenden Endzeitfilm inszeniert, jedoch würde man sich schon wünschen, dass sie Episoden sich zumindest qualitativ oder erzählerisch zu einer Einheit formen. Brutal Heat ist erzählerisch leider sehr inkohärent. Die Tatsache, dass die meisten dieser Episoden scheinbar spurlos an dem von Vincent Hospodářský gespielten Vincek vorbeiziehen, lässt die Frage zu, warum sie überhaupt ihren Weg in den Film gefunden haben.
Abgründe und Sehnsüchte
Die Aussicht auf eine sich auflösende Gesellschaft erlaubt einem Regisseur und Drehbuchautor natürlich sehr viel Freiraum. Hin und wieder nutzt Hospodářský diesen gewinnbringend, beispielsweise bei der Beobachtung zwei junger Männer in einer Bar. Das Gespräch, das sich um den Bau eines Schuppens dreht und wie männlich dies Frauen finden, verändert sich, als man die Anziehung der beiden Männer zueinander sieht, derer sie sich auch nicht mehr entziehen können. In diesen Momenten zeigt Hospodářský, dass die nahende Apokalypse keineswegs nur die üblichen und klischeebeladenen Bilder von Zerstörung und Gewalt nach sich zieht, sondern man sich nun auch von anderen Ängste und Vorurteilen verabschiedet, die aber interessanterweise in bestimmten Kontexten noch gelten. Schade nur, wenn die darauf folgende Episode dann gerade diese Konventionen bedient.
OT: „Brutální vedro“
Land: Tschechische Republik, Slowakei
Jahr: 2023
Regie: Albert Hospodářský
Drehbuch: Albert Hospodářský
Musik: Jan Tomas
Kamera: Tomáš Uhlik
Besetzung: Vincent Hospodářský, Zdeňka Petrová, Milan Mikučik, Václav Kopelec
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